FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

tion baut“,merken die Studienautoren von CB Insights an. „Aber es ist klar, dass sich das Unternehmen weiterhin sehr darauf konzentriert, Finanzdienstleistungen zu ent- wickeln, die sein strategischen Kernziel un- terstützen: die Erhöhung der Beteiligung am Amazon-Ökosystem.“ Das heißt kon- kret: Der von Jeff Bezos gegründete Gigant will erstens die Zahl der auf seiner Platt- form aktiven Händler erhöhen und ihnen ermöglichen,mehr zu verkaufen. Zweitens will der Konzern die Zahl der Kunden erhöhen und ihnen die Mittel an die Hand geben, mehr Geld auszugeben. Neue Partner Um diese Ziele herum baut Amazon sein Angebot aus – und geht durchaus Partnerschaften mit anderen Playern ein. So paktiert der Riese aus dem US-Bundes- taat Washington in Deutschland mit der ING, um Händlern Kredite zu gewähren. „In der Summe zeigen diese Produktent- wicklungs- und Investitionsentscheidungen, dass Amazon keine traditionelle Bank auf- baut, die jeden bedient. Stattdessen hat Amazon die Kernkomponenten eines mo- dernen Bankerlebnisses genommen und sie für Amazon-Kunden optimiert“, erläu- tern die CB-Insights-Analysten. „In gewissem Sinne baut Amazon eine Bank für sich selbst – das ist wahrscheinlich eine noch überzeugendere Strategie als die Einführung einer eigenen Einlagenbank.“ Doch was bedeutet diese Gemengelage für die her- kömmlichen Geldhäuser? „In der Tat sehen sich traditionelle Finanzdienstleister einem zu- nehmenden Druck durch Fin- techs ausgesetzt“, formuliert es Robert Bosch, Partner der Un- ternehmensberatung Bearing- point. Banken empfänden die kosteneffizienten Lösungen der Start-ups als direkten An- griff auf ihre Wertschöpfungskette und be- fürchteten einen Verlust von Marktanteilen. Doch ein Wandel zeichnet sich ab. „Zu- nehmend findet bei einer Vielzahl von Banken ein Umdenken statt: Statt mit Fin- techs zu konkurrieren,wollen sie die Syner- giepotenziale nutzen und Fintechs in ihre strategischen Überlegungen integrieren“, berichtet Bosch. Durch solche Partnerschaften können die Institute ihre digitale Transformation beschleunigen und zugleich den Kontakt zu den Kunden verbessern. „Der Zugang zu neuen Technologien und die Einhal- tung der Kundenanforderungen gelten als die bemerkenswertesten Möglichkeiten einer potenziellen Zusammenarbeit“, erläu- tert der Branchenkenner. Er schränkt aber ein: „Der Weg dorthin ist nicht einfach.“ Unterschiedliche Welten Denn hier treffen zwei völlig unter- schiedliche Welten aufeinander. „Sowohl Banken als auch Fintechs sind derzeit frus- triert über die dürftigen Ergebnisse ihrer bisherigen Zusammenarbeit“, berichtet Capgemini-Mann Meyer. Der Umfrage des Hauses zufolge äußerten 21 Prozent der Banken, dass ihre Systeme für Kollaboratio- nen nicht agil genug seien. 70 Prozent der Fintechs wiederum sehen sich als kulturell oder organisatorisch nicht kompatibel mit ihren Bankpartnern. Ebenso viele Start-ups zeigen sich sogar frustriert über die Pro- zesse etablierter Geldhäuser. Partnerschaften oder gar Übernahmen zwischen Ban- ken und Fintechs sind also kein Selbstläufer. Sie erfordern eine sorgfältige Auswahl des Gegenübers, eine geschickte Anbahnung und stete Pflege der Partnerschaft. Am Ende haben wohl die traditionellen Häuser mehr zu verlieren und stehen unter stärkerem Hand- lungsdruck. „Während für tra- ditionelle Banken ein Schei- tern keine Option ist, sind Fintechs schneller mit Produk- ten auf dem Markt und auch bereit, dabei mal einen Fehler zu machen“, so Meyer. SEBASTIAN ERTINGER FP » Zunehmend findet bei Banken ein Umdenken statt. « Robert Bosch, Bearingpoint Aufstrebende Akteure Die Hausse der Fintech-Neugründungen scheint zwar passé. Doch die Start- ups erhalten mehr Geld. VorläufigeZahlen für2020,Nachmeldungenmöglich |Quelle:Deloitte 0 10 20 30 40 50 60 70 80 0 100 200 300 400 500 600 700 800 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 Zahl der Neugründungen Finanzierungs- volumen BANK & FONDS Fintechs 252 fondsprofessionell.at 1/2021 FOTO: © BEARINGPOINT

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