FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

zu wechseln. Manche inländische Banken haben Mifid II zumindest vordergründig etwas offener umgesetzt. Unsere Recher- chen und insbesondere der Austausch mit Branchenkollegen zeigten jedoch, dass wir bei einem Wechsel von Bank zu Bank lediglich vom Regen in die Traufe gekom- men wären. Wir wollten aber nach einem Best-Active-Ansatz arbeiten und für unsere Kunden möglichst objektiv die besten Lösungen suchen. Proksch: Hinzu kommt, dass wir aufgrund unserer Ausbildung – wird tragen beide den Titel European Financial Advisor – zur Einhaltung eines strengen Ehrenkodex verpflichtet sind. Dementsprechend müs- sen wir unsere Kunden bestmöglich, objek- tiv und transparent beraten. Peychal: Man fragt sich ja auch, wozu man zahlreiche, umfassende Ausbildungen absolviert hat, wenn man Kunden in Zu- kunft nur noch einige wenige hauseigene Produkte anbieten darf. Da läuft man ja auch Gefahr, ersetzbar zu sein – die Kom- petenzen und die jahrelange Erfahrung ver- lieren da plötzlich an Bedeutung. Wie verlief dann der Start in die Selbststän- digkeit? Proksch: Anfangs haben wir unerwartet mentale Unterstützung von zahlreichen unserer ehemaligen Kunden erhalten. Viele unserer guten Kunden haben uns nach unserem Ausscheiden aus der Bank kon- taktiert und wollten wissen, welchen Weg wir einschlagen würden und ob es viel- leicht sogar eine Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit geben würde. Peychal: Mit vielen Kunden hatten wir über viele Jahre ein sehr freundschaftliches Ver- hältnis, da freut man sich natürlich über das Interesse am Fortbestand der geschäft- lichen Beziehung und fühlt sich in dem Vorhaben bestätigt. Private Banking ist doch immer ein sehr personenbezogenes Geschäft … Peychal: Ja, bei uns ist die Beziehung zum Kunden vielleicht sogar noch enger. Ich habe etwa im Alter von 17 Jahren bei der Gärtnerbank angefangen und kenne viele Kunden daher seit über 25 Jahren.Mit vie- len Kunden bin ich auch privat befreundet. Das hat natürlich Vor- und Nachteile, Feh- ler darf man sich da keine erlauben. Das würde sich im Freundeskreis herumspre- chen. Bei vielen Banken zeigt sich leider eine andere Entwicklung. Sie vertreiben die Kunden mittlerweile eher aus der Filiale im dranghaften Bemühen um das Thema Digitalisierung. Bei vielen Instituten geht es doch nur noch darum, Filialen und Mit- arbeiter einzusparen. Durch die tiefen Zin- sen sind die Erträge aus dem Kreditge- schäft massiv zurückgegangen. Deshalb müssen Bereiche wie das Wertpapierge- schäft, die früher eher nebenbei mitgelau- fen sind, die Kosten decken. Wie sahen dann Ihre ersten Erfahrungen mit der Welt außerhalb der Bank aus? Peychal: Die ersten Wochen waren sehr an- spruchsvoll.Wir haben uns in einem ersten Schritt die am Markt befindlichen Haf- tungsdächer angesehen. Dabei haben wir uns eher auf die größeren Wertpapierfir- men konzentriert. Am Ende haben wir uns dann für Finanzadmin entschieden. Proksch: Bei der Entscheidung war für uns » Die Entscheidung, eine vermeintlich sichere Position in einem großen Unternehmen aufzugeben und in eine unsichere Zukunft zu gehen, fällt naturgemäß schwer. « Robert Proksch, PPP Financial Solutions fondsprofessionell.at 1/2021 241

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