FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Grünes für Betonburgen Um die Klimaziele zu erreichen, legen die EU und die Regierung die Messlatte für Nachhaltigkeit höher. In der Immobilienwirtschaft machen Investoren Druck, die neuen Vorgaben umzusetzen. I n ihrem Regierungsprogramm haben ÖVP und Grüne festgelegt, dass Öster- reich bis 2040 „klimaneutral“werden muss. Für dieses ehrgeizige Ziel will die Regie- rung insbesondere das Energiesystem und die Infrastruktur „klimagerecht umbauen“. Für den Immobiliensektor ist die Pro- grammüberschrift ebenfalls eindeutig: „Gebäude nachhaltig und energiesparend heizen, kühlen, bauen und sanieren.“ In ganz Europa versucht die Politik, Investitionen an den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie (E), Soziales (S) und Governance (G) – auszurichten. Die ESG-Regulierung, insbesondere die EU- Verordnung zur Offenlegung nachhaltiger Finanzen (SFDR) und die EU-Taxonomie- verordnung, werden alle Branchen verän- dern – auch den Immobiliensektor. Der Druck auf Produktentwickler und Asset Manager kommt in erster Linie von Finanziers und Nutzern. Immobilien wird heute anders als vor 20 Jahren „Klima- relevanz“ und eine gesellschaftliche und soziale Verantwortung beigemessen. „Insti- tutionelle Investoren werden einerseits vom Regulator, andererseits von ihren Kunden zu nachhaltigem Handeln animiert “, be- stätigt Louis Obrowsky, Präsident des Ver- bandes der Institutionellen Immobilien- investoren (VII). Transparenz erhöht den Druck In der Vergangenheit haben sich Projekt- entwickler und Bauträger wenig mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, was mit- unter daran liegt, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gab. Das ändert sich jetzt. Die Regulierung sorgt für die Verankerung der ESG-Kriterien in der Immobilienwirtschaft. „Wir rechnen damit, dass sich die diversen Verordnungen vor allem als Marktthema auswirken werden“, sagt Peter Ulm, Vize- präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler. Das bedeutet: Einerseits müssen ESG- Kriterien künftig in den rechtlichen, tech- nischen und kaufmännischen Fragen bei neuen Investitionen und bei der Bewirt- schaftung – Stichwort Energie- und Wasser- verbrauch – berücksichtigt werden. Ande- rerseits muss bei der Werbung mit nach- haltigen Merkmalen transparent dargestellt werden, wie sie erfüllt werden. Interpretationsspielräume Unklar ist, was Nachhaltigkeit im Zu- sammenhang mit Immobilien bedeutet. Die EU-Taxonomieverordnung enthält keine Definition, sondern lediglich sechs Umweltziele, aus denen sich mehr oder weniger konkrete Kriterien für eine „öko- logisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit“ ableiten lassen. In den „Technical Screening Criteria“ (besser bekannt als Level-II-Maß- nahmen), die zurzeit nur als Entwurf vor- liegen, will die EU auch den Immobilien- sektor klassifizieren. Einstweilen orientiert sich die Branche beispielsweise an den „Sustainable Deve- lopment Goals“ (SDGs) der Vereinten Na- tionen, an den Kriterien des Bundesminis- teriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) oder an den Vorgaben der Öster- reichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB). Die Beurteilung einer Immobilie geschieht mit Ausschluss- und Die Anforderungen an Immobilien wachsen. Die Regierung will, dass sie nachhaltig gebaut und bewirt- schaftet werden. Wenn Gebäude die Voraussetzungen erfüllen, erhalten sie ein „Green Building“-Zertifikat. SACHWERTE ESG Immobilien 152 fondsprofessionell.at 1/2021 FOTO: © PIERLUIGIPALAZZI | STOCK.ADOBE.COM

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