FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Weil inzwischen auch viele andere Markt- teilnehmer das Potenzial von Unterneh- men wie Zoom, Shopify oder anderen An- bietern erkannt haben, die von einer durch die Covid-Pandemie grundlegend veränder- ten Welt profitiert haben und dadurch enorm gewachsen sind. Das führt bei eini- gen Investments dazu, dass wir deren Zu- kunftspotenzial angesichts der jetzt erreich- ten Bewertung im Grunde neu einschät- zen müssen. Inzwischen fragen sich ohnehin viele Marktteilnehmer, ob die enormen Kurs- zuwächse, die Unternehmen wie Tesla oder Amazon in der jüngeren Zeit erfahren haben, weiter Bestand haben können. Und meine Antwort darauf kann nur lau- ten: Das hängt sehr stark vom jeweiligen Unternehmen ab (lacht) . Grundsätzlich hat sich nach unserer Auffassung das Invest- mentumfeld insgesamt sehr stark verän- dert.Wir leben inzwischen in einer Welt, in der Unternehmen sehr schnell und mit re- lativ geringem Kapitalbedarf zu enormer Größe heranwachsen können. Die von Ih- nen genannte Amazon ist da fast eher schon eine Art Gegenbeispiel. Wie meinen Sie das? Sie halten doch nicht ohne Grund in Ihren Fonds an Amazon fest! Das Unternehmen ist überall auf der Welt extrem schnell gewachsen. Aber es wird zum Teil seine Infrastruktur erst einmal auf- und ausbauen müssen. So etwas dauert nun mal eine Weile. Daher liegt das nach wie vor hohe Wachstumspotenzial von Amazon nicht wirklich im Logistik- und Liefergeschäft. Aber das Unternehmen kann durchaus noch in seinen anderen Ge- schäftsbereichen wachsen. Sprechen Sie von AmazonWeb Services? Ganz genau! Das Cloudgeschäft ist im Grunde derzeit der sehr viel spannendere Teil in einem Unternehmen wie Amazon. Dieser Bereich hat noch enormes Potenzial, nicht nur aufgrund seiner Skalierbarkeit. Er ist auch sehr viel weniger kapitalintensiv als die Logistik- und Liefersparte und lässt sich deshalb extrem schnell auf der gesamten Welt ausrollen. Deswegen unterliegen viele Marktteilnehmer gerade im Fall von Ama- zon dem typischen Investmentfehler, wo- nach ein besonders starkes Wachstum in der Vergangenheit bedeutet, dass eine hohe Bewertung, wie sie Amazon erreicht hat, gewissermaßen automatisch irgendwie zu- rückkommen muss, weil das Unterneh- men zu wachsen aufhört. Bei Facebook haben Sie die Position in Ihren Fonds aber schon deutlich verringert. Aber nicht weil wir grundsätzlich an Face- book zweifeln würden. Wir sind immer noch der Ansicht, dass kein Unternehmen in der Lage sein wird, Facebook zu ver- drängen. Es wird auch künftig die relevante Social-Media-Plattform sein. Aber wir ge- hen davon aus, dass das Unternehmen in absehbarer Zukunft nicht mehr so schnell wachsen können wird wie noch zum Zeit- punkt unseres Einstiegs, vor allem auf- grund von regulatorischen Herausfor- derungen, vor denen es steht. Gibt es überhaupt klar definierte Trigger- punkte, an denen Sie eine Aktie verkaufen? » Der eigentliche Zweck von Investieren ist, Kapital in Aktivitäten zu lenken, die neue Dienstleistungen oder bessere Geschäfts- modelle schaffen. « Stuart Dunbar, Baillie Gifford FOTO: © MIKE WILKINSON fondsprofessionell.at 1/2021 127

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