FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

paper unterliegt im Gegensatz zu Wertpa- pierprospekten nach der Prospektverord- nung keinem aufsichtsbehördlichen Bewil- ligungsverfahren. Es muss lediglich 20 Tage vor dem öffentlichen Angebot an die Auf- sichtsbehörde übermittelt werden. Öffent- liche Angebote von Kryptowerten ohne das vorangehende Veröffentlichen eines Whitepapers könnten nach dem MiCA- Entwurf verwaltungsstrafrechtliche Folgen haben: So sollen die nationalen Behörden die Möglichkeit haben, zum Beispiel „Naming and Shaming“ oder Strafen von bis zu Millionen Euro für juristische Per- sonen vorzusehen. Wer in Österreich die Aufsichtsbehörde wird, ist übrigens noch offen. Da nicht alle Kryptowerte Berüh- rungspunkte mit den Finanzmärkten auf- weisen,muss die Wahl nicht unbedingt auf die FMA fallen. Sondervorschriften Eine eigene Klasse der Kryptowerte bil- den die sogenannten Stablecoins. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sich ihr Gegenwert auf den Gegenwert eines Wäh- rungskorbs oder auf bestimme Waren bezieht. Klassisches Beispiel wären etwa Stablecoins, deren Wert immer dem Wert eines Barrel Rohöl entspricht. Stablecoins sind somit deutlich weniger volatil als ge- wöhnliche Kryptowerte, weil sich ihr Wert an der zugrunde liegenden Ware orientiert. Für das Ausgeben von Stablecoins ist nun- mehr sogar eine eigene Konzession not- wendig, allerdings nur wenn die emittier- ten Stablecoins binnen zwölf Monaten einen Gegenwert von fünf Millionen Euro übersteigen. Zusätzlich gelten für das öffentliche Angebot strengere Vorschriften als für das öffentliche Angebot von ge- wöhnlichen Kryptowerten: So sind zusätz- liche Angaben imWhitepaper erforderlich, ebenso muss das Whitepaper von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Das erinnert stark an den Prospektbilligungs- prozess für Wertpapierprospekte, wie er in der Prospektverordnung geregelt ist. Vermögensberatung Auch die Praxis der Vermögensberatung bleibt von den umfangreichen Neuerun- gen, die MiCAmit sich bringen wird, nicht verschont: So sieht sie für bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten eine Konzessionspflicht vor. Die Beschreibung dieser Dienstleistungen weckt Erinnerungen an eine weitere grundlegende Regulierung des Kapital- marktrechts: die Mifid II. So ist etwa das Annehmen und Übermitteln von Auf- trägen, die Kryptowerte zum Gegenstand haben, künftig ebenso konzessionspflich- tig wie das Ausführen von Aufträgen im Namen von Kunden oder das Beraten über Kryptowerte. Vor allem letztere Dienstleistung bedeutet, dass die Anlage- beratung um eine Produktkategorie erwei- tert wird. Anlageberater, die neben den „klassi- schen“Finanzprodukten auch Kryptowerte in ihr Portfolio aufgenommen haben oder das anstreben, müssen eine Konzession beantragen.Die Aufsichtsanforderungen an Konzessionswerber sind nicht zu unter- schätzen. So müssen diese Dienstleister ein Mindestkapital von 50.000 Euro vorweisen. Die Verhaltensvorschriften für Krypto- Anlageberater erinnern ebenfalls stark an die Mifid II: Die Dienstleister sind etwa dazu verpflichtet, stets ehrlich, redlich und professionell im besten Interesse ihrer Kun- den zu handeln. Konkretisiert wird diese allgemeine Wohlverhaltenspflicht durch ebenfalls aus der Mifid bekannte Inhalte: Interessenkonflikte sind zum Beispiel tun- lichst zu vermeiden oder aber offenzulegen – der Umgang des Dienstleisters mit Inter- essenkonflikten muss in einer Interessen- konflikte-Policy näher beschrieben sein. Auch die Informationspflichten erinnern stark an jene der Mifid II. Speziell für die Krypto-Anlageberatung hat sich der euro- päische Gesetzgeber zusätzliche Sonder- vorschriften überlegt: So setzt eine Empfeh- lung über einen Kryptowert voraus, dass der Berater vorab geprüft hat, ob der Kryp- towert zu den Bedürfnissen des Kunden passt. Die MiCA übernimmt hier den aus der Mifid II bekannten Eignungstest wei- testgehend wortgleich. Das führt für Anla- geberater zu dem angenehmen Ergebnis, dass sie für die Kryptoberatung wohl die Prozesse verwenden können, die sie auch für ihre klassische Anlageberatung verwen- den. Aufgrund der hohen Volatilität man- cher Kryptowerte sieht die MiCA aber noch zusätzliche Warnpflichten vor. So muss der Berater etwa generell auf das Volatilitätsrisiko von Kryptowerten hinwei- sen. Wenn der Berater meint, dass Krypto- werte für den Kunden unangemessen sind, muss er eine erneute Warnung ausspre- chen und den Kunden bestätigen lassen, dass er ihn gewarnt hat. Gamechanger? Mit der MiCA kommt eine Flut an Auf- sichtsvorgaben auf die Welt der Krypto- werte zu. Der europäische Gesetzgeber möchte mit der Regulierung einen ersten Schritt in Richtung eines seriösen Umfelds schaffen und verfolgt damit primär anle- gerschützende Überlegungen. Die Markt- teilnehmer und Kryptowerte, die davon profitieren möchten, müssen sich aber strengen Vorgaben unterwerfen. Das gilt auch für die Anlageberatung in Bezug auf Kryptowerte. Sie wird durch die MiCA zu einer konzessionspflichtigen Tätigkeit. Die aktuell vorgesehenen Aufsichtsvorschriften ähneln jenen der Mifid II enorm. Bereits konzessionierte Dienstleister dürfen also hoffen, dass sie die Konzession für die Kryptoberatung mit minimalem Aufwand erlangen können. Schlagend wird das aller- dings frühestens im Jahr 2022 – bis dahin kann sich die Kryptowelt noch auf die MiCA vorbereiten, die tiefgreifende Ände- rungen mit sich bringen wird. FP DIE AUTOREN: Dr. Raphael Toman, LL.M.(NYU) ist Rechtsanwalt, Florian Braunauer, LL.M.(WU) ist Rechtsanwaltsanwärter bei der auf Kapi- talmarktrecht spezialisierten Kanzlei Brandl & Talos Rechtsanwälte. fondsprofessionell.at 4/2020 249

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