FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

Die Kapitalmarktunion rückt näher. Ein neuer Aktionsplan, den die EU-Kommission jüngst veröffentlicht hat, findet großes Lob beim europäischen Fondsverband EFAMA. Dessen Regulierungs-Chef Vincent Ingham erklärt die Hintergründe und sagt, wo es klemmt. I m September legte die EU-Kommission einen Aktionsplan mit 16 Maßnahmen vor, die die EU auf demWeg zu einer ech- ten Kapitalmarktunion weiterbringen sol- len. Es ist ein Nachfolgepaket zum ersten Aktionsplan aus dem Jahr 2015. Wie im Warenverkehr soll auch das Kapital ohne Hindernisse grenzüberschreitend fließen. Der Plan betont im Unterschied zum Vorgängerpapier sehr deutlich die Rolle der Kleinanleger. Deren Finanzmittel lie- gen häufig auf dem Bankkonto, könnten aber in der Realwirtschaft viel bewirken. Doch dazu braucht es Strukturen, inner- halb derer sich Anleger sicher fühlen. Zum Beispiel sollen laut Aktionsplan die Mög- lichkeiten des neuartigen Fondsvehikels ELTIF ausgeweitet werden, über das Privat- anleger bereits jetzt in Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt investieren kön- nen (siehe hierzu auch den Beitrag ab Seite 94). Für die Fondsindustrie bleibt nun die Umsetzung abzuwarten. Ungewissheiten gibt es genug: etwa wie die problematische Performance- und Kostendarstellung im PRIIPs-KID überarbeitet wird. Herr Ingham, die EFAMA hat den neuen Aktionsplan zur Kapitalmarktunion als Meilenstein bezeichnet. Was schätzen Sie so sehr daran? Vincent Ingham: Ja, dieser neue Aktionsplan muss wirklich willkommen geheißen wer- den, weil er die richtigen Prioritäten setzt. Nach dem ersten Aktionsplan war es sehr wichtig, einen Fortschritt zu sehen. Wenn diese Vorschläge in die Realität umgesetzt werden, ist das ein wichtiger Schritt in Richtung eines tieferen, integrierteren, liquideren Kapitalmarktes in Europa. Pro- fitieren werden Unternehmen, die nach alternativen Finanzierungsquellen suchen, und Anleger, die neue langfristige Invest- mentmöglichkeiten bekommen. Welche der 16 Maßnahmen sind die wich- tigsten aus der Sicht der EFAMA? Wir unterstützen den gesamten Plan, weil er als Paket gut ist. Für unsere Industrie be- sonders wesentlich sind aber Maßnahmen, die die Teilhabe von Retailinvestoren am Kapitalmarkt verbessern. Das ist absolut wichtig, wenn Sie besser funktionierende Kapitalmärkte haben wollen. In vielen europäischen Ländern haben wir keine so ausgeprägte Aktien- und Investmentkultur wie in anderen Teilen der Erde.Man muss also Bedingungen schaffen, damit sich die Bürger auf dem Kapitalmarkt sicherer füh- len. Ein konkretes Beispiel: Die Offen- legungsverpflichtungen sind derzeit über die verschiedenen Privatanlegerprodukte hinweg nicht einheitlich. Laut Aktionsplan sollen die Offenlegungs- pflichten überarbeitet werden. So könnte die IDD-Regulierung an Standards vonMifid II angeglichen werden.Was sollte aus Sicht der EFAMA passieren? Neben IDD und Mifid II würde ich die Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR für nachhaltige Finanzprodukte ansprechen, die schon nächstes Jahr ange- wandt werden muss. Oder die PRIIPs, die Informationen für verpackte Anlagepro- „Finanzberater nicht in ein zu enges Korsett pressen“ » Die Teilhabe von Retailinvestoren ist absolut wichtig, wenn Sie besser funk- tionierende Kapital- märkte haben wollen. « Vincent Ingham, EFAMA STEUER & RECHT Vincent Ingham | EFAMA FOTO: © EFAMA 244 fondsprofessionell.at 4/2020

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