FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020
Die Wertpapier-KESt ist Umfragen zufolge einer der Hauptgründe, warumAnleger da- von absehen, in Fonds, Aktien oder Anlei- hen zu investieren. Sollte man nicht zuerst hier ansetzen, um den Anlegern zu zeigen, dass der Staat Eigenverantwortung im Bereich der privaten Vorsorge honoriert? Die steuerliche Behandlung ist sicherlich einer von vielen Aspekten, der Investitions- entscheidungen der Anleger beeinflusst. Daneben gibt es allerdings eine Vielzahl anderer Gründe, von denen das Investi- tionsverhalten abhängt oder durch die es gehemmt werden kann. Diese betreffen etwa mangelnde Produktkenntnis, geringe Renditeerwartungen oder Risikoaversität. Aus Sicht der Anleger führt aber gerade der Abzug der Kapitalertragsteuer zu einer wesentlichen Vereinfachung, weil damit diese Einkünfte gar nicht mehr in die Veranlagung einbezogen werden müssen. Zudem hat der besondere Steuersatz vor dem Hintergrund des progressiven Ein- kommensteuertarifs eine gewisse Anreiz- wirkung. Eine nicht nur angesichts der Coronakrise wichtige Baustelle ist das heimische Pen- sionssystem. Wer heute zum gesetzlichen Antrittsalter in Pension geht, verbringt knapp 21,4 Jahre im Ruhestand. Das ent- spricht laut Zahlen der Agenda Austria 32,2 Prozent der Lebenszeit imErwachsenenal- ter. Damit wächst die Gefahr, dass die Jün- geren die finanziellen Lasten des Sozial- staates nicht mehr stemmen können.Wer- den wir uns unser Pensionssystem in der aktuellen Form langfristig leisten können? Für unser Pensionssystem wird immer Geld zur Verfügung stehen. Die Frage ist eher, welches System ist gerecht und belas- tet die Leistungsträger nicht so, dass der Standort gefährdet wird. Die Hacklerrege- lung erscheint mir da nicht treffsicher, und grundsätzlich gibt es viele Schrauben, die man für ein „Finetuning“ verwenden könnte. Vorerst gilt es aber, die aktuelle ökonomische Situation zu bewältigen, Jobs zu retten und die Wirtschaft zu stärken. Grundsätzlich ist unser auf einemUmlage- verfahren beruhendes Pensionssystem in der ersten Säule natürlich stark von der Zahl der Beschäftigten abhängig. Insofern tragen die Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Ankurbelung der Konjunktur auch zur laufenden Finanzie- rung des Pensionssystems bei. Allerdings sind die staatlichen Anreize, um für die Pension privat vorzusorgen, weiter- hin sehr gering. Die staatliche Förderung für die Zukunftsvorsorge wurde deutlich gekürzt. Welchen Stellenwert sollte Ihrer Meinung nach die private Altersvorsorge in Zukunft haben, und wie wollen Sie diese unterstützen? Unser Ziel muss sein, das leistungsfähige Pensionssystem der ersten Säule auch lang- fristig zu bewahren. Die Marktentwick- lung, aber auch die Zinslandschaft haben gezeigt, dass mit der Eigenvorsorge Risiken verbunden sein können. Natürlich bedarf es der zweiten und der dritten Säule des Pensionssystems, aber nicht exklusiv. Und alles kann man mit steuerlicher Förderung nicht erreichen. Stabile Rahmenbedingun- gen für alle Pensionsformen stehen daher im Vordergrund. Und wie wird es mit der prämienbegüns- tigten Zukunftsvorsorge weitergehen? Bei der prämienbegünstigten Zukunftsvor- sorge braucht es eine klare Strategie im Hinblick auf die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge. Legistische Schnell- schüsse in einem so sensiblen Bereich ber- gen nämlich die Gefahr, das Vertrauen in die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge nachhaltig zu schwächen. Änderungen soll- ten einer klaren strategischen Linie folgen und müssen jedenfalls gut überlegt sein. Das ist im Sinne einer grundsätzlich not- wendigen Kontinuität bei langfristigen Altersvorsorgeprodukten. Dabei gilt es » Finanzbildung ist die Basis für einen modernen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort. « Gernot Blümel, Finanzminister fondsprofessionell.at 4/2020 237
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