FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

dem suchen die Akademiker die Höhe der Rückstellungen aus den Abschlüssen her- aus, die die Institute für künftige Rechtsko- sten bilden. Die Ergebnisse sind nicht all- umfassend, schränken die Experten ein. Denn nicht in allen Ländern werden sämt- liche Strafen und Schäden vollständig veröffentlicht. Dennoch liefern die Zahlen gute Anhaltspunkte. Wiederholungstäter Den Großteil der Strafen, Vergleiche und Entschädigungen über die vergangenen zehn Jahre schultern die US-amerikani- schen Institute mit 202,5 Milliarden Pfund, also mehr als die Hälfte der Gesamtsumme weltweit. Mit 86 Milliarden Pfund folgen britische Banken, dann Geldhäuser aus der Eurozone mit 41 Milliarden und der Schweiz mit 40 Milliarden Pfund. Bemerkenswert ist, dass sich das Bild im Zeitverlauf gedreht hat. Die US-Häuser türmten Jahr für Jahr immer mehr Bußgel- der auf – bis zum Jahr 2014. Seither geht die Zahl zurück. Stattdessen sammeln vor allem Institute aus Großbritannien und mit Abstand aus der Eurozone immer teurere Strafzettel ein. Daher drängt sich der Schluss auf, dass die US-Häuser ihre Lektion mittlerweile gelernt haben. Der teuerste Fehltritt in der langen Liste der Vergehen sind Falschberatungen bei Hypotheken, besonders bei amerikani- schen und britischen Banken. Auf der Insel kommen die Geldhäuser zudem die mas- senweisen Falschberatungen bei Rest- schuldversicherungen teuer zu stehen. Im Euroraum folgen Marktmissbrauch, Mani- pulation von Leitsätzen sowie Geldwäsche. Unter den 20 größten Banken der Welt finden sich auch einige – augenscheinlich notorische – Wiederholungstäter. So nimmt für die Zeit von 2014 bis 2018 die Royal Bank of Scotland den Thron als „Sündenkönig“ ein, gefolgt von der Bank of America, Lloyds sowie der Deutschen Bank und Barclays. Die geringsten Fehl- verhaltenskosten fuhren dagegen die Natio- nal Australia Bank Group, die Commerz- bank, Santander sowie Standard Chartered und die ING als „sauberstes“ Institut unter den Branchengrößen ein. Die Londoner Wissenschaftler zeigen zudem, welche volkswirtschaftliche Dimen- sion die Fehlverhaltenskosten erreichen. So entsprechen die Ausgaben für Strafen und Entschädigungen der britischen Banken im Spitzenjahr 0,88 Prozent des Brutto- inlandsprodukts des Landes. Für die USA erreichte das Verhältnis mit 0,35 Prozent im Jahr 2014 das Maximum. Die Fehltritte der Banken haben ernste Konsequenzen für andere Wirtschaftszweige. „Strafen für Banken von 150 Milliarden Dollar führen zu einem Rückgang von drei Billionen Dollar bei der Kreditvergabe für die Real- wirtschaft“, sagte der frühere britische Notenbankgouverneur Mark Carney. Künftig könnten Fehltritte weitere Fol- gen für die Geldhäuser haben: Die Rating- agentur Fitch warnte jüngst, dass eine Häufung von Finanzvergehen in eine Herabstufung der Bonitätsnote münden kann. Für die Geldhäuser zahlt es sich also immer weniger aus, sorglos Strafzettel zu riskieren. SEBASTIAN ERTINGER FP Barbara Casu, City University of London: „Es ist wichtig, dass sich Banken in ethischer und rechtlicher Hinsicht positiv engagieren.“ Die teuersten Fehltritte Banken verstricken sich seit der Finanzkrise zwar weiterhin in Skandale. Doch das Subprime-Desaster bescherte den Instituten die höchsten Fehlverhaltenskosten. *Auswahl |Quelle:Centre forBankingResearchConductCostsProject2020 0 20 40 60 80 100 Manipulation von Leitsätzen Marktmissbrauch Verstoß gegen Sanktionen Geldwäsche Mangelhafte interne Kontrollen Defizite bei Offenlegung Falschberatung bei Kreditversicherungen Falschberatung (außer Hypotheken / Kreditversicherungen) Andere Falschberatung bei Hypotheken Milliarden britische Pfund Strafen, Bußgelder und Rückstellungen von Banken weltweit (2008-2018)* 98,1 Mrd. britische Pfund 82,3 Mrd. £ 59,1 Mrd. £ 35,3 Mrd. £ 16,6 Mrd. £ 12,7 Mrd. £ 10,1 Mrd. £ 10,0 Mrd. £ 8,5 Mrd. £ 8,4 Mrd. £ fondsprofessionell.at 4/2020 233

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