FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

Voraussetzung: Die Bankkunden müssen bereit sein, ihre Daten an Dritte weiterzu- geben, so wie es die Regeln der der EU- Zahlungsverkehrsrichtlinie PSD 2 vorse- hen.Da herrscht aber noch Nachholbedarf. „Aktuell nutzen weniger als zehn Prozent der Kunden Open Banking Services“, sagt Andreas Pratz, Partner bei Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Etwa 20 Pro- zent der Verbraucher seien heute schon of- fen für Open Banking, weitere 30 Prozent lehnten es zumindest nicht ab. „Die aktu- elle Zurückhaltung der Verbraucher schrei- ben wir vor allem einem Mangel an über- zeugenden Anwendungen zu“, erläutert Pratz. Nachdem im letzten Jahr aber „Kin- derkrankheiten“wie unterschiedliche oder nicht funktionierende Bankschnittstellen weitgehend bereinigt wurden, könne nun der Fokus auf die Anwendungen verlagert werden. „Bei überzeugenden Angeboten könnte jeder zweite bis dritte Bankkunde für Open Banking gewonnen werden“, meint der Consultant. Mehrwert könne man beispielsweise durch kostenfreie Bank- dienstleistungen, Rabatte beim Shopping oder eine automatische Datenzusammen- führung für die Steuererklärung schaffen. Der PwC-Experte glaubt allerdings nicht, dass sich Open Banking von heute auf morgen bei allen Kunden durchsetzen wird. „Wichtig ist auch, dass Banken durch die Einbindung vertrau- enswürdiger Drittdienste in ihr eigenes Angebot ihrerseits die Nutzungshürde senken und Akzeptanz bei Verbrauchern schaffen“, meint Pratz. „Das können Drittdienstleister allein nur schwer erreichen.“ Chance „Offenes Banking“ bietet nicht nur Newcomern, son- dern auch etablierten Kredit- instituten neue Möglichkeiten. „Open Banking sichert die Zu- kunftsfähigkeit von Banken“, ist Kalateh überzeugt. „Die große Gefahr für Banken ist die immer stärkere Entkopplung von der Kundenschnittstelle durch Google, Apple, Amazon und Co.Hierfür versuchen viele Häuser Hunderte Millionen Euro aus- zugeben, um ihr Geschäftsmodell vollstän- dig umzustellen.“ Dem Tink-Manager zu- folge birgt das allerdings zwei Risiken: „Zum einen wird so sehr viel Geld nicht gewinnbringend eingesetzt, zum anderen sind die Auswirkungen frühestens in ein paar Jahren mit einer dann unsicheren Kundschaft spürbar.“ Die Softwareschmie- den könnten dagegen kurzfristig helfen, et- wa wenn es darum gehe, den Kreditprozess zu optimieren oder den Onlinevertrieb zu stärken. Zahlreiche Kooperationen gibt es bereits: So entwickelte Tink für die hollän- dische Bank ABN Amro die „Grip-App“, die verschiedene Konten eines Kunden bei unterschiedlichen Banken aggregieren und in einer Übersicht darstellen kann. Mit über 750.000 Downloads ist die App in den Niederlanden die am häufigsten her- untergeladene Software im Bereich perso- nalisierte Finanzen. Für die SEB Bank und Paypal ist Tink ebenfalls aktiv. Paypal be- sitzt auch Anteile am Unternehmen. „Enabler“ Dass Open Banking das Geschäftsmo- dell von Kreditinstituten grundlegend ver- ändern kann, zeigt das Beispiel der Sutor Bank. Die Hambur- ger Privatbank widmet sich seit dem Jahr 2013, als sie als eine der ersten deutschen Ban- ken einen Robo-Advisor ge- schaffen hat, immer stärker der Entwicklung von digitalen Banklösungen. Die Angebote richteten sich anfangs an die eigenen Privatkunden, doch bereits nach kurzer Zeit öffne- te sich Sutor für Dritte.Mittler- weile existiert eine umfangrei- che Banking-Plattformmit Lö- sungen für die Segmente Anla- ge, Zahlungsverkehr, Kre- ditmarktplatz und Kryptower- te. MARCUS HIPPLER FP Großes Marktpotenzial Ausgaben von Finanzdienstleistern im Bereich von Open Banking* Viele Institute nehmen ordentliche Summen für Open Banking in die Hand. Offen bleibt, wie gut dieses Geld investiert ist. Quelle:TinkundYougov,2020 *Realisierteundgeplante Investitionen lautUmfrageunter290VerantwortlichenvonFinanzdienstleisternauszwölfeuropäischenLändern 0% 10% 20% 30% 40% 50% Mehr als 100Millionen Euro 50 bis 99,9Millionen Euro 1 bis 49,9Millionen Euro Weniger als 1Million Euro Europa Deutschland » Die große Gefahr für Banken ist die Entkopp- lung von der Kunden- schnittstelle durch Google, Apple und Co. « Cyrosch Kalateh, Tink fondsprofessionell.at 4/2020 227

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=