FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020
lich zulässig. Man kann auch nicht zwin- gend davon ausgehen, dass so ein Sparbuch noch im Erstbesitz ist. Es ist gerade der Zweck eines Überbringersparbuchs, es ohne größeren Aufwand zu übertragen. Eine beträchtliche Anzahl dieser Sparbü- cher ist außerdem für die Kreditbesiche- rung verpfändet und damit im Sicherungs- fall nicht zu entschädigen. 489 Millionen Euro hat die ESA bei der Commerzialbank ausbezahlt, 60 bei Meinl/AAB. Bisher konnte die ESA bei einer Pleite immer sagen: „Wir können das leicht stemmen.“ Wie sieht es jetzt aus? Wir können’s leicht stemmen. Im Fonds sind derzeit 135 Millionen Euro, aber hinter uns stehen alle österreichischen Banken mit Ausnahme der Sparkassengruppe, die ein eigenes Sicherungssystem betreibt.Die Ban- ken sind in einem Entschädigungsverfahren verpflichtet, mir innerhalb kürzester Zeit den Betrag, den ich brauche, zur Verfügung zu stellen.Der Fonds ist eine Kriegskasse für die ersten Tage. Für einen sehr großen Sicherungsfall reicht er ohnehin nicht aus. Da müssen die Banken zuschießen. Einige denken nun über eine Änderung des ESA-Systems nach. Die Banken wollen einen Selbstbehalt der Kunden. Möglich wäre auch eine ESA mit mehr Macht, mit Prüf- und Sanktionsbefugnissen. Was erscheint Ihnen sinnvoll? Da muss ich klar sagen, in dieser Diskus- sion können wir als Geschäftsführung kei- ne Meinung haben. Das müssen Gesetzge- ber und Aufsicht entscheiden. Die EU-Ein- lagensicherungsrichtlinie DGSD lässt ver- schiedene Geschäftsmodelle zu – bis hin zu Frühinterventionsmaßnahmen. In eini- gen Ländern gibt es die. Das würde natür- lich Eingriffsrechte bei Banken bedeuten. Wie klappt die Zusammenarbeit mit der FMA? BeimZusammenbruch der Commer- zialbank Mattersburg sagte uns ein ESA- Insider, dass es Unmut gab, weil die FMA die Sicherung sehr spät informiert hat. Grundsätzlich hätte uns die FMA etwas früher verständigen können. Es gab da- durch jedoch keine Nachteile für die Kun- den. Wir haben gezeigt, dass wir das auch in so einer Situation schaffen. FMA und ESA arbeiten sehr gut zusammen, haben ein sehr gutes Verhältnis. Ich habe auch den Eindruck, dass die FMA die Geschwin- digkeit und die Art und Weise, wie wir es gemacht haben, schätzt. Es hieß damals, dass auf tieferer Ebene der ESA schon davor Gerüchte kursierten, bei der Commerzialbank stimme etwas nicht.Wo liegen die Möglichkeiten der ESA, wenn man etwas hört? Die Möglichkeiten sind relativ klar. Wir tauschen uns mit der FMA aus.Wenn uns was zu Ohren kommt, das nicht nur ein Gerücht ist, müssen wir es melden. Mehr können wir auf Basis unseres Geschäfts- modells nicht tun. Haben Sie Meldung gemacht an die FMA? Das kam zu einem Zeitpunkt, als alles schon in Prüfung war.Das war kein Neuig- keitswert für die FMA. Aufgabe der ESA ist es auch, sich laufend über die Situation am Bankenmarkt zu in- formieren. Fürchten Sie weitere Ausfälle? Fürchten, das Wort trifft gar nicht zu. Die Banken müssen uns gewisse Risikodaten melden. Natürlich gibt’s Institute, wo man ein wenig genauer hinschaut.Aber es ist bei keiner Bank so, dass ich schlaflose Nächte hätte. „Alle guten Dinge sind drei“, das brauch ich nicht für die ESA.Wenn es nach uns geht, reichen zwei Sicherungsfälle. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER KURZ-VITA: Stefan Tacke Der Jurist begann seine Karriere im Verteidigungsministerium. Ab 1993 war er im Volksbanken- und im Raiffeisen-Sektor als Rechtsspezialist tätig (u. a. Volksbanken-Restrukturie- rung). Bis 2018 Vorstand Volksbank-Einlagensicherung. FP » Grundsätzlich hätte uns die FMA etwas früher informieren können. « Stefan Tacke, Einlagensicherung fondsprofessionell.at 4/2020 225
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