FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020
gabe die Rückführbarkeit anhand des aktu- ellen Einkommens und der Vermögens- werte zu prüfen.“ Bezüglich der Gefahr ei- ner Pleitewelle, zeigt sich Prietl zurückhal- tend und verweist auf die Einschätzungen der hauseigenen Ökonomen: „Sollten wir die Pandemie im nächsten Jahr in den Griff bekommen, wird es einen wirtschaft- lichen Nachholeffekt geben, auch wenn es natürlich momentan extrem unter Druck stehende Branchen gibt.“ „Lexitor-Urteil“ Unabhängig davon beschäftigt den Bank-Austria-Finanzservice-Chef – wie imÜbrigen alle Banken, die mit Kredit- vermittlern zusammen arbeiten – auch ein anderes Thema. Vor fast einem Jahr hat der EuGH im sogenannten „Lexi- tor-Urteil“ entschieden, dass bei vorzeiti- ger Rückzahlung eines Verbraucherkre- dits sämtliche Kosten – egal ob laufzeit- abhängig oder nicht – anteilig an den Kre- ditnehmer refundiert werden müssen. „Ein für die Branche sehr unschönes Urteil“, ärgert sich Prietl. Nun hat der österreichi- sche Gesetzgeber eine Novellierung des Verbraucherkreditgesetzes sowie des Hypothekar- und Immobilienkreditge- setzes (HIKrG) in Begutachtung ge- schickt, diese soll Mitte Dezember 2020 vomNationalrat abgesegnet wer- den.Hinter den Kulissen wird allerdings noch mit Hochdruck verhandelt. Laut Hannes Dolzer, Obmann des Fachverban- des Finanzdienstleister der WKO, hofft man immer noch auf eine Feststellung, dass das Urteil nicht auf Hypothekar- und Immobilienkredite anzuwenden sei. Der aktuelle Gesetzentwurf (Stand Mitte No- vember) gibt allerdings wenig Anlass zur Hoffnung, er sieht sehr wohl auch eine Än- derung des HIKrG vor. Positiv bleibt bis- lang, dass in den Erläuterungen zum Ge- setz darauf verwiesen wird, dass die Ver- mittlungsprovision nicht von der Rücker- stattungspflicht umfasst ist. „Das ist schon mal etwas wert, aber nicht zu 100 Prozent zufriedenstellend“, so Dolzer. Von der Rück- erstattungspflicht betroffen wären aller- dings die Bearbeitungsgebühr, und aus die- ser wird in der Regel auch die Vermitt- lungsprovision bezahlt. Spannend wird al- so, wie die Banken mit den Änderungen umgehen, wenn diese in der aktuellen Form kommen. „Da ist noch vieles offen, es gibt offenbar verschiedene Ansätze im Bankbereich“, so Dolzer. Ein Lösungsansatz wäre etwa, die Bearbeitungsgebühr zu strei- chen und in die Kreditmarge einzuarbei- ten. Diese Vorgangsweise könnte allerdings für die Vermittler problematisch werden, wenn die Kredite in den Bankfilialen da- durch optisch günstiger wirken, da dort keine Vermittlungsprovision ausgewiesen wird. Bei der Bank Austria gibt man daher bereits heute an, dass die Bearbeitungsge- bühr auch in Zukunft bestehen bleiben wird. „Wir werden die Vermittlungsprovi- sionen wie bisher ausbezahlen und unse- re Vertriebspartner so vor möglichen Regressen schützen. Somit gibt es bei uns keine Schlechterstellung gegen- über Filialkrediten“, erklärt der BAF- Geschäftsführer. Banken, die einen anderen Weg gehen, werden künf- tig jedenfalls eine klare Trennung der Kostenpositionen vornehmen müssen. Wie sich dies in der Pra- xis darstellen wird, muss sich aller- dings erst zeigen. GEORG PANKL FP Siegfried Prietl, BAF: „Wir werden die Vermitt- lungsprovisio- nen wie bisher ausbezahlen.“ Novellierung des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes Im September des vergangenen Jahres über- raschte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Banken und Kreditvermittler mit der Entschei- dung, dass Verbraucher bei vorzeitiger Kreditrück- zahlung das Recht auf Ermäßigung sämtlicher Kosten haben. Auch laufzeitunabhängige Kosten wie zum Beispiel eine zu Beginn gezahlte Bear- beitungsgebühr oder eine Vermittlungsprovision müssten demnach teilweise rückerstattet werden. Das sogenannte „Lexitor-Urteil“ (C-383/18) sorgt seit damals für Unsicherheit unter den Betroffe- nen. Nun will der österreichische Gesetzgeber mit einer Novellierung des Verbraucherkreditgesetzes (VKrG) und des Hypothekar- und Immobilienkre- ditgesetzes (HIKrG) für Rechtssicherheit sorgen. Die neuen Regelungen sollen noch im Dezember vom Parlament beschlossen werden. Erfreulich für Kreditvermittler ist, dass die Vermittlungspro- visionen wohl nicht zurückgezahlt werden müs- sen. So findet sich in den Erläuterungen zum ak- tuellen Gesetzentwurf in Bezug auf Z 5 (§ 16) fol- gender Text: Die Bezugnahme auf „laufzeitabhän- gig“ ist daher zu streichen. Auf welche Kosten sich das Mäßigungsrecht des Verbrauchers im Detail bezieht, kann vom nationalen Gesetzgeber nicht spezifiziert werden. Die Entscheidung über die Auslegung von Art. 16 Abs. 1 Verbraucher- kredit-Richtlinie und damit von § 16 Abs. 1 VKrG liegt allein beim EuGH. Bei Erstellung dieses Entwurfs wird aber davon ausgegangen, dass die Provision eines Kreditvermittlers vom Gebot ver- hältnismäßiger Verringerung bei vorzeitiger Rück- zahlung nicht umfasst ist. Quelle:Ministerialentwurf–Erläuterungen fondsprofessionell.at 4/2020 171
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