FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

Editorial MEINUNG Stefan Otto Vertriebsdirektor Österreich Rechtssichere Digitalisierung D ie seit Jahren anhaltende und vielstimmige Forderung nach mehr „Digitalisierung“ hat im Zuge der Corona-Pandemie unerwartet Gehör gefun- den.Von der Videokonferenz über den Fernunterricht bis zur Bestellung von Mahlzeiten über Lieferdienste nahmdie Nutzung des Internets massiv zu.Man darf davon ausgehen, dass ein Teil dieser Verlagerung des Lebens ins Virtuelle auch nach der Beendigung der aktuellen Krise erhalten bleibt. Betroffen sind davon fast alle Branchen,auch die Finanzdienstleistung.Und grundsätzlich ist es sinnvoll, bequem und auch um- weltschonender, nicht für jeden Kundenkontakt zig Kilometer hin und zurückzufahren. Allerdings nur dann, wenn sich die rechtliche Ausgangslage für den Dienstleister beim Geschäftsabschluss via Internet nicht spürbar verschlechtert.Derzeit ist das aber leider der Fall, denn die Regeln, die zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen eingehalten werden müssen, haben es in sich. Insgesamt neun unterschiedliche Gesetze müssen beachtet werden. In Summe sind demKonsumenten 21 Informationen vor Vertragsab- schluss nachvollziehbar zu übermitteln. Passiert hier auch nur ein einziger Fehler,löst dies ein unlimitiertes Rücktrittsrecht des Kunden aus. Dabei gehen sogar Rechtsexperten davon aus, dass es fast unmöglich ist, hier keinen Ansatzpunkt für einen möglichen Ge- schäftsrücktritt zu liefern. Wer daher auf der einen Seite fordert, dass „digitalisiert“ wird, muss auf der anderen Seite die damit verknüpften Gesetze durch- forsten. Dabei ist alles zu streichen, was erstens dem Absatz grundsätzlich imWeg steht und zweitens die rechtliche Situation des Wirtschaftstreibenden so ver- schlechtert, dass er nach getätigten Abschlüssen viele Jahre lang fürchtenmuss, dass ihmdas ursprüngliche Geschäft wegen eines vernachlässigbaren Formfehlers um die Ohren fliegt. Dass dies grundsätzlich die Ab- sicht der Regierung ist, hat sie wiederholt kundgetan – früher oder später wird sie aber beweisen müssen, dass sie es auch ernst meint. FP Ihr Georg Pankl, Chefredakteur fondsprofessionell.at 4/2020 11 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH FÜR FONDS PROFESSIONELL

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