FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

tionsstaatsanwaltschaft (WKStA), „um si- cherzugehen, dass der Millionenbetrug dort aufgedeckt wird“. „Vorstandsvorsitzender Martin Pucher schafft seit Jahren Millionen zur Seite“, erklärte die Person und beschrieb dann sehr genau wie: Pucher lasse sich mo- natlich mehrmals einige 100.000 Euro aus- zahlen, die unter anderem an den Fußball- verein SV Mattersburg flössen, deren Präsi- dent Pucher war. Es würden Fake-Konten eingerichtet auf den Namen realer (wohlha- bender) Personen, die davon allerdings nichts wüssten. Exakt erklärte der Tippge- ber,wie man die Konten identifizieren kön- ne.Auf weitere Nachfragen der WKStA rea- gierte der Informant irritiert: Es sollte doch einfach sein, mit seinen Angaben die Kon- toinhaber zu kontaktieren, meinte die Per- son. Ihre Angaben sollten sich fünf Jahre später bewahrheiten: Pucher und Vorstands- kollegin Franziska Klikovits gestanden laut ihren Anwälten den Ermittlern den Betrug. Es gilt die Unschuldsvermutung. Nichts gefunden Die OeNB-Prüfer waren hingegen nach der ersten Überprüfung zum Schluss ge- kommen, ein Betrug im behaupteten Aus- maß sei nicht plausibel, denn der hätte schon davor auffallen müssen, berichtet „Der Standard“. Im Februar 2020 ging eine weitere Whistleblowermeldung ein. Dies- mal war sie noch konkreter und mit Unterlagen untermauert. Doch auch da fanden die Prüfer laut „Der Standard“ die Fake-Konten nicht. Wegen der Covid- Pandemie verzögerte sich die Kontrolle. Später wurden die Prüfer wegen außer- gewöhnlicher Zinsen stutzig. Darauf angesprochen, packte Pucher aus. Dass die gefälschten Konten so lange nicht entdeckt wurden, wirft Fragen auf. Der ORF Burgenland machte einen Versuch und erreichte innerhalb einer Stunde fünf der vom Whistleblower genannten angebli- chen Kontoinhaber telefonisch.Die Redak- teure kamen dabei auf eine frei erfundene Kreditsumme von mehr als zehn Millio- nen Euro. Die betroffenen Personen seien von Februar bis Juli von keiner Behörde kontaktiert worden. „Für Guthaben, die nach dem Februar eingezahlt wurden, schätze ich die Chan- cen auf Schadenersatz sehr, sehr gut ein“, so Wutzlhofer gegenüber der Redaktion. Auch für Einlagen nach 2015 seien die Aussichten gut. Für Zeiträume davor könn- te es aufgrund der Haftungseinschränkung im Finanzmarktaufsichtsgesetz tatsächlich um einiges schwieriger werden, sagt er. Seit Februar hätten viele Anleger noch einen „erklecklichen Wert“ auf die Konten der Commerzialbank gelegt, sagt Wutzlho- fer. Er vertritt nach Eigenangaben eine zweistellige Klientenanzahl, die einen Scha- den von mehreren Millionen Euro geltend macht. „Wir haben immer noch täglich Anrufe“, sagt er. Sollte es mit dem Bund nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommen, werde man ein Musterverfahren führen, so Wutzlhofer. Auf Basis des Er- gebnisses könnten dann auch die anderen Anleger abgewickelt werden. Für geschädigte Anleger, die mehr als die von der Einlagensicherung geschützten 100.000 Euro auf der Bank liegen hatten, ist die Haftung der Republik zentral. So dürfte beimAufsichtsrat – darunter Landwirte, ein Gastwirt oder ein Dachdeckermeister aus der Umgebung – voraussichtlich wenig zu holen sein.Auch andere Anwälte werden es daher mit dem Bund aufnehmen. Masse- verwalter Michael Lentsch kündigte gegen- über der Redaktion eine Amtshaftungs- klage an. Die Grazer Anwaltskanzlei Chris- tandl und Partner hat diese bereits eingelei- tet und wartet auf Antwort der Finanzpro- kuratur. Die hat bei einer Amtshaftungs- klage drei Monate Zeit zur Stellungnahme. Dabei könnten weitere Geschädigte ins Rampenlicht rücken. Der Bank, die weit höhere Zinsen als üblich zahlte, vertrauten offenbar auch Profis ihr Geld an. So hatte die Allianz Investmentbank drei Millionen Euro an Termingeldern dort liegen. Auf die Kunden habe das keine Auswirkungen, sagt ein Sprecher. Man habe sich dem Insolvenzverfahren angeschlossen. Eine weitere Möglichkeit für Geschädig- te liegt beimWirtschaftsprüfer TPA.Masse- verwalter Lentsch hat Mitte September Schadenersatzklage eingereicht. Aufgrund der Aktenlage sei „völlig klar“, dass TPA nicht mit der nötigen Sorgfalt geprüft ha- be. Allerdings ist die Klagshöhe auf 20 Mil- lionen Euro beschränkt,weil das Gesetz die Abschlussprüfer-Haftung auf vier Millio- nen Euro pro Jahr und maximal fünf Jahre begrenzt. TPA, seit 2006 Abschlussprüfer, sieht sich selbst als getäuscht. Die Wirt- schaftsprüfer haben die behaupteten Gut- haben der Commerzialbank bei anderen Banken nicht direkt kontrolliert, sondern auf (gefälschte) Unterlagen der CBM ver- traut. TPA sorgte mit der Aussage, das sei unter gewissen Umständen möglich, für Kritik von Fachkollegen.Vorerst gibt die Ge- sellschaft keine weitere Stellungnahme ab. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Bei Guthaben, die nach dem Februar eingezahlt wurden, schätze ich die Chancen als sehr, sehr gut ein. « Johannes Wutzlhofer, Anwalt fondsprofessionell.at 3/2020 255 FOTO: ©ERWIN MUIK

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