FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

systematischen oder ESG-Investments, wo wir uns als aktiver Manager auch im passi- ven Feld bewegen können. Wie lässt sich nachhaltige Geldanlage per Index umsetzen? Wir haben bereits ETFs lanciert, deren Zu- sammensetzung sich auf das ESG-Rating unserer Analysten stützt. Viele Asset Mana- ger benutzen die standardisierten Ratings der üblichen Anbieter wie MSCI. Wir ge- hen da unseren eigenen Weg.Wir beschäf- tigen rund 200 Analysten, die in 15.000 Be- suchen pro Jahr 4.000 Unternehmen aus ESG-Sicht bewerten. Dieser Apparat er- laubt es uns, ein eigenes, in die Zukunft ge- richtetes Rating zu entwickeln und laufend zu überprüfen. Das kommt bei den Kun- den gut an. Wir sind in Gesprächen, diese Ratings auch externen Partnern anzubie- ten. Wir wollen das Rating aber auch in Richtung Engagement weiterentwickeln. Andere Anbieter verfügen hier bereits über langjährige Erfahrung. Ihr Rating ist dage- gen noch nicht etabliert. Das Feld ESG ist insgesamt noch sehr viel- fältig. Unser Rating ist noch nicht abge- schlossen, sondern ein fortlaufendes Pro- jekt.Dessen Entwicklung werden wir trans- parent darstellen. Die Regulierer haben ja erhebliche Sorge, dass Greenwashing betrieben wird. UmGeld anzuziehen, wird ein Produkt häufig einfach mit einem ESG-Label etikettiert. Das entspricht nicht unserer Herangehensweise als familien- geführte Firma. Wir sind langfristig ausge- richtet. Ein Rating aufzubauen braucht Zeit und kostet auch etwas Geld. Aber das halten wir für den richtigen Ansatz. Kurz- fristig ein Greenwashing-Marketingkonzept aufzustellen taugt da nicht. Apropos Marketingaktion: Jüngst verkün- dete Ihr Haus, dass Mitarbeiter bis zu 26 Wochen bezahlte Elternzeit nehmen dürfen, egal ob Mutter oder Vater. Werden wirklich Fondsmanager Vaterschaftszeit nehmen? Wir wollen eine inklusive Unternehmens- kultur schaffen und die Geschlechter gleichstellen. Und da steckt noch mehr dahinter. Uns ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Stimmung im Unter- nehmen zu drehen. Das lässt sich schwer mit Zahlen oder Kennziffern belegen.Aber die Stimmung ist heute eine andere. Es macht einen großen Unterschied,wenn die Mitarbeiter an die Visionen glauben, die das Management vorgibt. Die Elternzeit ist ein gutes Beispiel: Das Unternehmen gibt den Mitarbeiter etwas für ihre gute Arbeit zurück und möchte ein Umfeld schaffen, in dem sie langfristig arbeiten möchten. Das heißt, die Stimmung war früher schlecht? Die Zahlen sind ein offenes Geheimnis. Vor sechs bis acht Jahren hatte Fidelity gegenüber den Wettbewerbern in Europa, aber auch weltweit an Boden verloren. Das Haus war nicht in einem schlechten Zu- stand. Es war damals schon erfolgreich und profitabel. Aber es ist niemals so gewach- sen, wie es den großen Wettbewerbern gelungen ist. In der Folge kam es zu häu- figen Managementwechseln und einem strategischen Hü-und-Hott – natürlich ist dann die Stimmung schlecht. Der nun gelungene Turnaround fußt auf verschiede- nen Bereichen: der Kernkundenstrategie, neuer Technologie und der aufgehellten Stimmung. Wir sind zurück in der ersten Liga, wo Fidelity immer hingehört hat. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER KURZ-VITA: Christian Staub Der Absolvent der Eliteuniversität Harvard begann seine Laufbahn 1996 als Analyst und Händler bei der Schweizer Großbank UBS in Hongkong und Singapur. Für Pimco arbei- tete er in den USA und als Länderchef für die Schweiz. 2014 vertraute ihm Blackrock die Führung der DACH-Region an, 2017 übernahm er dann die Leitung des institutionellen Ge- schäfts in Kontinentaleuropa. Seit August 2018 verantwortet Staub das europäische Geschäft von Fidelity International. FP » Kurzfristig ein Greenwashing- Marketingkonzept auf- zustellen, taugt nicht. « Christian Staub, Fidelity International fondsprofessionell.at 3/2020 229

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