FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

Die Coronakrise beschleunigt die Digitalisierung – vor allem im Kundenkontakt, meint Christian Staub , Europachef von Fidelity International. Zudem erklärt er, warum dem Fondsriesen ein Turnaround gelang und sich die Stimmung im Haus aufhellt. L ondon, Paris, Frankfurt oder Wien – normalerweise ist Christian Staub in ganz Europa unterwegs.Doch wie viele an- dere auch lenkt er nun per Videokonferenz die Geschicke der Fondsgesellschaft Fidelity International auf dem Kontinent von Zürich sowie dem Standort in Luxemburg aus. Im Interview erläutert er, wie das Ge- schäft des Asset-Management-Riesen läuft. Herr Staub, der Corona-Crash erschütterte die Finanzwelt.Wie geht die Fondsbranche aus dieser Misere hervor? Christian Staub: Das Umfeld für die Indus- trie als Ganzes ist deutlich schwieriger geworden, nicht erst seit Corona. So hatten die grenzüberschreitenden Anbieter im ersten Quartal 187 Milliarden Euro Netto- mittelabflüsse. Diese konnten im zweiten Quartal zwar kompensiert werden, unterm Strich bleibt aber ein negatives Mittel- aufkommen. Vor drei, vier Jahren sah die Situation noch gänzlich anders aus. Endet nun die goldene Ära der Branche? Ich mache eine andere Beobachtung: In der Coronakrise trennt sich die Spreu vom Weizen. Auf der einen Seite stehen die Anbieter, die die Krise als Chance begrei- fen. Diese investieren weiterhin, bauen ihre Kapazitäten aus und stärken damit die Glaubwürdigkeit ihrer Marke. Auf der anderen Seite stehen jene, die zurückfallen. Diese verlieren Mittel und Kunden, auch wegen technologischer Defizite und fehlen- der Markenbekanntheit. Welche Defizite meinen Sie genau? Das betrifft die fortschreitende Digitalisie- rung: So hat die Pandemie gezeigt, dass Häuser wie wir mit starkem technolo- gischem Rückgrat über einen Vorteil ver- fügen. Sie konnten ohne großen Bruch auf die Arbeit von zu Hause aus umschwen- ken. Uns gelang es, binnen kurzer Zeit rund um den Globus Tausende Mitarbeiter auf „Working from Home“ umzustellen. Das erforderte viel Kommunikation, und es mussten enorme Datenmengen umgeleitet werden. Es gab andere Gesellschaften, die dafür nicht so schnell gerüstet waren, und deswegen war die Kommunikation zum Kunden unterbrochen. Wie pflegen Ihre Mitarbeiter vom Home- office aus den Kontakt zu den Kunden? Der Kontakt hat sich sehr digitalisiert. Das wäre vor zwölf Monaten so nicht denkbar gewesen. Es hilft, wenn man als Haus mit starkem Markennamen auftreten kann. Größe, Solidität, aber auch die Besitz- struktur spielen eine Rolle. Fidelity als eine nicht an der Börse notierte Firma in Familienbesitz behielt da viel Flexibilität und musste nicht einem kurzfristigen Kos- tendruck nachgeben. So konnten wir es uns leisten, das Schiff mit voller Kraft durch die Krise weiterlaufen zu lassen. Was haben Sie konkret unternommen? In der ersten Phase im März war es wich- tig, an den Kunden dran zu bleiben und ihnen Orientierung zu geben. Wir haben in hoher Frequenz virtuelle Konferenzen angeboten. Dazu luden wir nicht nur unsere Portfoliomanager ein, sondern auch Persönlichkeiten, die ihre Einschätzungen „Wir sind zurück in der ersten Liga “ » In der Coronakrise trennt sich die Spreu vomWeizen. « Christian Staub, Fidelity International VERTRIEB & PRAXIS Christian Staub | Fidelity International FOTO: © HELEN REE/PR 226 fondsprofessionell.at 3/2020

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