FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

Foto: © Archiv I n Österreich wurde heuer ein schillerndes Kapitel der Bankgeschichte geschlossen. Am 2. März 2020 eröffnete das Handels- gericht Wien die Insolvenz über die ehema- lige Meinl Bank, die sich 2019 in Anglo Austrian Bank AG (AAB) umbenannt hat. Das Ende des Instituts, dessen Wurzeln in das Jahr 1923 zurückreichen, war genauso turbulent, wie man es aufgrund der Ereignis- se der vergangenen Dekade erwarten konnte. Im November 2019 verlor das Kreditinstitut nach einem jahrelangen Streit mit der Aufsicht über Geldwäschethemen seine Lizenz. Die AAB wehrte sich gerichtlich – kurzfristig sogar erfolgreich, war wenige Wochen wieder eine Bank und musste schlussendlich im Februar auf Geheiß von EZB und FMA doch ihre Berechtigung zurücklegen. Eine ange- strebte außergerichtliche Abwicklung schei- terte und mündete in die Insolvenz. Nach diesem Hin und Her, das die Wirt- schaftsseiten der Tageszeitungen gut gefüllt hielt, lagen die Zahlen auf dem Tisch: Laut den Kreditschutzverbänden war die Bank mit rund 97 Millionen Euro überschuldet. 245 Millionen Euro an Passiva stand eine Aktiv- seite von 148 Millionen Euro gegenüber. Die allgemeinen Gläubiger dürften komplett um ihr Geld umfallen, schätzt der Gläubiger- schutzverband Creditreform. Geklärt wird das ab Ende Mai vor Gericht. Und der Name Meinl, mit dem die Bank noch immer im öffentlichen Gedächtnis verankert ist, scheint zu garantieren, dass dem Verfahren Aufmerk- samkeit zuteil beziehungsweise dass es nicht unbedingt ein schnelles Ende geben wird. Man beachte etwa das mittlerweile mehr als zwölf Jahre dauernde Justizverfahren rund um die millionenschweren Anlegerverluste bei der ehemaligen Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL). Auch hier schenken sich die Parteien nichts: Schleppen- den Ermittlungen stehen ständige Einsprüche der Beschuldigten gegenüber. Erstaunlich ist angesichts dieser ganzen Dramatik, dass ein sehr wichtiger Teil der Konsumentenentschädigung aus der AAB- Insolvenz still und heimlich und ganz ohne Missklänge über die Bühne gegangen ist. Zur Abwechslung ohne Drama Die Österreichische Einlagensicherung, die bei einer Bankpleite pro Person Gelder bis zu einer Schwelle von 100.000 Euro abdeckt, hat den größten Teil der Entschädigungen innert zwei Wochen an die Kunden überwiesen, wie Stefan Tacke, Mitglied der Geschäftsführung, erklärt. Das rasche Reagieren der Einlagen- sicherung Austria GmbH (ESA), die seit 2019 in einer rundum erneuerten Form dafür zuständig ist, dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum sich die Schlangen von Sparern, die ihr AAB-Geld retten wollten, in Grenzen gehalten haben. Von Anfang an war klar, dass der rund 750 Millionen Euro schwere ESA-Fonds, in den die Banken ständig einzahlen, die Pleite leicht stemmen wird: Die geschützten AAB-Ein- lagen machten nur rund 60 Millionen Euro aus. Allerdings hatten die handelnden ESA- Leute kaum Erfahrungswerte, wie die Aus- zahlungspraxis dann wirklich funktionieren wird. Schließlich war es das erste Mal seit der Trigon-Pleite im Jahr 2001, dass die Ein- lagensicherung ausgelöst wurde. Noch dazu fiel der Sicherungsfall ausge- rechnet in den Beginn der Covid-Pandemie. Eine Erkenntnis: Für das Team war die Um- stellung auf Homeoffice technisch und prak- tisch kein Problem, sagt Tacke. Aber umge- kehrt standen viele typische AAB-Kunden plötzlich vor Herausforderungen. Ihnen war nun die Wiener Meinl-Niederlassung ver- sperrt, wo ESA-Mitarbeiter zu Beginn den weniger internetaffinen Einlagenbesitzern bei der Onlineregistrierung für die Auszahlung behilflich waren. Teils baten Kunden dann in handschriftlichen Briefen um die Auszahlung, weil sie weder PC noch Onlinezugang hatten, sagt Tacke. Auch das sei mit Vorlage eines Passes gelöst worden. Zu Redaktionsschluss haben knapp drei Viertel der Kunden, die ein Konto oder Sparbuch bei der AAB-Bank hat- ten, Geld aus der Einlagensicherung erhalten. „Rund 48 Millionen Euro sind ausbezahlt, das entspricht einem Wert von 81 Prozent der Das erste Mal seit zwei Jahrzehnten wurde eine österreichische Bank in die Insolvenz geschickt. Die Rolle der Einlagensicherung ist dabei bis jetzt untergegangen. Das Ende einer Bank In der öffentlichen Wahrnehmung wird wohl immer der Name Meinl Bank bestehen bleiben. Einer Umbenennung in Anglo Austrian Bank AG (AAB) im Jahr 2019 folgten bald der Lizenzentzug und einige Monate später die Insolvenz. » Rund 48 Millionen Euro sind ausbezahlt, das entspricht einem Wert von 81 Prozent der gedeckten Einlagen. « Stefan Tacke, Einlagensicherung 248 www.fondsprofessionell.at | 2/2020 bank & fonds I meinl bank

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