FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

führlich begründet darauf aufmerksam ma- chen, dass es gegen unsere Investmentpolitik verstößt. Wenn darauf keine zufriedenstel- lende Reaktion beziehungsweise Änderung durch das Unternehmen erfolgt, dann spre- chen wir in einem nächsten Schritt den Ver- antwortlichen für Investor Relations an, danach eventuell direkt die Geschäftsleitung oder den Aufsichtsrat. Wenn das alles nicht zum Ziel führt, also keine Veränderung ein- tritt, dann nutzen wir die Aktionärsversamm- lung, um gezielt für oder gegen bestimmte Resolutionen zu stimmen. Lassen sich diese Aktivitäten in Zahlen ausdrücken? Bezogen auf unsere in Europa und Japan domizilierten Fonds haben wir im vergange- nen Jahr auf mehr als 2.000 Hauptversamm- lungen mit abgestimmt, was einer Steigerung um 64 Prozent gegenüber dem Vorjahr ent- spricht. Wir haben zudem 250 Einzelge- spräche mit dem Management von über 200 Unternehmen geführt, auch das ist eine deut- liche Steigerung von rund 50 Prozent. Und die Zahl unserer Engagement-Briefe haben wir um 33 Prozent auf rund 1.200 gesteigert. Einem aktiven Manager steht – sozusa- gen als letztes Druckmittel – die Mög- lichkeit zum Verkauf einer Position zur Verfügung. Die hat der passive Investor doch eigentlich nicht. Ein Problem? Nur teilweise. Wenn wir von einem ETF auf einen globalen Index wie den MSCI World sprechen, dann haben Sie natürlich recht, eine Desinvestition steht uns dann nicht als Druck- mittel zur Verfügung. Denn Sinn und Zweck eines solchen Plain-Vanilla-Investments ist ja, den Index möglichst genau nachzubilden. In dem Fall können wir unsere Assets lediglich dazu nutzen, um bestimmte Themen auf die Agenda zu setzen oder voranzutreiben. Was inzwischen aber immer mehr nachgefragt wird, das sind Indexinvestments, die mit einem entsprechenden ESG-Filter in Bezug auf klimarelevante Themen oder den CO 2 - Ausstoß von Unternehmen ausgestattet sind. Inzwischen wird bei rund 80 Prozent der An- fragen von institutionellen Investoren nach passiven Investments ein solcher Nachhaltig- keitsfilter erwartet, und auch im Retailsektor steigt die Nachfrage nach „passiv plus ESG- Filter“. Daher sind passives Investieren und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- aspekten längst kein Widerspruch mehr. Sie haben eingangs auf erhebliche Unter- schiede zwischen den einzelnen ETF-An- bietern in Bezug auf den Umgang mit beziehungsweise die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien hingewie- sen. Worauf bezieht sich Ihre Kritik? Gerade weil das Thema Nachhaltigkeit eine immer breitere gesellschaftliche Bedeutung erlangt hat, gewinnt das Abstimmungsverhal- ten von Fondsgesellschaften bei ESG-relevan- ten Anträgen an Relevanz. Deshalb ist es kein Wunder, dass das Verhalten der Anbieter inzwischen im Detail untersucht wird. Dabei hat sich gezeigt, dass sich die Einschätzung europäischer und US-amerikanischer Asset Manager auf Hauptversammlungen, bei denen sie für ihre Anleger abstimmen, gerade in Be- zug auf ESG-Aspekte deutlich unterscheidet. Es gibt inzwischen eine Reihe von Untersu- chungen über das Abstimmungsverhalten von Fondsgesellschaften auf Hauptversammlun- gen, aus denen sich ein klares Muster heraus- lesen lässt. So hat etwa Morningstar heraus- gearbeitet, dass Fondsgesellschaften, die über- wiegend in Europa beheimatet sind, in bis zu 87 Prozent der Fälle bei Anträgen mit Bezug auf Umweltschutz oder soziale Themen posi- tiv abgestimmt haben. Das steht in krassem Gegensatz zu Asset Managern, die aus dem angelsächsischen Raum stammen und zu den größten Kapitalsammelstellen weltweit zäh- len. Diese Gesellschaften haben in weniger als fünf Prozent der Fälle für Umwelt- oder soziale Anträge gestimmt. Besonders groß war die Differenz bei Anträgen, die von den Aktiengesellschaften einen Plan einfordern, den CO 2 -Ausstoß langfristig zu managen und Alternativen zu fossilen Energieträgern vor- anzutreiben. Dessen sollten sich Anleger, die Wert auf die Berücksichtigung von ESG- Aspekten legen, zumindest bewusst sein. Es kommt eben auch bei passiven Investments nicht nur darauf an, ob Aktionärsrechte tat- sächlich und aktiv wahrgenommen werden, sondern auch wie abgestimmt wird. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP Foto: © Christoph Hemmerich Simon Klein: „Bezogen auf unsere in Europa und Japan domizilierten Fonds haben wir 2019 auf mehr als 2.000 Hauptversammlungen mit abgestimmt, was einer Steigerung um 64 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.“ » Es gibt inzwischen eine Reihe von Untersuchungen über das Abstimmungsverhalten von Fondsgesellschaften auf Hauptversammlungen, aus denen sich ein klares Muster herauslesen lässt. « Simon Klein, DWS » Gerade weil das Thema Nachhaltigkeit eine immer breitere gesellschaftliche Bedeutung erlangt hat, gewinnt das Abstim- mungsverhalten von Fondsgesellschaften bei ESG-relevanten Anträgen an Relevanz. « Simon Klein, DWS 218 www.fondsprofessionell.at | 2/2020 esg-spezial I simon klein | dws

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=