FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

der ETF-Anbieter stellen die Indexlizenzen jedoch einen erheblichen Kostenblock dar.“ Dennoch gebe es keine Monopolstrukturen, betont der Betriebswirt. „Die marktwirtschaft- lichen Prinzipien bleiben gewahrt.“ Die größten Indexanbieter äußern sich nicht konkret zu ihren Tarifmodellen. „Die Preis- gestaltung von S&P Dow Jones ist facetten- reich und an den Interessen und am Erfolg unserer Kunden ausgerichtet. Üblicherweise entwickeln sich die Gebühren, wenn Produkte und Märkte reifen“, teilte eine Sprecherin mit. MSCI ließ eine Anfrage unbeantwortet. Hochschulprofessor Schmitt kann den Marktstrukturen jedoch auch Positives abge- winnen. Denn die Vorrangstellung der Großen eröffne durchaus Raum für alternative Anbie- ter. „Diese besetzen die offenen Nischen“, sagt Schmitt. Und das durchaus mit Erfolg. So nennt der Burton-Taylor-Bericht das Frankfurter Haus Solactive als den Anbieter mit dem höchsten Umsatzwachstum im Jahr 2019. Die Erlöse kletterten gegenüber dem Vorjahr um fast 22 Prozent. Die Indexsparte des Finanzinformationsdienstes Bloomberg wiederum wartet, seit 2015 betrachtet, mit der höchsten Wachstumsrate auf. Erodierende Margen „Daneben etablieren sich auch alternative Lösungen, etwa Flat-Fee-Modelle. Bei diesen wird pauschal die Indexnutzung abgegolten, egal welches Vermögen die darauf fußenden Finanzprodukte aufweisen“, berichtet Schmitt. Der Branchenkenner vermutet zudem, dass der Kursverfall wegen der Corona-Pandemie die Margen im Indexgeschäft erodieren las- sen könne. Denn angesichts der ge- schrumpften Renditen und der nunmehr noch länger festgemeißelten Niedrig- zinsen achten Anleger noch genauer auf die Kosten, die mit ihren Investments einhergehen. „Ein Blick auf die Kostenstrukturen offenbart das Einsparpotenzial“, erläu- tert der Experte. Die Indexgebühren rangieren im Schnitt zwischen 0,2 und 0,7 Basispunkten des verwalteten Ver- mögens. „Das klingt zunächst nach wenig. Doch bei Spezialfonds für insti- tutionelle Investoren rangieren die Ver- waltungsgebühren mitunter bei zehn Basispunkten.“ Gehe man für den Asset Manager von einem Aufwand-Ertrags- verhältnis von 70 Prozent aus, blieben von zehn Basispunkten noch drei übrig. „Somit entsprächen allein die Index- gebühren gut einem Viertel des Gewinns des Asset Managers“, rechnet Schmitt vor. Ein weiterer bemerkenswerter Umbruch sei, dass die ETF-Anbieter eigene Indizes ent- wickeln und diese berechnen lassen. „Diese generischen Indizes können durchaus den gängigen ähneln, wenngleich sie diese natür- lich nicht eins zu eins kopieren dürfen“, er- läutert Schmitt. Allerdings sind solche Um- stellungen gewagt. „Die Namen der großen Indizes sind vielen Menschen geläufiger und damit vertriebstechnisch einfacher zu platzie- ren.“ Beispiele wie Vanguard und Amundi zeigen, dass eine Umstellung auf alternative oder hauseigene Indizes gelingen kann. Neue Anbieter greifen eher zu Alternativen. Eta- blierte Player nutzen sie tendenziell nur, wenn sie neue Felder erschließen. Dennoch kann dies die Indexpreise langfristig drücken. Neben den Gebühren für die Nutzung lau- ern in der Barometerwelt weitere Fallstricke. „Die Lizenzverträge sind sehr komplex. In den Werken ist sehr genau definiert, wofür die Daten verwendet werden dürfen und wofür nicht. Dies geht sogar so weit, dass geregelt wird, wo und wie Daten gespeichert werden dürfen“, berichtet Professor Schmitt. Auf- grund dieser Komplexität könne es rasch passieren, dass Indexdaten vertragswidrig verwendet werden. „Asset Manager laufen Gefahr, Verträge zu verletzen, einfach weil sie nicht den Überblick über die Datenverwen- dung haben.“ Eine Frage der Lizenz Auf der anderen Seite bestehe das Risiko einer Überlizenzierung. „So kann es vorkom- men, dass mehr Daten eingekauft werden als überhaupt nötig. Oder ein Asset Manager hat einen Fonds oder ein Mandat bereits einge- stellt, zahlt aber immer noch Gebühren für die Indexlizenz“, führt der Betriebswirt aus. „Ver- tragsverletzungen und eine Überlizenzierung lassen sich nur durch eine stringente Steue- rung des Datenhaushalts vermeiden. Dies ist natürlich mit Aufwand und Kosten verbun- den. Digitale Managementsysteme können dies unterstützen.“ Schmitt verweist zudem darauf, dass die Indexanbieter sich das Recht vorbehalten wür- den, in Audits zu prüfen, ob die Daten legal genutzt werden. „Und es gibt definitiv die Tendenz, dass die Anbieter dies verstärkt auch kontrollieren“, so der Marktkenner. „Je mehr Nischenanbieter auf den Markt kommen, desto geringer ist die Bereit- schaft der etablierten Anbieter, Ver- tragsverletzungen zu tolerieren. Das Risiko von Strafzahlungen ist hoch.“ Einer der großen Spieler meint hin- gegen, es gebe keine strikteren Kon- trollen. „S&P Dow Jones Indices beobachtet laufend die Verwendung der Indizes und Daten. Wir glauben nicht, dass wir hier aktiver oder weniger aktiv sind als in der Vergangenheit“, heißt es aus dem Haus. Dennoch dürfte ein Blick in die Vertragsdetails nicht scha- den, bevor ein Portfoliomanager leicht- fertig eine Benchmark auf ein Factsheet druckt oder ein Analyst Indexdaten auf seinem Laptop speichert. SEBASTIAN ERTINGER | FP Christian Schmitt, Hochschule der Bayerischen Wirtschaft: „Der Markt ist oligopolistisch geprägt.“ Maßgebliche Geschäfte Umsatzanteil der Indexanbieter Gesamtumsatz weltweit 2019: 3,7 Milliarden Dollar Das Top-Trio der Indexindustrie vereinnahmt nahezu 70 Prozent der Umsätze. Doch kleine Anbieter holen auf. Quelle: Burton-Taylor Sonstige 30,1 % FTSE Russell 20,5 % MSCI 24,7 % S&P Dow Jones 24,7 % www.fondsprofessionell.at | 2/2020 197

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