FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020

Unterschied gibt es lediglich bezüglich der Listing-Location: Der Magellan C ist ein in Frankreich aufgelegter SICAV-Fonds, wäh- rend der Comgest Growth Emerging Markets ein in Irland zugelassener UCITS-Fonds ist. Wir haben die irische Variante Ende 2003 auf- gelegt, unter anderem um einfacher an Kun- den außerhalb Europas vertreiben zu können. Heuser: Wenn Sie eingangs von einem Quality-Growth-Ansatz gesprochen haben: Wie definieren Sie Begriffe wie Qualität und Wachstum? Stanislawski: Im Prinzip beeinflussen natür- lich auf kurze Sicht sehr viele Faktoren die Entwicklung des Aktienkurses eines Unter- nehmens. Wir erleben das gerade wieder im Zusammenhang mit den bisher kaum abzu- schätzenden Auswirkungen des Coronavirus, aber das können auch die Zinsentscheidungen von Zentralbanken sein, die Verlautbarungen von Regierungen in Bezug auf die Haushalts- situation eines Landes wie auch die Verän- derung des regulatorischen Umfelds oder der Wettbewerbsbedingungen, denen ein Unter- nehmen unterliegt. Auf lange Sicht aber ist in erster Linie eines entscheidend für die Kurs- entwicklung einer Aktie: die Fundamental- daten zum Unternehmen selbst. Anders ge- sagt: Das Wachstum des Aktienkurses wird sich auf lange Sicht dem Wachstum des Gewinns je Aktie annähern. Dementsprechend führt ein nachhaltiges und wenig volatiles Wachstum des Gewinns je Aktie zu einem überdurchschnittlichen Renditepotenzial bei einem gleichzeitig unterdurchschnittlichen Ri- siko, das damit verbunden ist. Es führt auch dazu, dass wir nichtfinanziellen Kriterien ho- hen Stellenwert einräumen und in den Invest- mentprozess integrieren, denn sie schärfen un- ser Verständnis für Risiken. Stanislawski: Deshalb definiert sich Qualität nach unserem Verständnis über die Fähigkeit eines Unternehmens, ein entsprechend über- durchschnittliches Wachstum seines Gewinns je Aktie über einen langen Zeitraum zu gene- rieren. Wir versuchen, ähnlich einer Holding- gesellschaft, langfristig und sehr konzentriert zu investieren. Wir konzentrieren uns dabei wie gesagt auf eine stark begrenzte Zahl von Titeln, die es uns erlaubt, das Portfolio zu di- versifizieren, ohne dass wir unsere Überzeu- gung verwässern müssten. Bei der konkreten Auswahl setzen wir daher mit unserem Bot- tom-up-Ansatz bei den wesentli- chen Kennzahlen des Unterneh- mens an. Das betrifft nicht nur das Geschäftsmodell und finanzielle Kriterien, wir berücksichtigen auch vorhandene Eintrittsbarrieren, über die ein Unternehmen möglichst verfügen sollte. Nicht zuletzt fließen Nachhal- tigkeitsfaktoren in die Analyse mit ein, um die Erfolgsaussichten eines Unternehmens ganz- heitlich einschätzen zu können. Heuser: Bleiben wir kurz bei den Aspekten Geschäftsmodell und Finanzkennzahlen. Was sollte ein Unternehmen in dieser Hinsicht mitbringen, um es ins Portfolio zu schaffen? Wolter: An allererster Stelle geht es um die Transparenz, also die Durchschaubarkeit und Verständlichkeit des Geschäftsmodells. Wenn wir Schwierigkeiten haben zu verstehen, wie ein Unternehmen seine Umsätze und seine Gewinne erwirtschaftet, dann lassen wir lieber die Finger davon. Es sollte zudem nachweis- bar wiederkehrende Erträge erzielen, über eine gewisse Preissetzungsmacht in seiner Branche verfügen und in Bezug auf seine Kunden und Zulieferer konzentriert agieren, statt sich zu verzetteln. Stanislawski: Was die finanziellen Kriterien angeht, legen wir Wert auf die nachweisliche Fähigkeit zu einem starken Gewinnanstieg, konkret sollte die jährliche Steigerung des Ge- winns je Aktie größer als zehn Prozent sein und zwar über einen Zeitraum von minde- stens fünf Jahren. Darüber hinaus sollte die Eigenkapitalrendite einen Wert von mehr als 15 Prozent erreichen. Eine starke Innenfinan- zierungskraft ist uns wichtig, um Wachstum ohne die launigen Kapitalmärkte langfristig finanzieren zu können bei gleichzeitig soliden Bilanzen. Solche Unternehmen verdienen Ka- pitalrenditen, die ihre Kapitalkosten klar über- steigen. In der Regel weisen die so definierten Kandidaten zudem höhere Gewinnmargen auf als der Durchschnitt ihrer Wettbewerber. Wichtig festzuhalten scheint mir in dem Zusammenhang: Unternehmen zu finden, die ein zweistelliges Gewinnwachstum über Zeit- räume von drei oder auch vier und fünf Jah- ren aufweisen, ist nicht allzu schwer. Die Emil Wolter: „Wenn wir Schwierigkeiten haben, zu verstehen, wie ein Unternehmen seine Umsätze und seine Gewinne erwirtschaftet, dann lassen wir lieber die Finger davon.“ 68 www.fondsprofessionell.at | 1/2020 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Das Wachstum des Aktien- kurses wird sich auf lange Sicht dem Wachstum des Gewinns je Aktie annähern. « Wojciech Stanislawski, Comgest Alle Fotos: © François Daburon

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=