FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020
Gegenüber daher braucht. „Irgendwann gehst du ins echte Beratungsgespräch über. Das ist kein Tool, das den Berater ersetzt, sondern ein vorgelagertes“, erklärt Widtmann. Bei der Texterkennung im Bereich Finanzberatung sei Riskine „im deutschsprachigen Raum am weitesten“, so der Unternehmer, der auch andere Fintechs beliefert. Stimmungsbarometer In einer anderen Anwendung nützt man künstliche Intelligenz als Marktbeobachter: Der „Risk Sentiment Recommender“ durch- forstet das Web nach Risikonachrichten und visualisiert laufend, wie stark gerade über Arbeitslosigkeit, Coronavirus und andere Probleme diskutiert wird. „Da geht es um Sorgen, die kognitiv sehr stark besetzt sind. Man kann den Gesprächspartner damit bei seinen Bedürfnissen abholen“, so Widtmann. Ebenfalls auf KI-Basis arbeitet ein Programm, das zeigt, was andere Kunden in der gleichen Situation gekauft haben – der „Product Recommender“. Typisch Fintech ist auch bei Riskine (Aussprache „Riskein“ ) alles auf Englisch „gebrandet“. Es ist ein bisschen wie in guten alten TV-Serien: Was ein „Super Pursuit Mode“ ist, weiß der Zuseher erst, wenn der zuständige Filmheld damit das Auto beschleunigt. Dieser Aha-Effekt soll sich, wenn es nach Riskine geht, künftig vermehrt bei den Ver- mögensberatern einstellen. Ein Bereich, in den das Unternehmen, das anfangs vorwiegend Produkte für den Versicherungsbereich ent- wickelt hat, stark hineindrängt. Das Team arbeitet unter anderem an einem Gesamtsys- tem, das die drei Säulen der Pensionsvorsorge vereint. „Wir sehen eine Renaissance der 360- Grad-Beratung und haben Projekte mit großen Playern zum ganzheitlichen Vermögensma- nagement“, so Widtmann. Interessanter Aspekt: Motor für den Trend seien internationale Versicherer und nicht nur, wie man vermuten könnte, die Banken, deren Produktladen ja vom Kredit bis zur Vorsorge reicht. Die Assekuranzen würden Geschäfts- modelle für die umfassende Finanzberatung sondieren und sich deutlich in Richtung Bank- geschäft bewegen. „Da ist im deutschsprachi- gen Versicherungsraum gerade ein heißes Thema“, sagt Widtmann. Mitdenkende Werkzeuge Um dem Trend Rechnung zu tragen, arbei- tet Riskine daran, dass seine Werkzeuge über den Lebenszyklus hinweg „mitdenken“ und den Berater aktiv auf Änderungen hinweisen. „Die eventgetriebene Beratung ist momentan unser größtes Investment. Ich berate künftig nicht mehr zu einer bestimmten Versicherung, sondern zu dem Lebensevent, das ich iden- tifiziere: Umzug, Jobwechsel, Kind“, sagt Widtmann. Wesentlich werde da einmal mehr die Kooperation von Versicherungen und Banken beziehungsweise sind Versicherun- gen, die Bankkoperationen haben, im Vorteil. Denn: „Aus der Bank kommen mehr event- getriebenen Daten. Sie ist gegenüber der Ver- sicherung in der Poleposition“, sagt Widt- mann. Den Weg für solche Szenarien hat ja bereits die PSD-II-Regulierung geebnet, dank der der Kunde Drittanbieter auf sein Konto zugreifen lassen kann. Stellt sich die Frage, ob die automatisierte Datenanalyse auch problematisch sein kann – etwa weil sie Menschen aufgrund errechneter Wahrscheinlichkeiten in ein Eck drängt. Be- kannt ist zum Beispiel, dass manche Anbieter Bonitäten auf Basis von Name oder Wohn- adresse ermitteln. Kürzlich kritisierte aus- gerechnet Apple-Mitgründer Steve Wozniak den Apple-Pay-Algorithmus, weil dieser seiner Frau einen geringeren Kreditrahmen gewährte, trotz gleichen Vermögenshinter- grunds. Bonitätsberechnungen mache Riskine nicht, so Widtmann, man greife, etwa bei Businesskundenlösungen, auf Anbieterdaten wie KSV oder Firmenbuch zurück. „Wir erklären bei jedem Schritt, warum wir eine Angabe brauchen oder in welchen Daten- banken wir nachsehen. Es geht nicht, dass man sagt, ich zeig dir deine Risiken, aber ich sag dir nicht, wie wir sie berechnen“, stellt Widtmann klar. Die Kundendaten würden ausschließlich den Partnern gehören. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Riskine im Überblick • Gründung: 2016 – Cash Flow Positive • Umsatz: 1,3 Millionen Euro • Team: 28 (18 Mathematiker + IT und Business) • Märkte: Österreich, D, Schweiz, Spanien, Italien • Eigenbeschreibung: DeepTech aus Wien – Intelligenz durch Algorithmus und Daten • Kunden: Banken, Versicherungen, Fintechs • Alleinstellungsmerkmal: Eigenangaben zufolge führend bei Texterkennung im deutschsprachigen Finanzbereich Ein Überblick über wichtige Kunden und Partner: Banken : Erste, Oberbank, BKS, BTV, Bawag, Sparda. Versicherungsbereich: Allver, CBN Brokernetwork, Generali, Merkur, OBV, Swiss Life Select, Wefox, Wiener Städtische, Together CCA, Wüstenrot. Sonstige: Arbeiterkammer, Argemed, AUVA, aws, durch- blicker.at , VKI, ESSL (European Severe Storms Labora- tory), FFG, Oasis (Umweltrisikodaten), Pensionskonto.at, Universität Wien Quelle: Riskine » Wir sehen eine Renaissance der 360-Grad-Beratung und haben Projekte mit großen Playern zum ganzheitlichen Vermögensmanagement. « Ralf Widtmann, Riskine Echtzeitberechnung der Lebensrisiken Ein Beispiel für die Visualisierung des Versicherungsbedarfs: in diesem Fall eine Variante für die Privatkundenberatung. Für Firmenkunden stehen komplexere Ausführungen zur Verfügung. Quelle: Riskine www.fondsprofessionell.at | 1/2020 193
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