FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020

Foto: © Günter Menzl E igentlich wollte Daniel Jelitzka Anwalt werden. Doch nach seinem Jura-Doktorat in Graz kam alles an- ders. Er ging nicht wie geplant nach Wien, sondern nach Frankfurt, um in der Main-Metropole Immobilienökonomie zu studieren. Zurück in Wien, gründete Jelitzka nach zweijähriger Tätigkeit bei der Constantia mit einem Partner sein eigenes Unternehmen. „Ich wollte das machen, was ich für richtig halte, und mich nicht vor Dritten rechtfertigen. Die Freiheit des Unternehmertums war der Motor, dass ich mich selbstständig gemacht habe“, erzählt Jelitzka seine Entscheidung. Die JP Immobilien Gruppe ist schwer- punktmäßig Bauträger, Investor und Mak- ler. Außerdem beschäftigt sich das Unterneh- men mit Hotels und immobilienaffinen Invest- ments. Groß geworden ist JP mit dem Bau- trägergeschäft. Seit 1996 entstanden in über 300 Immobilien rund 3.500 Wohnungen und Büros. Zurzeit entwickelt die Unternehmens- gruppe nach eigenen Angaben eine Gesamt- fläche von 100.000 Quadratmetern in Wien sowie etwa 1.000 Hotelzimmer in Wien und im Ausland. Außerdem verfügt JP über ein Zinshausportfolio mit einer Gesamtfläche von derzeit 180.000 Quadratmetern. In unregel- mäßigen Abständen verkauft JP kleine Pakete an institutionelle Investoren und Family Offices. Das Marktumfeld bewertet Jelitzka trotz politischer Widrigkeiten sehr positiv. In den vergangenen Jahren ist sehr viel Geld in Immobilien geflossen, und es ist immer noch viel Kapital am Markt. Der Investmentmarkt gilt deshalb als angespannt. Sind bei Immobilien noch attraktive Renditen möglich? Daniel Jelitzka: Dort, wo viele Eigentümer hinziehen, sind die Preise tendenziell höher und damit die Renditen schwächer. Und die guten Renditelagen sind meistens die, wo die Eigennutzer nicht hinziehen. In einem abge- halfterten Bezirk kann man günstig einkaufen und eine gute Rendite erzielen. Im ersten Be- zirk will jeder wohnen, und da ist es genau umgekehrt: Die Preise sind hoch und die Ren- diten niedrig. Sie sind im Wohnungs-, Hotel- und Büromarkt aktiv. Wie haben sich diese Immobilienmärkte entwickelt? Der Wohnungsmarkt entwickelt sich nach wie vor sehr gut. In Wien werden jedes Jahr bis zu 14.000 Wohnungen nachgefragt, und nur die Hälfte wird produziert. Die Eigentums- wohnungen werden sowohl von Anlegern als auch von Eigennutzern stark nachgefragt. Wir haben aber momentan das Problem, dass die 2019 in Wien eingeführte Flächenwidmung „Geförderter Wohnbau“ zu einer Verknap- pung und Verteuerung von frei finanzierten Wohnungen führt. Woran liegt das? Viele Grundstücke werden nicht mehr ver- kauft, weil Flächen, die für den Wohnbau um- gewidmet werden, zu zwei Drittel dem geför- derten Wohnbau zugeschrieben werden müs- sen. Dadurch bekommen die Eigentümer von Gewerbeflächen, die umgewidmet werden könnten, beim Verkauf weniger als vor zwei Jahren. Folglich ist die Nachfrage bei den ver- fügbaren Projekten noch größer geworden, was sie im Einkauf noch teurer macht. Diese Änderung im Wiener Baurecht ist eine Folge der Diskussionen über das leistbare Wohnen. Sehen Sie hier keinen Handlungsbedarf? Doch, aber man kann ihn nicht mit einem Mietzinsdeckel oder mit enteignungsähn- lichen Regelungen wie der Widmung „Geförderter Wohnbau“ lösen. Es gibt viele Ansätze, wie man Wohnen leistbarer machen kann. Die Widmungs- und Bau- verfahren müssten verkürzt und Vorschrif- ten, die längst nicht mehr zeitgemäß sind, entrümpelt werden. Stattdessen kommen laufend neue Techniknovellen mit zusätz- lichen Vorschriften. Warum wird am Stell- platzregulativ festgehalten, obwohl immer weniger Menschen in der Stadt ein Auto haben? Könnten wir auf die Stellplätze ver- zichten, wäre das Bauen billiger. 40 Prozent der Rohbaukosten entstehen im Keller und in den Untergeschoßen für die Parkplätze. Es gibt viele Stellschrauben, an denen man dre- hen könnte, ohne dass das jemandem wirklich wehtut. Sie und Ihre Branchenkollegen haben das doch sicher schon unzählige Male mit Politikern diskutiert. Wie sind denn die Reaktionen? Politik ist schwierig, und das Thema Wohnen wird nur in Ausnahmefällen aufgegriffen, weil es alle betrifft. In Wien herrscht aber leider die breite Meinung, dass jeder am besten gratis wohnen muss. Wohnen wird von vielen Mie- tern als „kostenloses“ Grundrecht verstanden. Die Wohnkosten sind für die Mieter so stark gestiegen, dass sie bei vielen inzwi- schen deutlich über dem empfohlenen Drittel des Haushaltseinkommens liegen. In Wien ist das Wohnen so billig wie in keiner anderen Metropole Europas. Abgesehen davon sind die Betriebskosten in den vergan- genen Jahren viel stärker gestiegen als die Nettomiete. Fakt ist, dass alle Miet- und Eigentumswohnungen problemlos absorbiert werden. Neben der Technischen Universität residiert die JP Immobilien Gruppe in einem prächtigen Altbau. Die historischen Zinshäuser sind ein Grund für die Beliebtheit des Wiener Immobilienmarktes. FONDS professionell sprach mit Geschäftsführer Daniel Jelitzka über die jüngsten Entwicklungen. „Die Bauvorschriften müssen » In Wien herrscht leider die breite Meinung, dass jeder am besten gratis wohnen muss. « Daniel Jelitzka, JP Immobilien sachwerte I daniel jelitzka | j&p immobilienmakler 164 www.fondsprofessionell.at | 1/2020

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