FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020
Die drei Hochschullehrer gleichen in ihrer Studie die freiwilligen Meldungen von 1.294 US-Rentenfonds an Morningstar aus den Jah- ren 2003 bis 2019 mit den Portfoliodaten der Finanzaufsicht SEC ab. Die Fondsmana- ger müssen per Pflichtmitteilung quartals- weise die Bestände bei der Behörde ein- reichen. Die Basis für die Risikoein- stufung der Anleihen sind die Bonitäts- bewertungen, die Ratinggesellschaften wie Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch veröffentlichen. Anhand der Boni- tätseinstufung der Rentenpapiere werden dann die Gesamtportfolios in die entspre- chenden Klassen eingeteilt. Scheinbare Outperformance Sowohl die Pflichtmeldungen als auch die Ratingdaten bezogen die Studienautoren von Morningstar. Der Datenanbieter verfügt also über beide Seiten – die von den Fondsmana- gern gemeldeten sowie die von der SEC und den Ratingagenturen erstellten Kennzahlen. Gleichwohl verlasse sich Morningstar bei sei- nen Einstufungen und Bewertungen augen- scheinlich allein auf die gemeldeten Angaben der Asset Manager – obgleich diese oftmals nicht korrekt seien, so die drei Forscher. Dadurch erscheinen die Portfolios besser, als sie sind. „Fonds mit falsch zugeordneten Anleihen weisen höhere Renditen aus, ob- gleich sie in der gleichen Risikogruppe ran- gieren wie Fonds mit korrekt zugeordneten Anleihen“, erläutert Chen. Daraus resultiere eine scheinbare Outperformance je Quartal von im Schnitt 10,3 Basispunkten gegenüber den Mitbewerbern. Vergleiche man hingegen die fehlsortierten Fonds mit der richtigen Ver- gleichsgruppe, würden sie sich als allenfalls mittelmäßige Performer entpuppen. Die falsche Klassifizierung kann kein Zufall sein, hebt das Trio hervor. Denn 99 Prozent der Fehlsortierungen hieven den jeweiligen Fonds in eine bessere Risikokate- gorie – und nur ein Prozent der Irrläufer führt zu einer Herabstufung in eine schlechtere Gruppe. Zudem beobachten die drei Hoch- schullehrer, dass Asset Manager besonders dann aufgehübschte Bestandsdaten melden, wenn sie zuvor schwache Ergebnisse erziel- ten. Lieferten die Fondslenker hingegen zu- letzt gute Leistungen ab, liegt die Quote der Fehlberichte deutlich niedriger. Über den ge- samten Beobachtungszeitraum gesehen steige generell die Tendenz zu Fehlmeldungen. Cohen, Gurun und Chen vermuten dahinter knallharte ökonomische Interessen. „Im Schnitt erhalten die fehlklassifizierten Fonds 0,34 Sterne mehr als ihre Vergleichsgruppe“, erklären die Experten. Dies verschaffe den Fondsanbietern klare Vorteile. Die aufge- hübschten Portfolios verzeichnen nämlich um fast 14 Prozent höhere Mittelzuflüsse als die ehrliche Konkurrenz. Und sie verlangen fast zehn Prozent höhere Gebühren pro Jahr. „Alle Indizien deuten darauf hin, dass die fehlerhaften Berichte der Fondsmanager einen handfesten Einfluss auf das Verhalten der Investoren und den Erfolg von Publikums- fonds haben“, resümieren die Autoren. „Falsch klassifizierte Fonds ernten echte Vor- teile aus der inkorrekt zugeschriebenen Out- performance. Denn sie können dank der unverdienten Extra-Sterne höhere Gebühren durchsetzen und zugleich noch höhere Mittel- zuflüsse von Anlegern einheimsen.“ Die Analysten von Morningstar haben sich der Kritik des Professoren-Trios angenommen und die Datenlage daraufhin eingehend durch- leuchtet. Die Ratingexperten kommen zu dem Schluss, dass Cohen, Gurun und Chen falsch- liegen. Sie weisen die Ergebnisse der Studie zurück und halten fest, dass die gemeldeten Portfoliodaten weitgehend korrekt seien. Und selbst wenn es zu falschen Einstufungen gekommen sei, hätten diese nicht zu einer besseren Einstufung von Fonds geführt. Dem- zufolge seien die Sterne-Ratings von Mor- ningstar nicht anfällig für Manipulation, sondern würden vielmehr absolut ange- messen das Rendite- und Risikoverhältnis der Bondfonds widerspiegeln. Drei Gegenargumente Konkret widersprechen die Morning- star-Analysten der Autorengruppe in drei Punkten. Zunächst einmal klaffe die an das Haus gemeldete Kreditqualität mit den von den Forschern zusammengetragenen Da- ten überwiegend an einer Stelle auseinander: bei Anleihen ohne Rating. Die Studienautoren würden annehmen, dass Bonds ohne Bewer- tung im Schnitt eine eher schwache Bonität aufweisen. Tatsächlich aber könne das Mor- ningstar-System, von dem die Autoren des Diskussionspapiers auch die „echten“ Port- foliodaten und Ratings bezogen, nicht allen Anleihen eine Bonitätsnote zuweisen. So ver- fügen etwa einige Schuldner allein auf Emit- tentenebene über eine Bewertung. Die einzel- nen Bond-Emissionen tragen auf dem Papier somit zwar keine Note, faktisch entspricht die Kreditwürdigkeit aber der des Emittenten. Die Fondsmanager wiederum melden für die von ihnen gehaltenen Anleihen das Emit- tentenrating – was durchaus berechtigt sei. „Die Autoren schreiben solche Diskrepanzen dem Verlangen der Fondsgesellschaften zu, die Kreditqualität zu beschönigen, um bessere Huaizhi Chen, Universität Notre Dame: „Viele Fonds sind tatsächlich voller Ramschanleihen.“ Lauren Cohen, Universität Harvard: „Die fehlerhaften Berichte haben einen handfesten Einfluss auf Investoren.“ » Über das gesamte Spektrum der Anleihenfonds hinweg stellten wir eine erhebliche Fehlklassifizierung fest. « Huaizhi Chen, Universität Notre Dame www.fondsprofessionell.at | 1/2020 103
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