FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

8 8 fließt. Der Berechnung zufolge gingen 57 Prozent des Gesamtbetrags an US-Behörden, 37 Prozent an geschädigte Kunden und ledig- lich sechs Prozent an europäische Aufseher. Millionen für die Tippgeber In den USA kommt ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Strafen dem Finanzministe- rium zugute, zeigen Recherchen des „Wall Street Journal“. Die Mittel fließen in den all- gemeinen Haushalt der USA. Ein weiterer großer Teil geht als Entschädigung an Kun- den. Einen kleineren Betrag erhalten die US- Bundesstaaten. Zu den Hauptprofiteuren zäh- len die Staaten, deren Generalstaatsanwälte intensiv bei der Aufdeckung der Machen- schaften mitgewirkt haben. New York, New Jersey und Delaware haben sich da hervorge- tan. Hier haben allerdings auch viele Finanz- dienstleister ihren Sitz. Zudem erhalten Tippgeber eine Belohnung. So kassierten drei Whistleblower der Bank of America insgesamt 83 Millionen US-Dollar. Sie hatten der Aufsicht SEC Hinweise gelie- fert, wie bei der im Zuge der Finanzkrise ein- verleibten Investmentbank Merrill Lynch Kundengelder für riskante Eigengeschäfte ge- nutzt worden waren. Zum allgemeinen Wohlsein In Europa kommen die Banksühnen meist dem Staatshaushalt zugute. So gilt etwa für Bußgeldbescheide der deutschen Finanzauf- sicht Bafin: „Geldbußen fließen gemäß Para- graf 90 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungs- widrigkeiten in die Bundeskasse“, so ein Be- hördensprecher. „Die entsprechenden Mittel sind nicht zweckgebunden und verblei- ben weder bei der Bafin noch beim Bun- desministerium der Finanzen.“ Vielmehr stünden sie dem Bund zur Deckung all- gemeiner Ausgaben zur Verfügung. „Eine Möglichkeit, Zahlungen an bestimmte, zum Beispiel mildtätige oder gemeinnüt- zige Zwecke oder Einrichtungen anzu- ordnen, besteht nicht“, so der Sprecher. Etwas anders sieht es in Österreich aus. Dort gehen gemäß Paragraf 15 des Ver- waltungsstrafgesetzes von einer Behörde verhängte Geldstrafen an den Sozial- hilfeverband des Landes, an dem das Amt seinen Sitz hat, teilt die Finanzauf- sicht FMAmit. „Von der FMA verhängte Geldstrafen fließen daher dem Sozialamt der Stadt Wien zu“, sagt ein Sprecher der Behörde. Zunehmend werde aber in den Verwaltungsvorschriften oder den jewei- ligen Gesetzen bestimmt, dass die Bußen dem Bund und damit dem allgemeinen Budget zu- gehen. „In keinem Fall fließen die Geldstrafen der FMA zu. Sie kann weder darüber verfü- gen noch Zahlungen an bestimmte Zwecke oder Einrichtungen anordnen“, ergänzt der Sprecher. Auch in Großbritannien fließen die Bußgel- der seit 2012 in den allgemeinen Staatshaus- halt. Das Finanzministerium proklamierte allerdings, die Mittel aus Strafzahlungen wegen der Manipulation des Leitzinses Libor vor allem Veteranenorganisationen oder der Luftrettung zugutekommen zu lassen. Vor 2012 dienten die Einnahmen aus Strafen der Finanzierung der Aufsicht. Dies minderte die Pflichtabgabe, die alle beaufsichtigten Finanz- dienstleister an die Behörde leisten – ein Nebeneffekt, der auf Kritik stieß. Die britische Variante der Terminator-Wer- bung zählt jedoch zweifellos zu den besonders kreativen Formen des Strafzettels. Bei den im Fernsehen und im Internet geschalteten Spots, flankiert von Plakaten und Radiowerbung, rief Schwarzenegger Verbraucher vehement dazu auf, Schadenersatzansprüche aus den fälsch- lich verkauften Kreditversicherungen zu mel- den. „Entscheide dich!“, brüllt der auf einen Miniatur-Panzer montierte Kopf des Termina- tors in einem der Filme einen unentschlosse- nen Einkäufer in einem Supermarkt an – und fügt hinzu: „Tu es jetzt!“ Die Banken fordern damit gezwungener- maßen weitere Entschädigungsforderungen heraus – auf eigene Rechnung wohlgemerkt. Denn die FCA bestreitet die Gage für den Ter- minator-Auftritt nicht aus ihrem eigenen Bud- get. Vielmehr tragen die Geldhäuser, die in den Skandal verwickelt sind, komplett die Kosten der Kampagne. Die Ausgaben bezif- ferten sich auf mehr als 40 Millionen Pfund. In das Drama verwickelt waren unter anderem die Großbanken Lloyds, Royal Bank of Scot- land (RBS), Barclays, HSBC und der briti- sche Ableger der Santander Bank. Triumph für den Terminator Der erste Spot mit Schwarzenegger als – im wörtlichen Sinne – Kopf lief 2017. „Seit wir die Kampagne gestartet haben, forderten deutlich mehr Menschen direkt bei den betrof- fenen Finanzinstituten ihr Geld zurück“, sagt FCA-Chef Andrew Bailey. Zuvor war die Zahl der PPI-Beschwerden rückläufig gewesen. Im ersten Halbjahr 2019 mel- deten 1,94 Millionen Briten einen mög- lichen PPI-Schaden bei ihrer Bank. Die Frist zum Einreichen von Ansprüchen endete imAugust dieses Jahres. Die Summe der daraus erwachsenen Ansprüche ist enorm: Die Geldhäuser zahlten der FCA zufolge von 2011 bis zur Jahresmitte 2019 mehr als 36 Milliarden Pfund an Entschädigung aus. Im August – kurz vor Ablauf der Frist – liefen die Telefone bei den Beschwerdestellen der Banken heiß. Aufgrund des hohen Auf- kommens meldeten einige Institute, dass sie bis Sommer 2020 brauchen werden, um alle Ansprüche abzuarbeiten und gegebenenfalls auszuzahlen. Schwarzen- eggers brachiale Aufrufe entfalteten of- fenbar Wirkung. SEBASTIAN ERTINGER | FP Gerold Grasshoff, Boston Consulting Group: „Speziell die europäischen Banken stehen unter Druck.“ An wen die Bußgelder fließen Empfänger der gesamten Strafzahlungen der jeweils 50 größten Banken in Europa und den USA (2009 bis 2018) Bis 2015 wurden nur Strafen höher als 50 Millionen US-Dollar berücksichtigt, ab 2015 fließen Strafen über 20 Millionen Dollar in die Aufstellung ein. Quelle: Boston Consulting Group Europäische Aufseher 22 Mrd. US-Dollar 0 Kunden 136 Mrd. US-Dollar Nord- ameri- kanische Aufseher 213 Mrd. US-Dollar www.fondsprofessionell.at | 4/2019 251

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