FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

Foto: © Axel Gaube Z um ersten Mal betritt Hamish Forsyth das neue Frankfurter Büro der Capital Group – die Gesell- schaft hat gerade erst die Räume mit Blick auf den Park der Taunusanlage und das Bahnhofsviertel bezogen. Der Europa- und Asienchef des amerikanischen Fonds- riesen reiste aus London zur feierlichen Eröffnung an. Im Interview erläutert For- syth, welche Pläne die Gesellschaft hegt. Herr Forsyth, die Capital Group hat ihre Präsenz hierzulande ausgebaut. Welche Wachstumsziele verfolgt Ihr Haus? Hamish Forsyth: Die Messlatte für unsere Ziele in Europa ist die Größe unserer Luxem- burger UCITS-Fonds-Palette. Wir peilen dort ein Volumen von 50 bis 100 Milliarden US- Dollar an, das wir in den kommenden Jahren erreichen wollen. Derzeit beziffert sich das verwaltete Vermögen der Plattform auf 15 Milliarden US-Dollar. Sie sagten, in den kommenden Jahren – verraten Sie uns auch, wann genau Sie dieses Volumen erreicht haben wollen? Ja, diese Formulierung lässt uns etwas Spiel- raum zum Manövrieren (lacht) . Im Ernst: Ich bin 50 Jahre alt, wir sollten dieses Ziel defi- nitiv noch im Lauf meines Arbeitslebens erreichen. Wir sind der größte aktive Manager der Welt. Wir verwalten insgesamt ein Vermögen von 1,9 Billionen US-Dollar. Das spiegelt sich in unserer Position in Europa gegenwärtig nicht wider. Das müssen wir zurechtrücken. Wie kam es zu dieser Diskrepanz? Die Umstände sind im Grunde sehr erfreulich. In den USA bauten wir ein florierendes Ge- schäft auf, das auf dem Vertrieb von Publi- kumsfonds an Privatanleger fußt. Das Ange- bot stieß bei Endkunden sowie deren Finanz- beratern augenscheinlich auf großes Interesse – und das über lange Zeit. Das verwaltete Vermögen stieg. Wir haben also einen guten Job gemacht. In Europa konzentrierten wir uns hingegen auf das institutionelle Geschäft. Warum? Im institutionellen Bereich sind die Eintritts- hürden etwas niedriger, und er erfordert nicht ganz so umfangreiche Ressourcen und Inves- titionen vor Ort wie im Retailbereich, um reüssieren zu können. Der europäische Markt ist nicht gänzlich neu für uns. Unser erstes Büro außerhalb der USA haben wir 1962 in Europa eröffnet, und 1969 waren wir einer der ersten US-amerikanischen Vermögensverwal- ter, die einen in Luxemburg ansässigen Fonds für europäische Anleger auf den Markt brach- ten. Schon seit mehr als 20 Jahren verwalten wir Geld für deutsche Anleger und sind im deutschsprachigen Raum aktiv. Aber erst in den vergangenen fünf Jahren haben wir syste- matisch und gezielt auch die Fondsselektoren von Vermögensverwaltern, Privatbanken und anderen Retailvertrieben angesprochen. In den USA ist das unser Brot-und-Butter-Geschäft. In Europa schlägt unser Haus damit neue We- ge ein. Und warum bearbeiten Sie in Europa erst jetzt auch das Retail-Feld? Dies erfordert ein sehr bedeutendes En- gagement und den Aufbau einer umfassenden Infrastruktur. Wenn man rund um den Globus die größten Finanzintermediäre ernsthaft be- treuen möchte – von Miami bis Sydney, von Tokio bis Hongkong oder von Am- sterdam bis Zürich –, dann muss man sich zu einem langfristigen Bekenntnis durch- ringen. Das haben Sie nun getan? Ja. Wir haben lange mit demAufbau einer internationalen Präsenz im Retailgeschäft gezögert. Dies entspringt der konservati- ven, bis zu einem gewissen Grad sogar ri- sikoscheuen Kultur unseres Unterneh- mens. Doch langsam reifte die Erkenntnis, dass die bedeutenden Finanzintermediäre überall dort auf der Welt von uns betreut werden möchten, wo sie selbst präsent sind. Daher beschlossen wir, hier in Frankfurt ein Büro zu eröffnen und mit deutschsprachigen Investmentprofis zu besetzen. Dasselbe wie- derholen wir in Mailand, Madrid und überall rund um die Welt. Andere angelsächsische Häuser sind schon weitaus länger hier aktiv. Schon in den 1960er-Jahren stand die Capital Group sehr kurz davor, nach Europa zu ex- pandieren. Die Pläne waren ausgearbeitet. Wir wollten genau das wiederholen, was wir in den USA bereits aufgebaut hatten: ein Publi- kumsfondsgeschäft mit einer breiten Basis un- ter Endanlegern. Allerdings unterbrachen wir unsere Bemühungen, als der Skandal um den Finanzkonzern Investors Overseas Services, kurz IOS, von Bernard Cornfeld hochkochte. Das zerstörte damals den Markt in Europa. Wir waren eigentlich startklar, doch der Bo- den wurde unter unseren Füßen weggerissen. Erst in den 1980er-Jahren wurde der grenz- überschreitende Fondsvertrieb durch die erste UCITS-Richtlinie letztendlich wiederbelebt. Zu diesem Zeitpunkt sind wir jedoch nicht eingestiegen. Dieses Mal wollen Sie Ihr Engagement fortführen? Wenn wir uns einmal zu einer so weitrei- chenden Entscheidung durchgerungen und ein Die Capital Group zählt zu den größten Asset Managern der Welt. Im europäischen Retailgeschäft spielt der Riese aber keine große Rolle. Doch das soll sich ändern. Europa- und Asienchef Hamish Forsyth verrät, wie das Haus punkten will – und warum es eine frühere Expansion nach Europa abgeblasen hat. „Wir sind hierhergekommen, » In den USA ist der Retailvertrieb unser Brot-und-Butter-Geschäft. In Europa schlägt unser Haus damit neue Wege ein. « Hamish Forsyth, Capital Group vertrieb & praxis I hamish forsyth | capital group 208 www.fondsprofessionell.at | 4/2019

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