FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

4 www.fondsprofessionell.at | 3/2019 brief der herausgeber M ittlerweile liegen bei Aktien, Anleihen und Immobilien mehr als zehn „gute“ Jahre hinter uns. Der Anstieg verlief zwar nicht ohne zwischenzeitliche Rückschläge, von schweren Kurseinbrüchen blieb man – auf Ebene der Indizes – aber verschont. Mit einemWeltaktienindex hätte man in den letzten zehn Jahren mehr als sieben Prozent jährlichen Ertrag erzielt. Zu verdanken war dies allerdings vor allem Nordamerika, mit einem globalen Aktieninvest- ment ohne USA läge man über fünf Jahre bereits im Minus (Stand Anfang September). Und die weiteren Aussichten für Aktien trüben sich ein. Die Angst vor einer Rezession bestimmt schon geraume Zeit die Mittelzu- und -abflüsse bei Investmentfonds, und auch optimistische Marktteilneh- mer gehen mehrheitlich nicht davon aus, dass die kommenden zehn Jahre ähnliche Erträge bringen werden wie die hinter uns liegende Dekade. Die US-Investmentgesellschaft GMO erstellte Mitte des Jah- res Prognosen bezüglich der realen Renditen für fünf Aktienmärkte beziehungsweise -kategorien und für fünf Anleihenklassen, wobei man sieben Jahre in die Zukunft blickte. Die Ergebnisse sind ernüch- ternd: Für US-Large-Caps erwartet man eine jährliche Durchschnitts- rendite von 3,7 Prozent, allerdings minus. Bei US-Nebenwerten soll der jährliche Verlust 1,5 Prozent betragen. Etwas besser sehen die Vergleichswerte für internationale Aktien aus: Hier rechnet man bei Blue Chips mit einem Plus von 0,6 Prozent und bei Nebenwerten mit 1,9 Prozent. Auf der Anleihenseite werden bei den traditionellen Kategorien (US Bonds, International Bonds Hedged und US Inflation Linked Bonds) durchwegs reale Verluste in einer Bandbreite von mi- nus 1,4 bis 3,7 Prozent erwartet. Kombiniert man diese Erwartungen zu einem fiktiven Mischfonds, der zu 60 Prozent in US-Aktien und zu 40 Prozent in US-Anleihen investiert, ergibt das einen annuali- sierten jährlichen Verlust von fast drei Prozent. Dies sind die Erwar- tungen aus der Sicht von amerikanischen Anlegern, allerdings gibt es wenig Anlass zu der Annahme, dass sich das Bild auf Euro-Basis signifikant besser präsentiert. Nun handelt es sich hierbei wohlge- merkt um Schätzungen aufgrund langfristiger historischer Vergleichs- daten, und GMO könnte auch völlig danebenliegen. Die von Jeremy Grantham 1977 gegründete Investmentgesellschaft genießt allerdings einen ausgezeichneten Ruf und verwaltet deutlich mehr als 100 Mil- liarden US-Dollar. Grantham zählt zu den angesehensten Investment- experten der USA, und er erklärte in einem Interview mit CNBC schon im März dieses Jahres, dass in seinem Unternehmen optimi- stische wie pessimistische Experten im Schnitt über die kommenden 20 Jahre für amerikanische Aktien reale Renditen von maximal zwei bis drei Prozent erwarten. Auch die Aussichten für Europa werden durch die demografische Entwicklung beeinträchtigt. Der Value-In- vestor sieht nur in den Emerging Markets und hier vor allem in Län- dern wie China und Indien die Chance für wesentlich höhere Wachs- tumsraten und damit auch höhere Anlageerträge. Grantham betont, dass hier erstens die Bewertungen wesentlich günstiger und zweitens auch die Währungen unterbewertet seien, beides mache diese Märkte langfristig attraktiv. In der Siebenjahresprognose erwartet GMO für Schwellenländeraktien annualisierte 5,25 Prozent und für Value-Ak- tien aus diesen Ländern sogar 9,8 Prozent. Diese Einschätzung deckt sich übrigens mit jener des Smart-Beta- und Asset-Allocation-Spe- zialisten Research Affiliates. Auch die Experten um Rob Arnott trau- en Schwellenländeraktien in den kommenden Jahren wesentlich hö- here reale Renditen zu als Dividendenwerten aus den voll industria- lisierten Regionen. Für die kommenden zehn Jahre geht man von realen Renditen im Bereich zwischen sieben und acht Prozent aus. Sollte dies wirklich eintreten, wird das kein Spaziergang, denn auch die Wertentwicklungsschwankungen werden in diesen Märkten we- sentlich höher ausfallen als an den entwickelten Börsen. Aktuell spricht die seit Jahren beobachtbare Underperformance von Schwel- lenländerfonds dennoch für diese Produkte. Weil der MSCI Emerging Markets Index seit 2013 deutlich hinter dem MSCI Weltaktienindex zurückblieb, schnitten auch die meisten Fonds schlechter ab als der Weltmarkt. In jenen Phasen, in denen die aufstrebenenden Märkte aber en vogue sind, lassen sie die entwickelten Börsen weit hinter sich. Zur Gewichtungsfrage: Während der Anteil der Schwellenländer an der weltweiten Wirtschaftsleistung lauf IWF bei mehr als 40 Pro- zent liegt, bewegt sich die Marktkapitalisierung der Aktien aus diesen Ländern nur bei etwa 25 Prozent. Wir laden Sie schon heute ein, sich zum FONDS professionell KONGRESS in Wien anzumelden, wo Sie auch zu diesem Thema eine Fülle von Informationen erhalten werden. Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Angesichts der zu erwartenden realen Renditen über die kommenden Jahre führt eigentlich kein Weg an Schwellenländerbörsen vorbei. Der letzte Ausweg Foto: © Marlene Fröhlich Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi

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