FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

194 www.fondsprofessionell.at | 3/2019 roundtable I nachhaltiges investieren I esg Hans Heuser (FONDS professionell): Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur in der Finanzindustrie geradezu omnipräsent. Wel- che Veränderungen in der Zukunft sind zu erwarten, sowohl was die regulatorische Seite betrifft als auch direkt die Beratung und den Vertrieb von Investmentfonds? Walter Liebe (Pictet Asset Management): Was die regulatorische Seite angeht, so würde ich das gern anderen überlassen. Was wir aus Sicht eines Anbieters feststellen können, ist eine massive Veränderung auf der Kundenseite, sowohl im Bereich der institutionellen Investoren als auch auf Seiten unserer Wholesale- oder Intermedia- ry-Partner im Bereich der privaten Geldanlage. Unsere Gesellschaft hatte bereits im Jahr 2004 zu den Initiatoren eines Nachhaltigkeitskongres- ses gehört. Das war damals – noch im Rheingau gestartet und später in Bonn weitergeführt – eine vollkommen neue und innovative Veranstaltung, die anfänglich gut besucht war, dann aber mangels Interesse irgendwann wieder einge- schlafen ist. Ganz einfach, weil es auf der Seite der Mittelflüsse noch nicht funktioniert hat. Das hat sich inzwischen massiv ins Gegenteil verkehrt. Wir sehen heute eine kontinuierlich steigende Nachfrage nach unserer Expertise und nicht zuletzt nach Investmentprozessen, die auf entsprechenden ESG-Kriterien basieren. In Beratung und Vertrieb geht die Reise ganz klar in diese Richtung. Das signalisiert mir, dass für einen Asset Manager ohne vollumfängliche ESG-Integration und dezidierte Nachhaltigkeits- ansätze künftig kein Geschäft mehr zu machen sein wird. Heuser: Das ist eine interessante Aussage insofern, als dies aus meiner Sicht vor zwei oder drei Jahren kein Asset Manager so ein- deutig formuliert hätte, wie Sie es gerade tun. Thomas Richter (BVI): Herr Liebe hat völlig recht, dass das ESG-Thema von überragender Bedeutung werden wird, dafür sorgt allein schon der Gesetzgeber. Es fällt vielen Marktteilneh- mern inzwischen schwer, den Überblick über alle Gesetzgebungsinitiativen zu behalten. Mir ist an dieser Stelle wichtig, dass man zwischen der Nachfrage von Privatanlegern und institutio- nellen Investoren unterscheidet. Heuser:  Inwiefern? Richter: Bislang sind erst drei Prozent des insgesamt über eine Billion Euro betragenden Publikumsfondsvermögens in Nachhaltigkeits- fonds angelegt. Das Volumen wird sicher stei- gen; voraussichtlich ab Ende des kommenden Jahres werden Berater im Rahmen des Geeig- netheitstests aufgrund von Mifid II Anleger zusätzlich nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen fragen müssen. Anders sieht das in der institu- tionellen Geldanlage aus. Für Großinvestoren hat das Thema ESG schon heute eine große Bedeu- tung – zum einen weil manche Investoren schon jetzt aus Überzeugung nach entsprechenden Kriterien anlegen, teilweise aber auch im Aus einer Kür wird Pflicht Die Diskussionsteilnehmer (v. l. n. r.): Axel Hesse (SD-M), Walter Liebe (Pictet Asset Management), Thomas Richter (BVI), Verena Kienel (Ökoworld), Dan Sauer (Nordea Investment Management), Eckhard Sauren (Sauren Fonds-Service), Thomas Mayer (Flossbach von Storch Research Institute) Fotos: © Jose Poblete Vier Asset Manager, zwei Researcher und ein Verbandsvertreter haben in Frankfurt am Main über den Weg zu mehr Nach- haltigkeit in der Geldanlage diskutiert. Von Einigkeit, wie dieser Weg aussehen muss, sind wir noch ein gutes Stück entfernt. » Im Grunde ist die bisher fehlende Transparenz das große Manko innerhalb der gesamten Diskussion darüber, was eigentlich nachhaltig ist und was nicht. « Eckhard Sauren, Sauren Fonds-Service

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