FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

Foto: © Bantleon E in zunehmend eskalierender Handels- konflikt, endlose Brexit-Debatten und zu allem Überfluss schwächelnde Kon- junkturdaten aus den Industrieländern: Aktien- anleger haben derzeit allen Grund, sich auf raueres Fahrwasser an den Börsen einzustel- len. Auch die jüngste Fondsmanager-Umfrage der Bank of America Merrill Lynch bekräftigt diesen Eindruck. Ein Drittel der befragten Portfoliomanager hielt nämlich angesichts der derzeitigen politischen und konjunkturellen Risiken eine weltweite Rezession im kom- menden Jahr für sehr wahrscheinlich – der höchste Wert seit 2011. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China stellt außerdem für netto 51 Prozent derzeit das größte Risiko für die Weltwirtschaft dar. Zur Erläuterung: Die Umfrage nutzt ein Nettoprinzip, das die positiven und negativen Antworten gegen- einander verrechnet und die Differenz prozen- tual ausweist. Die in der Umfrage widergespiegelten Un- sicherheitsfaktoren lassen sich auch an der jüngsten Mittelzu- und Abflussstatistik von Mountain-View ablesen. Das Kapital der Investoren wandert derzeit nämlich aus Ak- tien- in Richtung Geldmarkt- und Anleihen- fonds. Zusammengerechnet spülte es allein im August 27 Milliarden Euro in diese Geldtöpfe (siehe auch Tabelle nächste Seite). Zur Erin- nerung: Im Vorjahr waren Rentenfonds noch mit Abflüssen von 102 Milliarden Euro kon- frontiert. Aus Aktienfonds wurden imAugust hingegen mehr als sechs Milliarden Euro ab- gezogen. Seit Jahresbeginn waren es 62 Milliarden Euro. Das sind im Jahresver- gleich die stärksten Verkaufsbewegungen seit dem Jahr 2008 – so lange reicht die Statistik von Mountain-View zurück. Man kann also durchaus unterstellen, dass An- leger ihr Geld nach den ereignisreichen Sommermonaten lieber in als sicher gel- tenden Anlageklassen parken. Miese Stimmung Der Handelskonflikt und die damit ein- hergehenden Rezessionsängste wurden in den letzten Wochen dann auch noch von trüben Wirtschaftsindikatoren befeuert. Denn ausgerechnet der Konjunkturmotor der Eurozone scheint zu schwächeln. Das ZEW-Konjunkturbarometer sank im August weitaus stärker, als von Analysten und Markt- teilnehmern erwartet wurde: Der Gradmesser für die deutsche Wirtschaft rauschte um satte 19,6 Punkte auf minus 44,1 Punkte. Den Grund für diese miese Stimmung sieht Jörg Angelé, Senior Analyst Economic Research von Bantleon, in den derzeitigen politischen Risiken: „Ähnlich wie der Absturz der ZEW- Konjunkturerwartungen dürfte auch der schar- fe Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex in den vergangenen Monaten zu einem guten Teil auf die Furcht vor einem eskalierenden Handelskonflikt sowie einem jetzt wieder wahrscheinlicher gewordenen ungeordneten Brexit zurückzuführen sein. Die Stimmung ist wohl schlechter als die Lage.“ Für Angelé gibt es nämlich gute Gründe dafür, dass sich die Situation für die deutsche Industrie bald zum Besseren wenden könnte. Dafür spreche etwa die Entwicklung des Auf- tragseingangs im verarbeitenden Gewerbe. Zwar sind die Orders in den vergangenen Jah- ren kontinuierlich gesunken. „Ein Blick in die Details zeigt aber, dass das Minus bei den Bestellungen aus den Euroländern mit gut 15 Prozent um ein Vielfaches größer ausfällt als bei den Bestellungen aus dem übrigen Aus- land.“ Die deutsche Industrie leide daher vor allem unter einer Nachfrageschwäche aus der Eurozone. „Gerade hier sollte sich aber der Abwärtstrend nicht fortsetzen“, so Angelé. Eskaliert der Handelskonflikt? Auch wenn die deutsche Wirtschaft nach Ansicht einiger Marktteilnehmer weniger gefährdet ist, als es so manche Wirtschafts- barometer signalisieren, bleibt die Frage, wie gefährlich das Säbelrasseln des US-Präsiden- ten Donald Trump in Richtung China tatsäch- lich ist. Auch hierzu finden sich unter den Fi- nanzprofis beruhigende Stimmen. So räumt etwa Olivier de Berranger, Chefanlagestratege bei La Financière de l’Echiquier, ein, dass die nächsten Schritte des US-Präsidenten schwer vorherzusagen seien. Allerdings erinnert de Berranger daran, dass sich Trump bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2020 be- findet. Somit könne er eine glaubwürdige Bilanz seiner Wirtschaftspolitik schlicht- weg nicht riskieren, und daran seien eini- ge Bedingungen geknüpft, wie de Berran- ger weiter ausführt: „Die Aktienmärkte müssen über seine erste Amtszeit hinweg deutlich im Plus liegen, daher rudert er recht schnell zurück, wenn die Aktien- märkte einbrechen.“ Außerdem müsse auch das Wachstum bis zum Wahltermin robust bleiben. CORNELIA FUSSI | Die Tabellen zum Artikel finden Leser auf der nächsten Seite. FP Anleger sorgen sich derzeit zunehmend um das weltweite Wirtschaftswachstum. Immer mehr Investoren ziehen daher ihr Geld aus Aktienfonds ab. Rezessions ängste Jörg Angelé, Bantleon: „Die Stimmung ist wohl schlechter als die Lage.“ Elf Monate Abflüsse Aktienfonds verzeichnen seit elf Monaten kontinuierlich Netto- abflüsse. Seit Jahresbeginn schlägt damit gar ein Minus von 62 Milliarden Euro zu Buche. Quelle: Mountain-View -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 2016 2017 2018 ’19 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 ’08 Mrd. Euro Mittelaufkommen Aktien gesamt 2 120 www.fondsprofessionell.at | 3/2019 markt & strategie I mittelzu- und -abflüsse

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