FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Foto: © crazymedia | stock.adobe.com Q uellensteuern sind ein milliardenschwe- res Ärgernis für Anleger: Wer in aus- ländische Wertpapiere investiert, dem zieht von den Erträgen (etwa Dividenden) meist der ausländische Fiskus an der Quelle Steuern ab, bevor die heimische Finanz noch einmal zulangt. Theoretisch sorgen zwar Dop- pelbesteuerungsabkommen (DBA) dafür, dass die Anleger nicht tatsächlich doppelt zahlen. Aber faktisch ignorieren viele Quellenländer die vereinbarten DBA-Limits und kassieren deutlich mehr. Mitunter bleibt dem Anleger nur rund die Hälfte der Dividende, nachdem aus- und inländische Steuer abgezogen sind. „Sechs Milliarden verschenkt“ Natürlich kann man sich auf die DBAs be- rufen und von jedem Staat einzeln zurückho- len, was die Finanz dort zu viel kassiert hat. Das machen aber nur wenige, denn die Rück- forderung ist mühsam und teuer (etwa For- mularkosten). Für klassische Privatanlegerbe- träge zahlt sich der Aufwand oft gar nicht aus. EU-weit „schenken“ die Anleger auf diese Weise den Finanzverwaltungen der diversen Staaten jedes Jahr sechs Milliarden Euro, er- fährt man von Marc Fähndrich, wirtschafts- politischer Berater der EU-Kommission. Die Gesamtbelastung ist sogar noch größer: 1,2 Milliarden Euro verschlingt die aufwendige Rückforderung. Weitere 1,2 Milliarden sind als Opportunitätskosten (etwa entgangene Gewinne) zu kalkulieren. „Wir schätzen, dass durch Quellensteuern in der EU jährlich Kosten von 8,4 Milliarden Euro anfallen“, sagt Fähndrich. Das Problem betrifft auch Anleger in öster- reichischen Fonds: Austro-Investmentfonds sind – so der Fachjargon – steuertransparent. Soll heißen, sie sind selbst kein Steuersubjekt. Erträge werden nicht dem Fonds, sondern dem Anleger zugerechnet und müssen von diesem auch versteuert werden. Schüttet ein italienisches Unternehmen Dividenden an einen österreichischen Fonds aus, hebt die ita- lienische Finanz an der Quelle 26 Prozent ein – trotz 15-prozentiger DBA-Vereinbarung. Österreich rechnet dementsprechend nur 15 Prozent auf die KESt an. Elf Prozent müsste sich der Einzelne somit zurückholen. Was, wie erwähnt, die meisten nicht machen. EuGH gab den Fonds recht Oft ist damit die Geschichte für die Fonds- anleger zu Ende. Das müsste sie aber nicht, wie Ian Stevens, Regionaldirektor in London beim globalen Steuerrückholungsunternehmen Wtax, sagt. Denn auch im „steuertransparen- ten“ Österreich könnten die Fonds selbst aus vielen Ländern Quellensteuern zurückfordern – nämlich dann, wenn sie sich auf gewisse Anti-Diskriminierungs-Urteile des Europäi- schen Gerichtshofs (EuGH) berufen. Überfor- derte Einzelanleger wären so entlastet. Aller- dings bleibe diese EuGH-Option häufig ungenutzt, so Stevens. Wtax hat sich genau darauf spezialisiert. In den vergangenen Jahren hat sich der EuGH mehrfach auf die Seite klagender Kapitalanlagegesellschaften gestellt. Der Kern sämtlicher Urteile lautet: Dividendenzahlun- gen an ausländische Fonds dürfen nicht höher besteuert werden als Erträge eines Inlands- fonds. Ein Auslandsfonds, der diskriminiert wird, darf von der Steuerbehörde Geld zu- rückverlangen (und zwar nur er selbst, nicht der Anleger). Dabei ist egal, ob er „transpa- rent“ ist (wie die Austro-Fonds) oder nicht. Veronika Kumer, Steuerexpertin bei KPMG Österreich, bestätigt die EuGH-Methode und ihre Vorteile: Zahlen nationale Fonds bei- spielsweise auf Erträge keine Quellensteuern, könne ein vergleichbarer ausländischer Fonds, der in dem Land investiert ist, auf EuGH- Basis die Rückerstattung der gesamten dort einbehaltenen Quellensteuern fordern. Im Un- terschied zur DBA-Rückerstattung, wo man nur den Teil fordern kann, der die DBA-Raten (oft 15 Prozent) übersteigt, könnte hier der Anleger je nach Land komplett befreit wer- den. „Es empfiehlt sich, in Ländern, in denen eine europarechtliche Erstattung gewährt wird, diesen Antrag zu stellen, allein schon wegen Österreichische Fonds könnten Quellensteuern auf Basis der EuGH-Judikatur zurückfordern, tun es aber oft nicht, sagt ein globales Steuerserviceunternehmen. Verschenktes Geld An der Quelle ist es am besten. Das sagen sich auch die Finanzminister und halten die Hände auf, wenn die Dividenden sprudeln. Dabei werden ausländische Investoren oft übermäßig zur Kasse gebeten. » Wir schätzen, dass durch Quellensteuern in der EU jährlich Kosten von 8,4 Milliarden Euro anfallen. « Marc Fähndrich, EU-Kommission 230 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 steuer & recht I quellensteuer

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