FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Foto: © Gina Sanders | stock.adobe.com; B&T W orauf ein Anlageberater bei der Kundenberatung achten muss, ergibt sich aus den einschlägigen Gesetzen und den Vorgaben der FMA. Trotz mittlerwei- le hoher Regelungsdichte besteht oftmals ein Ermessens- und Interpretationsspielraum, der im Streitfall von den Gerichten zu klären ist. Für die Betroffenen ist es daher sinnvoll, sich laufend mit der aktuellen Rechtsprechung der Gerichte auseinanderzusetzen. Auch das letz- te Halbjahr bescherte der österreichischen Finanzbranche wieder einige interessante höchstgerichtliche Urteile. Hinweispflicht Über die Frage, ob ein Anlageberater seinen Kunden auf das Insolvenzrisiko eines Emit- tenten hinweisen muss, hatte der OGH schon öfters zu entscheiden. Teils wurde eine solche Aufklärungspflicht bejaht, teils verneint. In der vorliegenden Entscheidung vom 24. 10. 2018 (3 Ob 187/18y) war der Kunde zu einem mittleren Risiko bereit und erwarb über Vermittlung des Beraters eine Unternehmens- anleihe. Der Berater wies zwar darauf hin, dass „schon etwas passieren kann“, beschrieb die Anleihe jedoch als unbedenklich und sicher. Es kam, wie es kommen musste. Die Emittentin wurde insolvent, das Investment war wertlos. Auch vor Gericht hatte der Kun- de kein Glück. Der OGH wies die Klage ab und begründete dies damit, dass der Berater mangels konkreter Anhaltspunkte für eine Insolvenz nicht verpflichtet war, den Anleger vor dem grundsätzlich mit jeder Anlage ver- bundenen Insolvenzrisiko zu warnen. Nach Meinung der Höchstrichter war der Berater auch nicht verpflichtet, den Kunden über sein Nichtwissen zu einem Risiko aufzuklären, das ihm nicht bekannt sein musste. Keine Konvertierungspflicht Gegenständlich war der Vorwurf des Klä- gers, bei Abschluss seiner Schweizer-Franken- Finanzierung falsch beraten worden zu sein. Nachdem die Unterinstanzen die grundsätz- liche Haftung des Beraters für die von ihm vermittelte Finanzierung bereits bejaht hatten, war vom OGH in seiner Entscheidung vom 25. 9. 2018 (4 Ob 59/18g) noch zu klären, ob der Kläger dazu verpflichtet gewesen wäre, ein Konvertierungsangebot der finanzierenden Bank im Jahr 2012 anzunehmen. Nach An- sicht des OGH ist dafür maßgeblich, ob der Geschädigte schuldhaft eine ihm zumutbare Handlung unterlassen hat, die von einem Durchschnittsmenschen gesetzt worden wäre. Zudem muss die (unterlassene) Handlung auch bei objektiver Betrachtung dazu geeignet gewesen sein, den Schaden zu vermindern. Im vorliegenden Fall hätte der Kläger – nach Meinung des OGH – bei gebotener Sorgfalt nicht erkennen können, dass eine Konvertie- rung 2012 im Hinblick auf die weitere Ent- wicklung vorteilhaft beziehungsweise eine Verschlechterung des Kurses zu erwarten gewesen wäre. Entscheidend dafür war auch, dass die Bank nur ein Konvertierungsangebot unterbreitete und keine Empfehlung abgab, das Angebot anzunehmen. Aus demAngebot ging außerdem nicht hervor, dass eine sofor- tige Konvertierung vorteilhaft wäre. Der Klä- ger war – nach Meinung des Höchstgerichts – nicht einmal dazu verpflichtet, sachverständi- gen Rat zum Konvertierungsangebot einzu- holen. Besondere Sorgfalt Eine Privatstiftung kaufte über Empfehlung der beklagten Bank obligatorische Genuss- scheine, die von einer Tochter der Beklagten emittiert worden waren. Grundlage dieser An- lageentscheidung war eine Produktbroschüre, die zahlreiche Prognosen und Szenario- berechnungen enthielt. Wie das Beweisver- fahren ergab, waren diese Prognosen und Be- rechnungen teilweise unrichtig, unvollständig und unrealistisch. Der OGH stellte in seiner Entscheidung vom 30. 1. 2019 (7 Ob 181/18w) dazu fest, dass Berater zu besonde- rer Vorsicht und Zurückhaltung verpflichtet sind, wenn sie gegenüber ihrem Kunden zu- künftige Entwicklungen prognostizieren. Pro- gnosen müssen jedenfalls einen Hinweis auf ihre Unsicherheit und Abhängigkeit von zu- künftigen Entwicklungen enthalten und auf einer sorgfältigen Auswertung der verfügbaren Quellen beruhen. Gegen diese Sorgfaltspflicht hat die beklagte Bank verstoßen. Dabei half auch der in der Broschüre enthaltene Hinweis Der Oberste Gerichtshof hat in den vergangenen Monaten einige für Berater nicht unwesentliche Entscheidungen gefällt. Ein Überblick. Neues vom OGH Der Oberste Gerichtshof mit Sitz in Wien hat im vergangenen Halbjahr etliche Urteile veröffentlicht, mit deren Inhalt sich Vermögensberater durchaus auseinandersetzen sollten. 226 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 steuer & recht I ur teile

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