FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Foto: © Roman_23203 | stock.adobe.com, ariart Fotografie | Arianne Ruppel E in Bürohaus mit schlichter Steinfassade direkt am Frankfurter Hauptbahnhof. Das trübe Licht im Treppenhaus erin- nert an die Amtsstubenatmosphäre früherer Tage, Aktenordner reihen sich in deckenhohen Wandregalen. Doch der Eindruck täuscht: Bei WM Datenservice läuft das Geschäft heute fast komplett elektronisch. So wie der Bahn- hof gegenüber einen Knotenpunkt für den Zugverkehr darstellt, so laufen in diesen Räu- men die Fäden der Finanzbranche zusammen. WM ist der Hauptlieferant für Wertpapier- daten in Deutschland und Österreich. Eigentlich agiert die Gesellschaft im Hin- tergrund. Die Daten von Emittenten oder Pro- duktanbietern von Wertpapieren laufen ein und gehen an die Abnehmer wie Börsenhänd- ler oder Finanzvertriebe wieder hinaus. Doch zu Jahresbeginn 2018 rückte WM Datenser- vice ins Licht der Öffentlichkeit – weil eben nicht alles reibungslos lief. Mit dem Inkraft- treten der Finanzmarktrichtlinie Mifid II mussten für jeden Fondsanteil eine Zielmarkt- definition sowie Angaben zu laufenden Kos- ten übermittelt werden. Bei tausenden Anteils- klassen blieben die Felder leer. Darüber, was bei der Mifid-II-Einführung schiefgelaufen ist, kursieren unterschiedliche Darstellungen. Wer die Hintergründe genau verstehen will, muss zunächst wissen, wer WM Datenservice ist und welche Rolle das Haus spielt. Dies führt bis zurück ins Jahr 1947, das Gründungsjahr der Herausgeber- gemeinschaft Wertpapier-Mitteilungen, Kepp- ler, Lehmann GmbH & Co. KG, so der voll- ständige Name der Gesellschaft. „Das Ge- schäftsmodell ist seit der Firmengründung im Prinzip dasselbe“, sagt Axel Harms, einer der drei Geschäftsführer der Gruppe. „Unser Unternehmen aggregiert Finanzdaten und leitet sie an die Akteure weiter, früher noch als gedruckte Wertpapier-Mitteilungen.“ Das Haus habe sich nur an die erheblich gestie- genen Anforderungen, den Umfang und die Geschwindigkeit des Handels und die elek- tronische Übermittlung der Daten angepasst. Damit gleicht das Unternehmen dem der glei- chen Generation entspringenden VW-Käfer, der laufend modernisiert wurde. „Wir haben es sozusagen mit einer Klimaanlage, einem Automatikgetriebe und einem Bremsassisten- ten aufgerüstet“, erläutert Harms. An der Quelle Das Haus nimmt jeden Tag aus mehr als 1.100 Quellen Datensätze auf, normiert und qualifiziert diese entsprechend der Vorgaben und leitet sie weiter, „und das taggleich oder je nach Art binnen von Sekundenbruchteilen“, merkt der Co-Geschäftsführer an. „Wir stüt- zen uns meist auf Primärquellen nach dem sogenannten Golden-Source-Ansatz“, erläutert der frühere Manager der Deutschen Industrie- bank (IKB). Nur wenn diese nicht zur Ver- fügung stünden, greife das Team auch auf Sekundärquellen zurück. „Daten sind wie das Blut in den Adern der Finanzindustrie“, for- muliert es Harms. So wuchsen die Frankfurter zum wichtigs- ten Infrastrukturanbieter für Finanzinforma- tionen. Dem neuesten einsehbaren Jahres- abschluss zufolge erzielte die Gruppe 2016 Umsatzerlöse von 74,2 Millionen Euro. Die Frankfurter erwirtschafteten einen Jahresüber- schuss von 26,2 Millionen Euro. Wie sich dies auf die vier Geschäftsfelder – die „Börsen- Zeitung“, WM Datenservice, ein Wirtschafts- und Bankrechtsfachmagazin sowie das Semi- nargeschäft – verteilt, darüber finden sich kei- ne Angaben. Dem Haus obliegt die Vergabe der deutschen Wertpapierkennnummer WKN sowie die Zuteilung des internationalen Pen- dants ISIN für deutsche Emittenten. Zudem zählt die Gesellschaft zu den wichtigsten europäischen Vergabestellen des Legal Entity Identifiers, kurz LEI. „Praktisch jeder, der mit Finanzdienstleistungen in Deutschland oder Österreich zu tun hat, kommt früher oder später mit Daten der WM in Kontakt“, sagt Geschäftsführer Harms. Das gilt auch für die Fondsbranche. Die Stamm- und Kursdaten Ohne vollständige und aktuelle Informationen geht im Fondsvertrieb nichts. Sämtliche Angaben laufen über WM Datenservice. Ein Blick in das Verteilzentrum. Der Daten -Knoten Blick ins Archiv: Der Datenaustausch bildet das Herzstück des Fondsvertriebs. Was einst über Papier ablief, wird heute elektronisch abgewickelt. Der wohl wichtigste „Hub“ für Finanzinformationen ist WM Datenservice. » In der Diskussion um die Mifid-II-Einführung haben wir viel abbekommen. Einiges davon war aber unberechtigt, denn teilweise versuchte man, von eigenen Versäumnissen abzulenken. « Axel Harms, WM Gruppe 186 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 vertrieb & praxis I finanzinformationen

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