FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

wir nicht direkt in eine Krise der Alters- versorgung schlittern, müsste die Bundes- regierung in dieser Situation Anreize für das Aktiensparen setzen, aber das ist nicht zu erwarten. Wie kommen Sie zu dieser Ansicht? Ich habe kürzlich den langjährigen CDU- Bundestagsabgeordneten und Rechtsex- perten Wolfgang Bosbach getroffen und ihn gefragt, ob in Berlin denn niemand sieht, dass wir eine Fehlallokation des Volksvermögens haben. Darauf bekommt man keine Antwort, das ist offensichtlich nicht von Interesse. Als Peter Altmaier im März 2018 sein Amt als neuer Bundes- wirtschaftsminister antrat, haben wir ihn angeschrieben und Vorschläge dazu un- terbreitet, wie man das Aktiensparen in Deutschland fördern könnte. Aber auch er misst dem Thema keine Bedeutung bei. Und wir haben ja gesehen, wie die Reaktionen auf die Vorschläge von Fried- rich Merz zur Förderung einer Aktienkul- tur ausgefallen sind. Mit solchen Ideen können Sie hierzulande keinen Stich ma- chen. Dabei wäre eine Abkehr von Zins- papieren nicht nur wichtig, sie ließe sich auch relativ leicht bewerkstelligen. Ich könnte sofort einige Konzepte vorlegen. Tatsächlich? Wie sehen diese aus? Ändern wir doch das Steuergesetz so, dass Verluste aus Aktiengeschäften mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden dürfen. Auf diese Weise nähme man dem Bürger die Angst vor der Aktie. Wenn es an der Börse nach unten geht, wären Verluste etwa vom Einkommen abzusetzen. Wenn es hoch geht, fällt es Anlegern leichter, Steuern zu zahlen. Weil die Unternehmen im Lauf der Zeit aber wertvoller werden, wäre der Staat der größte Nutznießer bei dieser Sache. Haben Sie noch eine Idee in petto? Sicher. Sobald der Dax mal um 30 Prozent fällt, legt die Bundesregierung sofort Staats- anleihen in Höhe von 500 Milliarden Euro auf und investiert das Kapital in Aktien, am bes- ten weltweit. In Norwegen gibt es ein ähnli- ches Modell ja bereits. Warum sollte das in Deutschland nicht funktionieren? Wenn es nicht der Staat richten soll, könnte man den Bundesbürgern die genannten Steueranreize bieten, sie aber gleichzeitig dazu verpflichten, in Aktien- oder Mischfonds anzulegen. Jeder dürfte sich selbst ein Portfolio aussuchen. Es gibt Tausende von Fonds am Markt, da ließe sich schon für jeden etwas finden. Und wie finden Sie Titel für Ihre Fonds? Kurz nach dem Einstieg bei Loys haben Sie Oldenburg einmal mit Omaha ver- glichen, dem Sitz der Gesellschaft von Starinvestor Warren Buffett. Sehen Sie sich auch als Value-Investor? Nein, ich mag den Value-Begriff gar nicht und möchte auch nicht in diese Schublade gesteckt werden. Wir gehen viel pragmatischer vor. Aber wenn Sie fragen, ob wir auf den Zusam- menhang zwischen Preis und Wert achten: Ja, das machen wir. Im Moment sammle ich beispielsweise Tui-Aktien ein. Das Unterneh- men ist böse unter Druck geraten, hatte schwache Zahlen, das Sommergeschäft 2018 war verhagelt. Aber meiner Ansicht nach sind das Einjahresthemen, darüber spricht in zwölf Monaten niemand mehr. Da die Börse Tui derzeit nicht wohlgesonnen ist, habe ich kürz- lich Aktien für 8,23 Euro pro Stück gekauft. Ich denke aber, dass das Papier mindestens 13 Euro wert ist. Für einen solchen Fall nehmen wir uns etwa fünf Jahre Zeit. Demnach wer- den wir mit dem Investment sicher noch viel Freude haben. Auf diese Weise arbeiten wir – antizyklisch und mit maximaler Freiheit. So finden wir weltweit gute Gelegenheiten, denn die gibt es immer. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP Schublade gesteckt werden“ » Für Zinsschritte nach oben gibt es keine Chance. Damit sind Aktien für die Altersvorsorge alternativlos. « Christoph Bruns, Loys 127 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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