FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © gradt | stock.adobe.com I mmer wieder versenden Fondsgesell- schaften Schreiben wie dieses: „Der Ver- waltungsrat möchte seine Anteilseigner hiermit über die folgenden Entscheidun- gen in Kenntnis setzen, die im Hin- blick auf die Gesellschaft getroffen wurden: Liquidation des Equity Korea.“ Das Spiel gleicht einem Kreislauf: Fondsanbieter legen neue Portfolios auf und neh- men dafür alte Produkte vom Markt. Mal haben sich diese nicht bewährt, mal sind sie einfach aus der Zeit gefallen. Dafür probieren die Gesellschaften neue Ideen aus oder greifen Trendthemen auf. Steter Schwund Doch wie konsequent bereinigen die Asset Manager ihre Produktpa- lette? Wie stark orientiert sich die Branche an den Moden der Kapital- märkte? Und schrumpfen die Anbie- ter verstärkt ihr Sortiment, um Kosten zu sparen? Um diese Fragen zu beant- worten, hat FONDS professionell Neuauflagen sowie Fusionen und Li- quidierungen im europäischen Markt für Publikumsfonds über die vergan- genen zehn Jahre ausgewertet. Die Angaben stellte die Thomson-Reuters- Analysesparte Refinitiv aus der Lipper- Datenbank zur Verfügung. Die Betrach- tung umfasst ausschließlich Portfo- lios mit unbegrenzter Lebensdauer, Laufzeitfonds wurden also ausge- klammert. Demnach lösten Europas Fonds- gesellschaften seit 2009 unterm Strich rund 1.000 Anteilsklassen auf, die Gesamtzahl der vermarkte- ten Tranchen sank damit auf rund 32.000. Im Krisenjahr 2009 schlos- sen die Anbieter viele Anteilsklas- sen, im folgenden Erholungsjahr ka- men hingegen mehr neue hinzu, als aufgelöst wurden. Seither schrumpft die Fondslandschaft netto. Erst 2017 wendete sich das Blatt wieder (siehe Grafik nächste Seite). Eine überraschende Erkennt- nis bringt die Auswertung nach Anlageklassen. So war 2010 und 2011 ein Aufschwung der Kategorie „Alterna- tives“ zu beobachten. Der ebbte jedoch ab und schlug 2013 so- gar ins Gegenteil um. Dabei gelten alternative Strate- gien als Zukunfts- thema. Demgegen- über bestätigen die Lipper-Daten den Boom der Mischfonds: Neun Jahre lang er- schufen die Anbie- ter mehr neue Anteilsklassen, als sie alte auflösten oder ver- schmolzen. Zudem offenbart sich, wie zy- klisch die Fondsanbieter mitunter agieren. Während der Hausse an den Rohstoffmärkten warfen sie immer neue Produkte auf den Markt. Die Begeisterung für Neuauflagen hielt sogar noch an, als der Preisboom bei Öl, Gold und Kupfer bereits abebbte. Im Jahr 2013 schlug die Stimmung dann auch bei den Anbietern um – Rohstofffonds wurden fortan verschmolzen oder ganz geschreddert (siehe Grafik „Erschöpfter Zyklus“, Seite 95). Schnelle Erfolge Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Fonds mit Fokus auf japanische Aktien. Die Häuser schlossen zahlreiche Portfolios und vernach- lässigten zunehmend das Feld (siehe Grafik „Nippon aus der Mode“, Seite 95). Eine Aus- wertung der Ratinggesellschaft Morningstar stützt diese Beobachtung. Demnach wurden in der Kategorie „Aktien Japan“ in den ver- gangenen 15 Jahren 64 Prozent aller Fonds, die zeitweilig am Markt waren, liquidiert. „Das dürfte mit der schwachen Entwicklung des japanischen Aktienmarktes nach der Jahr- tausendwende zu tun haben“, erläutert Mor- ningstar-Experte Ali Masarwah. Diese habe offenbar die Anbieter bewogen, ihre Japan- Fonds aufzulösen, „was aus heutiger Sicht eine übereilte Entscheidung war“. Denn seit 2013 tritt die ersehnte Rück- kehr japanischer Aktien tatsächlich ein. So manche Gesellschaft steht nun allerdings ohne passendes Produkt da – und ohne entsprechende Historie, die Anlegern als Beweis der Leistungs- fähigkeit des Managers dienen könnte. Das Urteil von Masarwah fällt daher vernichtend aus: „Fonds- anbieter haben bei der Produkt- bewirtschaftung keinen hinreichend langen Atem, sie beweisen ein schlechtes Timing bei der Auflage und Schließung von Fonds.“ Bei der Neuauflage einer Strate- gie spielt offenbar nur selten die langfristige Perspektive eine Rolle. „Es ist kein Geheimnis, dass die größten Vertriebserfolge bei neu aufgelegten Fonds winken“, erläu- Die Ausputzer Straßen- kehrer im Einsatz: Fondsgesell- schaften feiern gern bei Festen an der Börse mit. Gewinnt ein Invest- menthype an Fahrt, besetzten auch Fonds bereitwillig das Thema. Doch ist die Party vorbei, beginnt das Aufräumen. Großes Reinemachen Auflösungen und Fusionen europäischer Fonds Im Krisenjahr 2009 misteten Asset Manager rigoros ihr Sortiment aus. Seither lässt die Freude am Aufräumen nach. Quelle: Refinitiv – Lipper Fund Research 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2.160 Auf- lösungen 1.608 Fusionen 1.189 Auf- lösungen 994 Fusionen Auflösungen Fusionen Frischware lässt sich gut verkaufen. Nach diesem Motto befüllen Asset Manager ihre Produktpipeline stets neu. Oft landen Fonds aber rasch wieder im Papierkorb. 92 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 markt & strategie I liquidierungen

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