FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © François Daburon D ie bereits 1986 gegründete fran- zösische Investmentgesellschaft Rouvier Associés blickt zwar auf eine vergleichsweise lange Historie zu- rück, ist bisher aber nur einem relativ kleinen Vermittlerkreis in Deutschland bekannt. Dabei haben die Franzosen mit dem Rouvier Patrimoine und dem Rouvier Valeurs zwei durchaus ertragsstarke Mischfonds im Angebot, die bereits im Jahr 1991 aufgelegt wurden. Über länger- fristige Zeiträume können es beide Fonds ohne Weiteres mit vergleichbaren Produk- ten aufnehmen. Wir haben dazu in Paris mit Jean-Baptiste Chaumet und Michel Legros gesprochen, die beide zum Füh- rungsstab des Unternehmens gehören. Herr Chaumet, was zeichnet eine hierzulande noch relativ unbekannte Gesellschaft wie Rouvier Associés aus? Jean-Baptiste Chaumet: Von einem durchaus eigenständigen Investmentprozess abgesehen ist das vor allem eine Entscheidungskultur, die man so in keinem anderen Unternehmen fin- den wird. Unsere Strukturen sind geprägt von Kollegialität, und das ist in dem Fall wirklich kein plattes Marketingschlagwort, sondern ge- lebte Realität. Keine bedeutende Entscheidung wird bei uns von einer Einzelperson getroffen. Es muss immer eine zweite, am besten eine dritte Meinung eingeholt werden. Entschei- dungen von besonderer Tragweite werden sogar nur im Kreis der assoziierten Partner, in bestimmten Fällen sogar unter Einbeziehung aller Mitarbeiter getroffen. Muss man sich das als eine Art demo- kratischen Prozess vorstellen? Chaumet: Der Vergleich hinkt insofern, als bei solchen im Kollegium getroffenen Entschei- dungen eine knappe Stimmenmehrheit von 51 Prozent nicht ausreicht. Wir wollen bei allen wichtigen Weichenstellungen einen sehr viel breiteren Konsens herbeiführen und dabei auch abweichende oder gegensätzliche Argu- mente bewusst miteinbeziehen. Führt das nicht zu quälend langen Pro- zessen? Michel Legros: Dadurch können Entscheidun- gen natürlich länger dauern als in herkömm- lichen Unternehmen. Das ist aber kein Nach- teil. Wir sind davon überzeugt, dass man durch die Einbeziehung der Meinungen von jungen wie erfahrenen Mitarbeitern, die zu- dem einen unterschiedlichen Hintergrund und unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen, der besten Lösung näher kommt, als wenn eine Einzelperson die Entscheidung treffen würde. Auch in Bezug auf den Investmentpro- zess reklamieren Sie für Ihre Gesell- schaft eine gewisse Außergewöhnlichkeit. Was macht RouvierAssociés anders als andere Gesellschaften? Legros: Vereinfacht ausgedrückt, setzen wir bei unserer Investmentstrategie auf das, was wir kennen und wissen, und ver- meiden Annahmen darüber, was wir nicht wissen oder verstehen. Wir sind zum Bei- spiel keine besonders guten Makroökono- men. Wir wissen aus der eigenen Er- fahrung von inzwischen 33 Jahren, dass die Entwicklung von Börsen und Märkten auf kurze Sicht einfach nicht vorhersehbar ist. Deshalb versuchen wir gar nicht erst, wirtschaftliche oder geopolitische Ent- wicklungen zu prognostizieren oder die gerade vorherrschende Anlegerpsycholo- gie zu erforschen. Wir konzentrieren uns auf das, was in 95 Prozent der Fälle stets gut funktioniert: die Mikroökonomie. Dann verstehen Sie sich als ausgeprägter Stockpicker, richtig? Aber wo liegt dann Ihr tatsächlicher USP? Legros: Für unsere Anlageentscheidungen sind im Prinzip zwei für die künftige Kursent- wicklung einer Aktie wesentliche Treiber von Bedeutung. Wir suchen zum einen nach qua- litativ hochwertigen Unternehmen, die laut unserer eigenen Analyse eine nachhaltig hohe Ertragskraft auf möglichst lange Sicht aufwei- sen. Aber wir kaufen diese Werte erst dann, wenn der Preis dafür entsprechend günstig ist. Wichtig ist dabei eine ausgeprägte Disziplin, was übrigens auch umgekehrt gilt: Wir ver- kaufen eine Aktie ohne Zögern, wenn ihr Kurs nach unseren Berechnungen zu stark gestiegen ist. Dazu ein Beispiel: Dass ein Un- ternehmen wie L’Oréal ein echtes Qualitäts- unternehmen ist, wird kaum jemand in Zwei- fel ziehen. Aber es macht für die Performance etwa im Rouvier Valeurs einen erheblichen Unterschied, ob man diese Aktie im Jahr 1999 zu einem KGV von 50 kauft, wie das viele unserer Wettbewerber getan haben, oder ob man sie im Jahr 2009 kauft, als wir zum ersten Mal eingestiegen sind, damals aber zu einem KGV von 18. Mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,3 Milliarden Euro gehört die französische Fondsgesellschaft Rouvier Associés noch zu den kleinen Anbietern im Asset Management. Warum manche Kunden dem Unter- nehmen seit 30 Jahren die Treue halten, erklären Jean-Baptiste Chaumet und Michel Legros im Interview. „Die Volatilität einer Aktie ist » Bei unserer Invest- mentstrategie setzen wir auf das, was wir kennen und wissen, und vermei- den Annahmen darüber, was wir nicht wissen oder verstehen. « Michel Legros, Rouvier Associés Jean-Baptiste Chaumet Nach seinem Wirtschaftsstudium und ersten beruflichen Erfahrungen folgte Jean-Baptiste Chaumet Ende der 1980-er Jahre der Einladung seines Schulfreunds Guil- laume Rouvier zur Gründung einer Vermögensverwal- tungsgesellschaft. Mit der Zulassung als Portfolioverwalter war im Jahr 1991 für Rouvier & Chaumet der Grundstein gelegt, um die beiden Fonds Rouvier Valeurs und Rouvier Patrimoine aufzulegen. Chaumet gehört damit weltweit zu einer kleinen Minderheit von aktiv verwaltenden Fonds- managern mit mehr als 27 Jahren Track Record. markt & strategie I jean-baptiste chaumet + michel legros | rouvier associés 80 www.fondsprofessionell.at | 1/2019

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