FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

geht um verspätete oder korrigierte Meldun- gen von Fondserträgen. Zu Problemen kommt es vor allem, wenn Fonds aufgelöst oder ver- schmolzen werden – und das gab es zuletzt aufgrund der Straffung der Produktpaletten häufig. Der kritische Punkt dabei: Damit eine Fondsverschmelzung für den Investor KESt- frei bleibt beziehungsweise für einen Fonds nicht den Verlust des steuerfreien Altbestands- status bedeutet, müssen unter anderem die letzten ausschüttungsgleichen Erträge noch einmal gemeldet werden. Und dabei kann es zu Fristverletzungen kommen, denn das Ge- setz gibt der Fondsbuchhaltung für Berech- nung und Meldung einen extrem engen Zeit- rahmen vor. „Es ist so, als müssten Sie die Jahressteuererklärung für 2018 schon am 3. Dezember abgeben“, beschreibt Engel- Kazemi das Problem. Die Fondsrichtlinien 2018 gemäß § 186 InvFG ermöglichen in die- sem Fall eine pauschale Vorwegbesteuerungs- möglichkeit, allerdings müssen Anleger dann eine Einkommensteuererklärung machen, um später auf Grundlage der endgültigen Werte besteuert zu werden. Diese Rückführung sei für den Investor ein steiniger Weg, weshalb wohl viele Anleger Teile ihrer Erträge lieber dem Finanzminister „schenken“. Eine praxisnahe Lösung könnte so aus- sehen, dass die Depotbank, die den KESt-Ab- zug durchführt, ermächtigt wird, die Angele- genheit für den Investor mit einer Korrektur- meldung zu regeln. Das würde verhindern, dass Fondskunden nur aufgrund einer Ver- schmelzung zu einer Steuererklärung gezwun- gen werden, sagt Engel-Kazemi. Die Zeichen für eine solche Lösung stehen nicht schlecht: Eine „mögliche Neuregelung“ sei Gegenstand von „konstruktiven Gesprächen“, erfährt man aus dem BMF. Auch die Fondswirtschaft sei eingebunden. „Umsatzsteuerschäden“ Kazemi-Engel hat vor einigen Wochen ge- meinsam mit anderen Wissenschaftlern und Vertretern des Fondsverbandes VÖIG das der- zeit aktuellste Buch zur Investmentfondsbe- steuerung vorgelegt (siehe Kasten). Sie geht davon aus, dass sich das Ministerium drin- gend einem weiteren heißen Eisen widmen muss, das bei Finanzunternehmen einigen Aufwand verursachen dürfte. Es geht um österreichische Umsatzsteuerbefreiungen für Unternehmen im Finanzbereich, die EU- rechtswidrig sind. Zum Beispiel müssen Finanzunternehmen, wenn sie sich für die gemeinsame Nutzung von Ressourcen oder die Auslagerung von Services zusammen- schließen (etwa Rechenzentren, Personalver- leih, Kundenservice, Buchhaltung oder Con- trolling) in vielen Fällen keine Umsatzsteuer bezahlen (sogenannte „Zusammenschlussbe- freiung“). Der Gesetzgeber müsste das eigent- lich ändern, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits im September 2017 fest- gestellt, dass Zusammenschlüsse nur dann von der Umsatzsteuer befreit werden dürfen, wenn die Unternehmen einen Gemeinwohl- zweck erfüllen; auf Gewinn ausgerichtete Fi- nanzdienstleister sind nicht mitgemeint, stellte das Gericht klar. Auch die sogenannte „Zwi- schenbankbefreiung“ für gewisse untereinan- der erbrachte Leistungen bei Banken, Versi- cherungen und Pensionskassen ist EU-recht- lich nicht gedeckt. Betroffen wären insbeson- dere die dezentralen Sektoren wie Raiffeisen- und Volksbanken so wie die Sparkassen. „Das ist ein sehr großes Thema. Es ist definitiv absehbar, dass es da eine Änderung geben wird“, sagt Engel-Kazemi angesichts mehrfa- cher EuGH-Entscheidungen zum Thema. Sie erwartet wie viele Kollegen eine Lösung des BMF im Jahr 2019. Allerdings ist es gut möglich, dass das Ministerium hier auf Zeit spielt und die Ent- scheidung einer höheren Ebene abwartet. Denn wie man aus dem VÖIG hört, bemüht man sich auf Europaebene, die Umsatzsteuer für die Finanzbranche auf null zu setzen. Wer- den die aktuell üblichen Befreiungen gestri- chen, würde das die Anlagegesellschaften etwa im Personalbereich oder bei den Gebüh- ren zwischen Depotbank und KAG treffen, heißt es bei der VÖIG. Betroffen wären übri- gens auch Maklerpools, wie der Verband „Die Maklergruppe“ bestätigt. Das BMF selbst will sich zur Mehrwert- steuerfrage derzeit nicht äußern. Spätestens im Herbst 2019 dürfte man Näheres wissen, denn bis dahin müssen etwaige Reformdetails fest- stehen, damit das geplante Doppelbudget 2020/21 beschlossen werden kann. Dass nach der von großem öffentlichem Interesse beglei- teten Regierungsklausur im Jänner kaum Ein- zelheiten präsentiert wurden, sorgte bei vielen Beobachtern für Enttäuschung. Diese ist ver- ständlich: Für viele Themen wird sich eine umfassende Lösung bis September nicht mehr ausgehen, wenn nicht bald eine genauere Richtungsangabe folgt. Fraglich ist zum Bei- spiel, ob in der (längst überfälligen) Neuauf- stellung der Zukunftsvorsorge wirklich der große Wurf kommt. So sagt das BMF zum langjährigen Vorschlag der Fondsbranche nach steuerbegünstigten Vorsorgedepots ak- tuell: „Im Rahmen des neuen Einkommen- steuergesetzes (...) können auch Fragen der Zukunftsvorsorge tangiert sein.“ Das ist deut- lich zurückhaltender als bei einer Anfrage im Vorjahr. Die Fondsverbände selbst haben noch nichts Konkretes gehört, hoffen aber weiter, dass sich die bisher positiven Signale von Seiten der Parteien als richtig erweisen. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Nora Engel-Kazemi, Partnerin bei Deloitte Österreich und Wertpapierprofi, erwartet mehrere Neuerungen. FONDS professionell Buchtipp Nora Engel-Kazemi, Partnerin im Bereich Steuerberatung bei Deloitte Österreich, hat gemein- sam mit Autoren aus der uni- versitären Lehre sowie aus der Praxis das derzeit aktuellste Buch zur Fondsbesteuerung verfasst. Eingearbeitet sind darin auch die neuen „Investment- fondsrichtlinien 2018“, die von der Branche über eine Dekade lang erwartet wurden. Investmentfonds – Aufsicht und Besteuerung zeigt anwenderorientiert, was Privatanleger, Institutionelle, Stiftungen oder andere Investorenklassen nach den zahlreichen Änderungen der vergangenen Jahre steuerlich beachten müssen. » Eine mögliche Neuregelung für verspätete Meldungen und Korrekturen von Fonds- meldungen ist Gegenstand von konstruktiven Gesprächen. « Finanzministerium 257 www.fondsprofessionell.at | 1/2019

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