FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © Marlene Fröhlich / LuxundLumen D ie deutsche Quirin Privatbank ist hierzulande kaum jemandem ein Begriff, dies könnte sich allerdings bald ändern: Denn Christian Ohswald, der langjährige Vorstandsvorsitzende und Lei- ter Wealth Management der Deutsche Bank Österreich, hat kürzlich die Leitung des Privatkundengeschäfts sowie des Business Development bei der Quirin Pri- vatbank übernommen. Das Institut be- schäftigt derzeit an 15 Standorten etwa 220 Mitarbeiter und betreut 15.000 Kun- den mit einem Anlagevolumen von etwa 3,4 Milliarden Euro. Vor allem für die Vermögensberatung gegen Honorar ist die Bank in Deutschland bekannt. Im Ge- spräch erklärt der promovierte Wirt- schaftswissenschaftler seine Beweggründe für den Wechsel zur Quirin Privatbank und welche Pläne er für die Zukunft hat. Herr Dr. Ohswald, Sie sind seit 1. März neuer Leiter des Privatkundengeschäfts der Quirin Privatbank. Wie kam es da- zu, was waren die Beweggründe? Christian Ohswald: Da gibt es verschiedene. Zum einen ist der Vorstandsvorsitzende und Gründer der Quirin Privatbank, Karl Matthäus Schmid, ein absolut untypischer Banker. Er hat die Probleme herkömmlicher Banken erkannt und antwortet darauf mit spannenden Lösungen. So schafft die Bank seit Jahren einen konsequenten Wachstumskurs. Auf der einen Seite mit der ersten deutschen Honorar- beraterbank, der Quirin Privatbank als „analo- ger“ Bank für vermögende Privatkunden. Und auf der anderen Seite mit dem Robo-Advisor quirion im Bereich der digitalen Vermögens- verwaltung. Beide Marken wachsen stetig – die Bank betreute zuletzt 3,4 Milliarden Euro von etwa 9.000 Kunden, quirion 180 Millio- nen Euro von etwa 6.000 Kunden (Januar 2019). Dieser Wachstumskurs unterscheidet die Bank und macht sie hochinteressant. Be- sonders spannend ist, dass die Bank ihre Kun- den absolut unabhängig beraten kann, entspre- chend den gesetzlichen Regeln für Honorar- beratungsbanken. Denn ich habe in den ver- gangenen 25 Jahren so oft erlebt, wie domi- nant die Produktlobby einer Bank sein kann. Der Verkaufsdruck für die Vertriebsteams ist dann extrem hoch, und die Bedarfsanalyse beim Kunden kommt viel zu kurz. Daran hat die Regulierung allerdings schon viel verändert. Ja, allerdings ist die Regulatorik für mich eher eine Feigenblatt-Diskussion. Natürlich wird dadurch verhindert, dass fahrlässige Fehlbe- ratungen passieren. Menschen, die die fachli- chen Voraussetzungen nicht haben, können nun keine völlig unpassenden Produkte mehr verkauft werden. Was ich allerdings meine, ist, dass in die Bedarfsanalyse des Kunden noch immer viel zu wenig investiert wird. So- bald der Berater zu erkennen glaubt, was der Kunde braucht, werden schon die Produkte präsentiert. Beim Honorarberatungsmodell der Quirin Privatbank, wo von vornherein fest- steht, dass nicht der Produktlieferant die Be- ratung bezahlt, sondern der Kunde selbst, wird meiner Meinung nach viel besser herausgear- beitet, was der Kunde tatsächlich braucht. Die Quirin Privatbank wurde aller- dings 1998 gegründet, und erst 2015 kam man in die schwarzen Zahlen. Nach einem sehr erfolgreichen Modell sieht das nicht aus. Formal wurde die Bank 1998 gegründet – mit der unabhängigen Beratung gegen Honorar startet sie aber erst Ende 2006. Das erste positive Geschäftsergebnis er- zielte die Bank bereits im Geschäftsjahr 2013. Sie waren bis vor Kurzem noch bei der Deutschen Bank tätig, nun arbeiten Sie für ein verhältnismäßig kleines Institut, ist das ein Nachteil oder ein Vorteil? In einem Unternehmen wie der Deutschen Bank zu arbeiten ist eine wertvolle Erfah- rung. Vorteil in einer kleineren, inhaber- geführten Bank ist aber, dass sich Ideen sehr viel schneller umsetzen lassen. Und darauf freue ich mich. Wie wahrscheinlich ist aus heutiger Sicht ein Markteintritt der Bank in Österreich? Das Ziel heißt, den analogen Vertrieb auf die neuen Anforderungen im Beratungsprozess auszurichten und ihn in Kombination mit den sich bietenden digitalen Möglichkeiten schlan- ker, effizienter und schneller zu gestalten. In der Wahrnehmung des Kunden sollte sich unser Angebot dadurch noch stärker von an- deren Banken abheben. Wir wollen exponen- tiell weiter wachsen. Wenn uns dies in Deutschland gelingt – und das sehe ich in einem sehr überschaubaren Zeitraum als rea- listisch an –, können wir uns auch die Frage stellen, ob sich dieses Geschäftsmodell grenz- überschreitend weiterentwickeln lässt, also etwa auch in Österreich. Wie schätzen Sie das mögliche Potenzial des Geschäftsmodells in Österreich ein? Würde man in Österreich von der „grünen Wiese“ mit dem Modell der unabhängigen Beratung gegen Honorar starten, dann wäre das wahrscheinlich nicht ganz einfach. Wenn FONDS professionell sprach mit Christian Ohswald , dem neuen Leiter des Privatkundengeschäfts der Quirin Privatbank , über die Beweggründe für seinen Wechsel, seine künftigen Pläne für das Institut und darüber, welche Herausforderungen auf Berater in Zukunft zukommen werden. „Der persönliche Berater ist » Würde man in Öster- reich von der › grünen Wiese ‹ mit dem Modell der unabhängigen Beratung gegen Honorar starten, dann wäre das wahrscheinlich nicht ganz einfach. « Christian Ohswald, Quirin Privatbank bank & fonds I christian ohswald | quirin privatbank 240 www.fondsprofessionell.at | 1/2019

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