FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © Sashkin | stock.adobe.com, Capco; FIS I ch will nicht der Letzte in der Reihe sein, wenn es um die Blockchain geht“ – mit diesem Satz offenbart Matthieu Duncan, Vorstandschef von Ostrum Asset Manage- ment, die Krux beim Thema Digitalisierung. Neue Technologien verändern die Informa- tions- und Konsumgewohnheiten der Men- schen. Auch im Finanzvertrieb zeichnet sich ein Umbruch ab. Der Vorstand eines globalen Asset Managers wie der unabhängige Berater als Solo-Unternehmer stehen vor der Frage, was Robo-Advice, Blockchain oder künstli- che Intelligenz und Big Data für ihr Geschäft bedeuten. Welches dieser Themen ist als Hype einzustufen und entpuppt sich als Investitions- grab? Welche Felder wiederum bergen echtes Potenzial und krempeln in Zukunft den Ver- kauf von Investmentfonds um? Darauf gibt es mannigfaltige Antworten. Wer es sich leisten kann, spielt in vielen Fel- dern mit, sammelt Erfahrungen und wartet einfach ab, welche Technologie sich durch- setzt. Ein bekanntes Haus geht offenbar nach diesem Muster vor. „Blackrock kauft nicht unbedingt die besten oder größten Fintechs, sondern besetzt ein Thema einfach frühzeitig“, erläutert Wesselin Kruschev von der IT-Stra- tegieberatung Capco. „Wer in dieser raschen Entwicklung zu spät kommt, dem bleibt am Ende kaum Spielraum mehr.“ Diese Strategie bleibt aber kapitalstarken Akteuren vorbe- halten. Weniger gut betuchte Häuser müssen mit ihren Mitteln haushalten und sich auf bestimmte Investitionen festlegen. Wenn es um das Potenzial geht, Strukturen aufzubrechen, nennen Beobachter gern die Blockchain. Diese ermöglicht eine sichere Datenübermittlung und steckt hinter Krypto- währungen wie dem Bitcoin. Der Hauptvor- teil der Technik ist, dass Änderungen an einer Stelle des Datensatzes praktisch sofort auch bei den anderen Beteiligten aktualisiert sind. Mehrere Finanzinstitute und Börsen haben mittlerweile verkündet, Anleihen oder auch Fondsanteile über die sogenannte Distributed Ledger Technology (DLT) aufgelegt oder transferiert zu haben. Im Wertpapierhandel und insbesondere bei dessen Abwicklung kann diese Technik also klassische Verfahren ablösen, meinen Beobachter. „Die Blockchain birgt das Potenzial, die Rolle von Verwahr- stellen oder Depotbanken zu hinterfragen“, sagt Matthias Olschweski von der auf die Finanzbranche spezialisierten IT-Gesellschaft FIS. Regulatorisch gesehen sei das zwar noch nicht möglich. „Die Technologie eröffnet jedoch viele Pfade.“ Mit Kanonen auf Spatzen Zerschlägt diese Technik aber auch den herkömmlichen Fondsvertrieb? „Die Stärke der Blockchain ist, dass viele Teilnehmer ohne eine zentrale Instanz in einen Prozess einge- bunden werden können“, erklärt Capco-Mann Kruschev. In der Wertschöpfungskette von Fonds spielten aber gar nicht so viele unter- schiedliche Teilnehmer eine Rolle. Zudem kennen Anbieter die Plattformen, diese wie- derum die Vertriebe und Letztere schließlich die Endkunden. Allein schon aufgrund der gesetzlichen Vorgaben haben im Fondsver- trieb keine unbekannten Parteien miteinander zu tun – anders als bei Kryptowährungen. Die Einführung und der Betrieb einer Blockchain wären für alle Parteien aufwendig, andere Lösungen ließen sich womöglich einfacher und günstiger umsetzen. „Das wäre, wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“, folgert der IT-Berater. Kruschev ist mit seiner Meinung nicht allein. Die Unternehmensberatung McKinsey, die einst selbst das disruptive Potenzial der Technik propagierte, zog in einem Thesen- papier zuletzt eine eher ernüchternde Zwi- schenbilanz. „Angesichts der aufgebrachten Zeit und des investierten Geldes wurde wenig Substanzielles erreicht“, resümieren die Autoren. Viele Ideen für die praktische An- wendung seien über das Planungsstadium nicht hinausgekommen. Einige Konzepte steckten in der Entwicklung, bislang aber noch ohne konkretes Ergebnis. „Ein praktischer Anwendungsfall für die Blockchain hat sich auch im Fondsbereich Ob Blockchain, Robo-Advice oder Big Data: Neue Techniken halten auch in der Fondsbranche Einzug. Doch welche verändern tatsächlich den Vertrieb? Anschluss gesucht Virtuelle Kette: Die Blockchain ermöglicht eine dezentrale und sichere Datenübermittlung. In der Abwicklung des Wertpapierhandels kann sie Prozesse vereinfachen. Ihr Potenzial im Fondsvertrieb ist noch nicht voll ausgelotet. » Die Entwicklung reicht bis hin zum Ersatz von Intermediären, die bislang den direkten Kundenkontakt hielten. « André Näder, FIS 220 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 vertrieb & praxis I digitalisierung

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