FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © ivanko80 | stock.adobe.com, Christof Mattes, HKP Group B ill Gross hat es einmal getan, ebenso Talib Sheikh oder Henning Gebhardt. Tim Albrecht stand kurz davor, ent- schied sich am Ende aber dagegen: Die Rede ist vomWechsel des Arbeitgebers. In der mo- dernen Berufswelt verbringt ein Angestellter immer seltener sein gesamtes Arbeitsleben in ein- und demselben Unternehmen. Das gilt auch für die Fondsindustrie. Zieht ein etablier- ter Portfolio Manager oder gar ein Star der Branche aber zur Konkurrenz, stellt das den alten Arbeitgeber vor erhebliche Probleme: Er muss nicht nur einen kompetenten Ersatz finden, womöglich folgen Kunden mitsamt ihrem Geld dem Manager zum Rivalen. Solche Szenarien ließen sich bislang durch ein Mittel lösen: einen Aufschlag auf die Ver- gütung. Doch Geld allein greift bei den Port- folio Managern nicht mehr – zumal Fonds- anbieter angesichts des immer schärferen Wettbewerbs, fallender Gebühreneinnahmen und steigender Kosten künftig nicht mehr zügellos aus den Bonustöpfen schöpfen kön- nen. So suchen die Gesellschaften nach ande- ren Wegen, um sturmerprobte Starmanager zu halten und junge, aufstrebende Talente zu werben. Denn in dieser Branche legt bekannt- lich eine erstklassige Mannschaft den Grund- stein für den Geschäftserfolg. Die zuletzt goldenen Zeiten für das Asset Management eröffneten zahlreichen Portfolio Managern die Chance, einen Neuanfang zu wagen. „Wir haben viel Bewegung im Ar- beitsmarkt gesehen. Die Wechselbereitschaft war hoch“, berichtet Karin Schambach, Grün- derin und Geschäftsführerin von Indigo Head- hunters. 2018 sei ein außergewöhnliches Jahr gewesen. „Und wir befinden uns immer noch in einer starken Phase der Rekrutierung.“ Aber auch auf Seiten der Anbieter war vom Sparzwang nicht viel zu spüren. „Einige Asset Manager hatten das Ziel, sich zu vergrößern – und die Mittel hierfür standen zur Verfü- gung“, berichtet die Personalberaterin. Wegen des Einbruchs an den Märkten Ende vergan- genen Jahres sei die Stimmung nun zwar gedämpft, grundsätzlich aber noch gut. Schambach beobachtet eine weitere Ent- wicklung amArbeitsmarkt, die den Unterneh- men bei ihrem Dilemma zwischen Maß hal- ten und Personalgewinnung sogar in die Hän- de spielt: „Es ist nicht mehr die Kompensa- tion, die ausschlaggebend bei der Wahl eines Arbeitgebers ist“, sagt sie. „Eine bessere Be- zahlung ist meist nicht der Anreiz, den Job zu wechseln. Denn die Asset Manager gleichen sich beim Gehaltsniveau aneinander an.“ Handschrift verblasst Unterschiede ließen sich vielmehr bei den Freiheiten erkennen, die Anbieter ihren Port- foliolenkern einräumen. „Früher galt ein Fondsmanager als Künstler, der seinen Stil pflegte und frei nach seiner Einschätzung ver- fahren durfte“, erläutert Schambach. „Das hat sich deutlich gewandelt. Portfolio- und Fonds- manager arbeiten heute in einem sehr eng strukturierten Prozess.“ Aus der Sicht des Ma- nagers trage „sein“ Portfolio in Wahrheit oft nicht mehr nur „seine“ Handschrift. Dieser Trend eröffnet auch weniger finanz- starken Unternehmen die Möglichkeit, Top- leute zu ködern. „Wenn etwa ein Portfolio Manager nicht an die Weltsicht des hauseige- nen Chefanlagestrategen gebunden ist, eröff- net ihm das erhebliche Freiheiten“, berichtet der Vertreter eines angelsächsischen Hauses. Ein solcher Freiraum könne ein Anreiz sein, zu einer anderen Gesellschaft zu wechseln. „Für Fondsmanager hat zudem die hierar- chische Entwicklung kaum eine Bedeutung“, ergänzt Headhunterin Schambach. „Es geht eher um Handlungsspielraum. Kleinere Häu- ser und Boutiquen sind hier im Vorteil.“ Auch in anderer Hinsicht können Arbeit- geber mit Flexibilität punkten. So seien ge- genwärtig noch fixe Arbeitszeitmodelle weit verbreitet, berichtet Isabel Jahn von der Stra- tegie- und Personalberatung HKP Group. „Die Bürozeit richtet sich oft nach tradierten Vorgaben, die vor geraumer Zeit mit dem Betriebsrat ausgehandelt wurden“, so Jahn. Ein umfassendes „Nebenleistungsportfolio“ könne daher Talente locken. „Damit meine ich nicht an erster Stelle einen Dienstwagen, Viele Fondsmanager nutzen die gute Branchenkonjunktur für einen Jobwechsel. Arbeitgeber schlagen neue Wege ein, um Topleute zu ködern – oder zu halten. Alternative Anreize Tischkicker in der Teeküche: Geld allein macht auch Portfolio Manager nicht mehr glücklich. Zur beruflichen Erfüllung tragen für zahlreiche Mitarbeiter zunehmend auch Flexibilität und Selbstverwirklichung bei. » Früher galt ein Fondsmanager als Künstler, der seinen Stil pflegte und frei nach seiner Einschätzung verfahren durfte. « Karin Schambach, Indigo Headhunters 198 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 vertrieb & praxis I vergütung

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