FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019
Aber viele Mängel sieht man nicht sofort bei der Begehung, sondern erst im Lauf der Nutzung. Ein Ziviltechniker sieht, was verarbeitet wird und wie gearbeitet wird, wenn er jede Woche über die Baustelle geht. Alles, was man nachher kontrolliert, ist mit Zerstörung ver- bunden. Deshalb ist eine laufende Baukon- trolle vom ersten Tag an sehr wichtig. Wir haben mit unseren Partnern aber nie gröbere Probleme. Wie viele Kunden lassen sich intensiv beraten und umgekehrt bei wie vielen Käufern sind Sie lediglich Vermittler? Bei den Interessenten, die sich von uns bera- ten lassen, haben wir eine Abschlussquote von 80 Prozent. Das ist sehr gut! Es kommt natür- lich auch vor, dass sich manche von uns be- raten lassen und dann woanders kaufen. Das liegt manchmal am Projekt und manchmal an unserem „Rundum-Sorglos-Paket“, das nicht jeder haben möchte. Muss man es unbedingt abschließen? Nicht unbedingt. Bei manchen Projekten bie- ten wir es gar nicht an. Das „Rundum-Sorg- los-Paket“ beinhaltet aber einen Mietenpool, der nur funktioniert, wenn er vollständig gefüllt ist. Das bedeutet: Wer ohne Paket kaufen will, muss warten, bis die Wohnungen des Mietenpools verkauft sind. Welche Rolle spielen Kredite bei der Finanzierung der Vorsorgewohnungen? Der Fremdkapitalanteil ist mit rund 25 Pro- zent gering, und wir raten den Kunden, min- destens 50 Prozent Eigenkapital einzubringen. Viele Interessenten wollen aber ganz ohne Fremdfinanzierung kaufen. Sie machen sogar Werbung für die Fremdfinanzierung. Es heißt auf Ihrer Website: „Bei einem Verhältnis von 50 zu 50 Eigenmittel zu Kredit sollten bei einer Laufzeit von 15 Jahren die Miet- einnahmen ausreichen, um sowohl den Kredit zu tilgen als auch die Zinsen dafür abzuzahlen.“ Können damit auch Rücklagen für Instandhaltung und Instandsetzung gebildet werden? Ja, das ist immer in den Planrechnungen vorgesehen, und die Miete deckt immer den Kapitaldienst ab. Wir haben in den vergangenen Jahren beobachtet, dass viele Kalkulationen zu optimistisch sind, weil entweder gewisse Themen ganz außer Acht gelassen wur- den oder gewisse Annahmen zu sportlich waren. Wie sollte denn Ihrer Meinung nach eine Prognose qualitativ aussehen? Wir rechnen in den Kalkulationen immer mit einer zweiprozentigen Inflation, die es de fac- to auch gibt, und mit einer Leerstandsrate von sechs Prozent. Für die Instandhaltung kalku- lieren wir fünf Prozent. Wir sind also mit Ho- senträger, Gürtel und Fallschirm unterwegs. Welche Erwartungen haben Sie bei den Mieten? Wir haben zurzeit in unseren Vorsorgewoh- nungen eine Durchschnittsmiete von zehn bis elf Euro netto und rechnen nicht mit einer Explosion der Mieten. Wir sind also sehr vor- sichtig und können über zwölf Jahre nach- weisen, dass wir halten, was wir versprechen. Im Vertrieb ist die Vorsicht nicht immer ein Vorteil. Allerdings hilft uns das im Nach- hinein, weil sich die Kunden freuen, dass das Ergebnis besser als erwartet ist. Wie hoch ist die Mieterauslastung der Vorsorgewohnungen? Wir liegen etwa bei 98 Prozent, und deshalb sehe ich die Mietgarantie, die manchmal für die Erstvermietung gegeben wird, kritisch. Die braucht man eigentlich nicht. Wie hoch ist die Fluktuation? Wie viele Mieter hat ein Eigentümer im Zeitraum von zwölf Jahren, bis er im steuerlichen Totalüberschuss ist? Die Wohnungen werden befristet vermietet, und dabei beträgt die durchschnittliche Miet- Mag. Marion Weinberger-Fritz: „Im Vertrieb ist die Vorsicht nicht immer ein Vorteil. Allerdings hilft uns das im Nachhinein, weil sich die Kunden freuen, dass das Ergebnis besser als erwartet ist.“ » Wir sind mit Hosenträger, Gürtel und Fallschirm unterwegs. « Mag. Marion Weinberger-Fritz, Raiffeisen Vorsorge Wohnung Foto: © Günter Menzl Mag. Marion Weinberger-Fritz Mag. Marion Weinberger-Fritz, Jahrgang 1970, ist seit 2011 Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnung GmbH, die im Februar 2006 gegründet wurde. Von 2006 bis 2011 war sie Prokuristin in der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und im Beteiligungsmanagement unter ande- rem verantwortlich für den An- und Verkauf von Unter- nehmen und internationale Umstrukturierungen. Ihre berufliche Laufbahn begann die Juristin in einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei, ehe sie für kurze Zeit als rechtliche Mitarbeiterin ins Außenministerium wechselte. sachwerte I marion weinberger-fritz | raiffeisen vorsorge wohnung 142 www.fondsprofessionell.at | 1/2019
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