FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Foto: © Günter Menzl D ie historische Tiefzinsphase, in der wir uns seit Jahren befinden, hat dem Immobilienmarkt einen anhaltenden Aufschwung beschwert. Zu den beliebtesten Vehikeln privater Anle- ger zählt aus naheliegenden Gründen die Eigentumswohnung. Ein beträchtlicher Teil der Transaktionen in diesem Bereich dient heute nicht mehr dem eigenen Wohnbedürfnis, sondern Vorsorge- zwecken. Allein in Wien betrug das jähr- liche Investitionsvolumen in den vergan- genen Jahren Branchenschätzungen zufol- ge zwischen 100 bis 200 Millionen Euro. Nicht einmal die zuletzt empfindlich gestiegenen Quadratmeterpreise – 4.000 Euro und mehr – dämpfen die Nachfrage. Das bestätigt Marion Weinberger-Fritz im Gespräch mit FONDS professionell. Die Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnung (RVW) meldet für 2018 das opera- tiv stärkste Jahr in der Firmengeschichte und ein ungebrochen großes Investoreninteresse. Bereits in den ersten zwei Wochen des neuen Jahres seien 20 Wohnungen verkauft worden. Historisch betrachtet setzt die Bankentochter 90 bis 120 Wohnungen pro Jahr ab. In der Regel sind drei bis fünf Projekte gleichzeitig im Vertrieb, manche davon exklusiv für Raiff- eisen. Beliebte Partner sind die großen Bau- träger JPI und Breiteneder. Es gibt aber auch kleinere Partner. Entscheidend sei, betont Weinberger-Fritz, der langfristige Track Record. Mit Quereinsteigern und Start-ups will RVW nicht kooperieren. Frau Weinberger-Fritz, wie bewerten Sie den aktuellenWohnungsmarkt und seine Entwicklung? Mag. Marion Weinberger-Fritz: Die Preise sind in den vergangenen acht bis zehn Jahren gewaltig gestiegen. Seit der Finanzkrise ist die Nachfrage bei Immobilieninvestments beson- ders groß. Ich sehe das nicht unkritisch: Auf der eine Seite ist die Nachfrage sehr erfreu- lich. Auf der anderen Seite ist die Produkt- beschaffung mit vernünftigen und preislich adäquaten Projekten schwierig. Das ist mit Sicherheit die größte Herausforderung. Wo wird die Reise bei den Mieten und Kaufpreisen hingehen? Glauben Sie, dass die Marktentwicklung gesund ist? Oder werden die Käufer wieder preis- sensibler und zahlen nicht mehr jeden Preis? Wir haben auch im vergangenen Jahr eine enorme Preissteigerung gehabt. Eine aktuelle Markterhebung zeigt, dass für ganz Wien der Durchschnittspreis pro Quadratmeter bei Neu- bauten auf mehr als 5.000 Euro gestiegen ist. Aber ich sehe wegen des Nachfrageüberhangs weder eine ungesunde Entwicklung noch eine Preisblase. Die Preissensibilität der Investoren hat zuletzt wieder etwas nachgelassen. Denn die Refinanzierung spielt bei den Vorsorge- wohnungen keine große Rolle. Das ist vor allem bei den Eigennutzern ein Thema. Entscheidend ist, dass sich der Mieter die Miete leisten kann. So ist es, und deshalb versprechen wir in den Kalkulationen keine Fantasiemieten von 15 oder 16 Euro pro Quadratmeter und Monat. Auf den Mietauftrieb reagieren die Bauträger damit, dass die Wohnungen kleiner und kompakter werden. Es ist wie in den 60er- Jahren: die kompakte Dreizimmerwoh- nung auf 60 Quadratmeter und die Zwei- zimmerwohnung auf 45 Quadratmeter sind im Moment der absolute Renner. Damit bleibt die Gesamtbelastung für Käufer wie Mieter in einem gewissen Rahmen. Allerdings kann sich auch nicht jeder 12 oder 14 Euro Miete leisten. Daran ändert auch der enorme Zuzug in die Stadt nichts. Das stimmt auch, das ist aber nicht die Klientel, für die wir bauen. Das muss man ehrlich sagen. Unsere Mieter dürfen nicht mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkom- mens für das Wohnen aufbringen. Das wird geprüft, und viele Interessenten fallen hier durch. Nicht jeder kann sich unsere Woh- nungen leisten, das ist einfach so. Sie sagen, dass Sie viel mehr verkaufen könnten, weil die Nachfrage so groß ist. Trotzdem sind manchmal auch kleinere Projekte mehrere Monate im Vertrieb. Woran liegt das? Die Bauträger kalkulieren mit dem vollstän- digen Verkauf bis ein Jahr nach der Fertig- stellung der Immobilie. Das schaffen wir immer. Wir haben schon bei Fertigstellung in der Regel 85 bis 90 Prozent verkauft, wobei die klassische Vorsorgewohnung mit zwei Zimmern immer ausverkauft ist. Länger im Vertrieb dauern die Dachgeschoß-Maisonetten und die Eigennutzerwohnungen. Diese Käufer wollen die fertige Wohnung besichtigen, bevor sie sich entscheiden. Haben Ihre Kunden Präferenzen hin- sichtlich der Lagen? Sind Wohnungen jenseits der Donau weniger beliebt als diesseits? Alle wünschen sich die Lagen in den inneren Bezirken, die es aber schon lange nicht mehr gibt. Generell sind Immobilien in U-Bahn- Eigentumswohnungen in Wien sind teuer geworden. Trotzdem erwarten die Investoren eine gute und vor allem sichere Veranlagung. FONDS professionell sprach mit Mag. Marion Weinberger-Fritz , Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnung, über die Herausforderungen in einem umkämpften Markt. „Wir versprechen in den Kalkula » Die Produkt- beschaffung mit vernünftigen und preislich adäquaten Projekten ist die größte Herausforderung. « Mag. Marion Weinberger-Fritz, RVW sachwerte I marion weinberger-fritz | raiffeisen vorsorge wohnung 140 www.fondsprofessionell.at | 1/2019

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