FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018

Foto: © Chris Renton D er Dexia-Konzern musste in der Finanzkrise 2008 mit Mil- liarden aus der französischen und belgischen Staatskasse gerettet werden. 2011 folgte wegen Abschrei- bungen auf griechische Anleihen der nächste Schlag – die Bank musste aufgespalten werden. Die Asset-Ma- nagement-Sparte landete im Februar 2014 beim US-Versicherer New York Life. FONDS professionell traf Naïm Abou-Jaoudé (52), seit 2007 Vor- standschef des Fondsanbieters, in Brüssel zum Interview. Herr Abou-Jaoudé, bald ist es fünf Jahre her, dass Dexia Asset Management von New York Life Invest- ments übernommen und in Candriam umbenannt wurde. Wie hat sich das Unternehmen seither entwickelt? Naïm Abou-Jaoudé: Sehr gut. Wir konnten seither jedes Jahr hohe Mittelzuflüsse ver- buchen, auch in diesem Jahr, in dem es an den Märkten deutlich volatiler zugeht. Unser ver- waltetes Vermögen ist seit der Übernahme um 80 Prozent auf 120 Milliarden Euro gestiegen. 40 Milliarden Euro entfallen auf Nettomittel- zuflüsse. Das macht uns auf Sicht von fünf Jahren zu einem der am schnellsten wachsen- den Asset Manager Europas. Wie lautet Ihre Erklärung dafür? Unsere Werte kommen bei den Investoren an. Candriam steht für „Conviction and Respon- sibility in Asset Management“. Wir investie- ren mit Überzeugung und verantwortungsvoll. Das behaupten viele Asset Manager. Das sind bei uns keine Worthülsen. Ein Beweis ist unser stabiles Team. Das Manage- ment des Unternehmens ist im Schnitt schon seit 14 Jahren an Bord. Oder nehmen Sie Achim Gilbert, der unser Geschäft in Deutschland und Österreich leitet: Er kam im Jahr 2006 zu uns, als wir das Büro in Frank- furt eröffnet haben. Dennoch: Das allein kann die jüngsten Erfolge nicht erklären. Ich führe den Erfolg konkret auf drei Säulen zurück: den starken Vertrieb, gute, innovative Produkte und den Aufschwung der nachhalti- gen Investments. Den ersten SRI-Fonds haben wir beispielsweise schon 1996 aufgelegt, genau wie unseren ersten Schwellenländer- aktienfonds. Damals waren das absolute Ni- schenthemen. 1998 folgte unser erster Fonds, der in europäische Hochzinsanleihen inves- tiert. Er wird übrigens heute noch vom glei- chen Portfoliomanager verantwortet wie bei der Auflage vor 20 Jahren. Das Gleiche gilt für unsere im Jahr 2000 aufgelegte Biotech- Strategie, auch hier gab es noch keinen Fondsmanagerwechsel, ebenso wie bei unse- rem nachhaltigen Schwellenländerfonds, der seit zehn Jahren am Markt ist. Hilft es im Vertrieb, Teil eines großen US-Konzerns zu sein? Auf jeden Fall. Wir haben vor zwei Jahren begonnen, unsere Fonds auch außerhalb Europas zu vermarkten. Wir haben ein eige- nes Büro in New York eröffnet; in Südkorea, Japan und Australien vertreiben die Kollegen von New York Life Investment Management International außerdem unsere Anlagestrate- gien mit. Im vergangenen Jahr konnten wir so fast eine Milliarde Euro zusätzlich einwerben. Auf der anderen Seite können wir zusätzliche Lösungen von NYLIM nach Europa holen. Auch das ist eine echte Win-win- Situation, weil wir unseren Kunden auf diesemWeg Strategien anbieten können, die wir früher nicht hatten, zum Beispiel im Private-Debt- oder US-High-Yield-Segment. Regiert New York ins Tagesge- schäft rein? Oder arbeiten Sie eher wie ein eigenständiges Un- ternehmen? Wir genießen hohe Autonomie. NYLIM verfolgt einen Multi-Bou- tique-Ansatz, was große Vorteile bietet. Wir haben zum einen die Stabilität eines „AAA“- gerateten Großkonzerns im Rücken, sind auf der anderen Seite aber lokal verwurzelt, nahe am Kunden mit Büros in zehn europäischen Ländern. Ein weiterer Vorteil ist, dass New York Life nicht börsennotiert ist, was ein wirklich langfristiges Denken erlaubt. Unsere Konzernmutter will bei uns keinen schnellen Gewinn abschöpfen, sondern sie investiert kräftig in die gesamte Wertschöpfungskette. Vorhin fiel das Stichwort Nachhaltigkeit. Heute brüstet sich fast jedes Fondshaus, in diesem Segment Vorreiter zu sein. Das Thema ist Teil unserer DNA, nicht nur als Fondsmanager. Seit 2006 veröffentlicht unsere Firma jedes Jahr einen Nachhaltig- keitsbericht. Wir leben, was wir predigen und von anderen Unternehmen verlangen. Mittlerweile verwalten Sie 30 Prozent Ihrer Fonds und Mandate nachhaltig. Wo soll diese Quote in fünf Jahren liegen? Bei etwa 40 Prozent. In den zurückliegenden fünf Jahren haben wir die Quote von 20 auf rund 30 Prozent gesteigert. Doch das klingt nach weniger, als es ist, denn dieser Ausbau geschah vor dem Hintergrund des schnellen Wachstums des gesamten Unternehmens. Naïm Abou-Jaoudé arbeitet seit 22 Jahren beim Fondsanbieter Candriam respektive dessen Vorläuferfirmen, davon fast zwölf Jahre als Vorstandschef. Im Interview erläutert er, was sich durch den neuen Eigentümer New York Life geändert hat – und warum Nachhaltigkeit für sein Haus mehr ist als ein Lippenbekenntnis. „Wir leben , was wir predigen“ » Wir dürfen keine Zeit verlieren: Wir sind die erste Generation, die vom Klimawandel betroffen ist, und vielleicht die letzte, die etwas dagegen unternehmen kann. « Naïm Abou-Jaoudé, Candriam vertrieb & praxis I naïm abou-jaoudé | candriam 220 www.fondsprofessionell.at | 4/2018

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