FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

K ann man als Geldinstitut im Verlauf einer Finanzkrise, auf deren Höhe- punkt so mancher Mitbewerber vom Staat gerettet werden muss, eine neue Dienstleistungssparte an den Start bringen und auf Wachstum in einem Be- reich setzen, den man davor kaum abge- deckt hat? Erstaunlicherweise ist auch das möglich. Die Raiffeisenbank Attersee-Süd mit Sitz in Nussdorf startete vor genau zehn Jahren in einem solchen Umfeld mit einer ebenso ungewöhnlichen wie ehr- geizigen Idee: Sie wollte ein eigenes Pri- vate-Banking-Institut in die klassische Re- gionalbank integrieren. Unterstützt durch den auf Private Banking spezialisierten Bera- ter Axel Schweizer wurde innerhalb von zwei Jahren die neue Banksparte entwickelt. Und rückblickend war die Entscheidung für Bank- direktor Markus Aigner mehr als nur richtig, konnte man das betreute Vermögen doch von anfangs 32 Millionen Euro innerhalb der ver- gangenen zehn Jahre auf über 700 Millionen Euro steigern. Wie dies gelungen ist und was man für die Zukunft plant, erklären Aigner, Schweizer und der Leiter des Private Ban- king, Michael Karl Sulzbacher, im Interview. Herr Aigner, die Idee für eine eigene Private-Banking-Einheit entstand 2006. Wie kam es dazu? Markus Aigner: Ich bin seit 1999 in der Geschäftsleitung. 2005 hat es dann einen Wechsel in der Geschäftsführung gegeben und Sandra Mayrhauser- Schiemer wurde in die Geschäftslei- tung berufen. Nachdem wir gesehen haben, dass es der Bank eigentlich gut geht, haben wir uns nach einem Jahr entschlossen, strategisch nach vorn zu blicken. In einem zweitägigen Strate- gieworkshop haben wir uns die Frage gestellt, welche Möglichkeiten es für eine Weiterentwicklung geben könnte. Dabei sind wir sehr schnell bei dem Thema Attersee und Zweitwohnungs- besitzer gelandet. Wir stellten uns dann die Frage, wie man diese Zielgruppe erreichen kann. Private Banking und Vermögensveran- lagung lagen dabei auf der Hand, und wir ent- schlossen uns, in diese Richtung zu arbeiten. Das war der Start. Im zweiten Schritt haben wir begonnen, uns mit den Details zu beschäf- tigen: Was braucht man, was muss man bie- ten, wie muss so ein Angebot aussehen? Wir sind dann unter anderem auch zur Private- Banking-Einheit der Raiffeisenbank Kleinwal- sertal (Anm. d. Red.: heute Walser Privat- bank) gefahren, um uns einmal deren Konzept anzusehen. Dort haben wir dann auch Axel Schweizer kennengelernt, der damals im Pri- vate Banking tätig war. Zufällig haben wir er- fahren, dass er gerade dabei war, sich als Consultant im Private-Banking-Bereich selbstständig zu machen. Also haben wir ihn als Organisationsberater hinzugezogen und das Projekt gemeinsam entwickelt. Der eigentliche Start erfolgte dann im Mai 2008. Angesichts der kurz darauf folgenden Finanzkrise rückblickend betrachtet wohl vom Zeitpunkt her nicht ideal gewählt? Aigner: Wir haben ja nicht gewusst, dass es im Oktober crasht, aber wir sind damals schon mit einem konservativen Anspruch angetreten und haben mit den Kunden vor allem über Kapitalerhalt gespro- chen. Damals haben wir gesagt, wenn wir das erreichen, sind wir sehr zufrieden, und an die- ser Grundlinie hat sich bis heute überhaupt nichts geändert. Karl Michael Sulzbacher: Diese Krise konn- ten wir natürlich nicht einmal ansatzweise erahnen, sie hat uns aber bestätigt, dass wir mit unserem Ansatz richtigliegen. Unsere Kunden sind in erster Linie Manager oder Unternehmer, die es geschafft haben, sich mit ihrer Arbeit oder mit ihrem Unternehmen ein Vermögen aufzubauen. Was man vorher mit harter Arbeit und auch mit unternehmeri- schem Risiko verdient hat, gilt es in der Folge zu erhalten und nicht hin- terher dann an der Börse zu ver- spekulieren. Aus diesem Grundsatz heraus ist unser konservativer Bera- tungsansatz entstanden. Insofern war der Zeitpunkt unseres Markteintritts rückblickend gar nicht so schlecht gewählt. Zudem war es unser Ziel, im ersten Jahr zehn Millionen Euro Neuvolumen zu machen, am Ende waren es dann trotz Krise 14 Millio- nen Euro. Was waren rückblickend die größ- ten Schwierigkeiten, die es vor dem Start zu bewältigen gab? Im Jahr 2008 startete die Raiffeisenbank Attersee-Süd ihre eigene Private-Banking-Einheit. Im Gespräch erklären Geschäftsführer Markus Aigner und Michael Karl Sulzbacher , Leiter des Private Banking, sowie Axel Schweizer von gbv – Consulting , wie sich die Einheit in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat. „Das Schwierigste sind die er » Wir sind mit einem Wertpapiervolumen von 35 Millionen Euro gestartet und liegen jetzt bei 700 Millionen Euro. « Markus Aigner, Private Banking Attersee Foto: © Marlene Fröhlich | LuxundLumen Entwicklung des verwalteten Vermögens Das verwaltete Vermögen konnte innerhalb von zehn Jahren auf über 700 Millionen Euro gesteigert werden. Quelle: PB Attersee, (Zahlen inkl. Performance). 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Juli 2018 ’17 ’16 ’15 ’14 ’13 ’12 ’11 ’10 ’09 ’08 Mai 2008 Mio. Euro 713 Mio. Euro 10 Mio. Euro Z Depotvolumen PB (inklusive Performanceentwicklungen) bank & fonds I private banking attersee 232 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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