FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

Foto: © Antje Lenz von Kolkow T raditionell wird ein Haus wie Gold- man Sachs in erster Linie als welt- weit tätiges Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen wahrge- nommen, das vor allem das Geschäft mit Großunternehmen und institutionellen Investoren im Visier hat. In der jüngeren Zeit aber versuchen die Amerikaner ver- stärkt mit ihrer Investmentsparte auch im Retailgeschäft Fuß zu fassen. Und das nicht ohne Erfolg, wie Marie Cardoen, Leiterin Third-Party-Geschäft in Deutsch- land und Österreich, und Nick Phillips, Head of International Retail Client Busi- ness von Goldman Sachs Asset Manage- ment (GSAM), im Interview aufzeigen können. Auf sich aufmerksam gemacht hatte das US-Haus zuletzt durch die Nachricht, dass es im ersten Halbjahr 2019 in den europäischen ETF-Markt einstei- gen will. Als künftigen Leiter der neuen Spar- te konnte ein in Goldman-Kreisen alter Be- kannter verpflichtet werden: Peter Thompson, Gründer der im April an Invesco verkauften Gesellschaft Source ETF, kehrt sozusagen zu seinem früheren Arbeitgeber zurück, er hatte bereits in den Neunzigern zehn Jahre lang auf der Payroll von Goldman Sachs gestanden. Und auch in der Robo-Beratung von Privat- kunden will GSAM ein gehöriges Wörtchen mitreden, wie Cardoen und Phillips beteuern. Wenn man in der Branche über die Asset Manager der großen US-Banken spricht, dann fällt meist nicht gleich der Name Goldman Sachs Asset Manage- ment. Woran liegt das? Marie Cardoen: Im institutionellen Geschäft wird unser Unternehmen durchaus schon sehr lange als wirklich global agierender Asset Ma- nager mit einer Präsenz in allen großen Märk- ten wahrgenommen, und das durchaus diver- sifiziert über die verschiedensten Assetklassen wie Aktien, Renten und Alternative Assets. Im Retailvertrieb ist das tatsächlich erst in den letzten Jahren der Fall. Was speziell unser deutsches Geschäft angeht, darf man nicht vergessen, dass Deutschland – ganz im Ge- gensatz etwa zu Frankreich – ein sehr stark dezentral funktionierender Markt ist. Deshalb arbeiten wir hier seit einiger Zeit mit ent- sprechenden Vertriebsspezialisten für einzelne Regionen, um eine bessere Betreuung unserer Vertriebspartner zu erreichen. Oder spielt dabei auch eine Rolle, dass die Wahrnehmung von Goldman Sachs lange Zeit eher auf das Investment- banking und das Private Banking, aber weniger auf das Asset Management gerichtet war? Nick Phillips: Das mag eine Rolle gespielt ha- ben. Goldman Sachs ist seit rund 30 Jahren in Deutschland präsent, wir beraten deutsche Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen, sind im Wertpapierhandelsgeschäft aktiv und bieten Asset und Wealth Management. In Deutschland haben wir imAsset Management tatsächlich erst im Jahr 2009 begonnen, signi- fikant in den Vertrieb und die personelle Ver- stärkung sowohl im Retailsektor als auch im Geschäft mit institutionellen Kunden zu inves- tieren. Davor war unser Geschäft sozusagen vom Head Office getrieben, und das eher über Banken und wenige feste Vertriebspartner. Hat sich dieses Investment ausgezahlt? Phillips: Auf jeden Fall! In den vergange- nen Jahren ist unser Geschäft nicht nur in Europa, sondern auch in unserem Heimat- land USA und in Asien sehr stark ge- wachsen. Inzwischen liegen der jeweilige Anteil des Investmentbankings und des Asset Managements am konzernweiten Gesamtergebnis nahezu gleichauf. Je nach Quartal kommen bis zu 20 Prozent unse- rer Erträge aus dem Anlagebereich. Das ist ein sehr viel größerer Anteil als bei vie- len anderen Asset Managern von Banken. In Europa ist neben Italien vor allem Deutschland einer der Märkte, auf die wir uns am stärksten konzentrieren. Wir sehen einen großen Kundenbedarf und damit viele Wachstumsmöglichkeiten für unser Geschäft. Im Retailbereich sind wir allein in den vergangenen zehn Monaten um 20 Prozent gewachsen. Können Sie uns Zahlen zu den insgesamt von Ihrer Gesellschaft in Österreich und Deutschland verwalteten Assets nennen? Phillips: Konkrete Zahlen zu den in einzelnen Ländern verwalteten Assets veröffentlichen wir nicht. Unsere Erfolge lassen sich aber sehr leicht amWachstum unserer über Luxemburg und Irland aufgelegten Gesamtpalette ablesen. Mit derzeit verwalteten Assets von rund 65 Milliarden US-Dollar sind wir in den vergan- genen neun Jahren von Platz 28 auf Platz 17 im internationalen UCITS-Universum aufge- stiegen, Geldmarktfonds nicht mitgerechnet. Auch was die Nettoabsatzzahlen angeht, ha- ben wir sehr gute Fortschritte gemacht, Ende des vierten Quartals 2017 standen wir bei die- ser Kennzahl noch auf Platz neun, Ende des ersten Quartals 2018 war es bereits Platz vier. Wobei mir nicht aufgefallen wäre, dass es ein spezielles Blockbuster-Produkt in IhremAngebot gäbe, das diesen Anstieg erklären würde. Cardoen: Wir sind sehr zufrieden damit, dass es nicht ein spezieller Fonds ist, der das Für ein Haus wie Goldman Sachs Asset Management ist der deutschsprachige Raum einer der bedeutend- sten Absatzmärkte, beteuern Marie Cardoen und Nick Phillips , beide in Diensten des US-Anbieters. Und das gelte schon lange nicht mehr nur für das institutionelle Geschäft mit Fondslösungen. „Was am Ende zählt, ist eine » Inzwischen liegen der jeweilige Anteil des Investmentbankings und des Asset Managements am konzernweiten Gesamtergebnis nahezu gleichauf. « Nick Phillips, Goldman Sachs AM vertrieb & praxis I nick phillips + marie cardoen | goldman sachs am 226 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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