FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

Foto: © Günter Menzl M ehr Wachstum, vor allem in den Städten, weniger Verwaltung in den Bundesländern, die Struktur in den österreichischen Allianz-Versiche- rungsgesellschaften wird sich verändern. Rémi Vrignaud, seit einem Jahr als Öster- reich-CEO im Amt, verrät im Gespräch mit FONDS professionell, welche Lan- desdirektionen zusammengelegt werden. Außerdem: was er von Bewertungen durch Kunden hält und welche Produkte verbessert werden sollen. Vor einem Jahr haben Sie den Vor- standsvorsitz in den österreichischen Allianz-Gesellschaften übernommen. Sie waren aber davor schon sehr lan- ge in der Gruppe – zuletzt 2016 als Leiter des CEO-Büros der Mün- chener Mutter Allianz SE. Von außen schaut alles nach einem sanften Über- gang aus. Wie war es für Sie? Vrignaud: Es war ein guter Übergang. Es ist ja für mich wie ein Nachhausekommen. Ich war hier elf Jahre, bevor ich 2012 CEO im stark wachsenden rumänischen Markt wurde. Als ich hierher zurückgekommen bin, haben wir eine strategische Standortbestimmung gemacht, geschaut, wo unsere Stärken und Schwächen sind. Wie schauen Umfeld, Markt und Mitbewerber aus, wo können wir Trends stärker antizipieren. Daraus haben wir eine Wachstumsagenda definiert: Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und Marktan- teile auf profitable Weise gewinnen. Wie, denken Sie, war der CEO-Wechsel für die Mitarbeiter? Haben die einen Generationenwechsel bemerkt? Das ist etwas ganz Natürliches. Wenn man so eine Standortbestimmung macht, dann möchte man etwas verändern – zum Positiven. Ich bin guter Dinge, dass die Mitarbeiter das auch so empfinden. Es heißt, Sie gehen viel in die Regionen und Vertriebe. Sind Sie manchmal in Ihrem Unternehmen inkognito unterwegs oder machen Sie Mysteryshopping? Ich wäre lieber noch viel öfter in den Regio- nen vor Ort. Ich bin letztlich ein Mensch und Kunde wie jeder – mit dem Unterschied, dass ich eben auch CEO bin. Und da ist es immer wieder interessant, das Unternehmen von beiden Seiten zu sehen. Da lernt man einfach. Inkognito … ich bin immer Rémi Vrignaud. Es ist nicht wie in dieser Sendung „Under- cover Boss“, wo sich der Chef einen Schnurr- bart aufsetzt. Das mache ich sicher nicht. Aber es geht mir darum, das Unternehmen auch so kennenzulernen. Es ist eine der Zielsetzungen in unserer Agenda, immer aus der Kunden- perspektive zu agieren. Zu Ihrem Plan gehört auch, dass aus den neun Landesdirektionen fünf wer- den. Steht schon fest, welche geschlossen werden und wann? Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und profitabel zu wachsen, haben wir Prioritäten festgelegt: Wir müssen effizienter und – das sage ich durchaus selbstkritisch – deutlich ein- facher werden. Dann müssen wir in Techno- logie und in organisches und anorganisches Wachstum investieren. Bei der Frage des Ein- fachwerdens wollen wir, dass der Kunde für nichts bezahlt, das ihm keinen Mehr- wert bringt. Da sehen wir Bereiche, wo wir uns näher am Kunden positionieren und unsere Abläufe optimieren müssen. Einhergehend damit reduzieren wir auch die Landesdirektionen von neun auf fünf. Details werden ausgearbeitet. Das soll mit 1. 1. 2019 stehen. Das ist im österreichi- schen Markt aber nichts Ungewöhnliches. Es gibt aber auch Mitbewerber, etwa die Donau, die sich explizit für ihre neun Direktionen aussprechen, um regionale Nähe zu demonstrieren … Was wir machen, ist die Verwaltung zu reduzieren. Mit der verkaufenden Mann- schaft sind wir dort, wo der Kunde ist. Ein Beispiel: Vorarlberg und Tirol be- trachten wir künftig als eine Region. Das be- deutet sicher nicht, dass ein Maklerbetreuer in Vorarlberg jetzt dauernd nach Tirol pilgern muss. Wir müssen uns von diesen fixen stati- schen Standorten trennen. Die Arbeitswelt modernisiert sich. Es ist unsere Aufgabe, die Kommunikationswege, die Abläufe auf einen Stand zu bringen, wo es egal ist, ob du in Bregenz bist, im Montafon oder im Zillertal. Der Schritt wird übrigens auch damit einher- gehen, dass die Regionaldirektoren mit mehr Kompetenzen und Geschwindigkeit ausge- stattet werden. Was wären konkrete Beispiele für mehr Geschwindigkeit und Kompetenz? Prämienseitige, administrative oder gewisse personelle Entscheidungen, wo man heute deutlich mehr mit Wien kommunizieren muss, sollen im Rahmen von Leitlinien, Budgets und Kompetenzen schneller vor Ort entschieden werden können. Welche Regionen fallen außer Vorarl- berg und Tirol noch zusammen? Salzburg-Oberösterreich, Kärnten-Steiermark und Niederösterreich-Burgenland. Wien bleibt eine eigene Region. Im Versicherungswesen ist vieles zu kompliziert, meint Rémi Vrignaud , Chef der österreichischen Allianz Versicherungsgesellschaften. Er will Einfachheit auf allen Ebenen: verständlichere Sprache in den Versiche- rungstexten, weniger Verwaltung, mehr Schnelligkeit für die Landesdirektoren, direktere Kundeninteraktion. „Ich glaube, dass wir wahn » Es ist nicht wie in der Sendung › Undercover Boss ‹ , wo sich der Chef einen Schnurrbart aufsetzt. Aber es geht mir darum, das Unternehmen auch so kennenzulernen. « Rémi Vrignaud, Allianz Österreich fonds & versicherung I rémi vrignaud | allianz 178 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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