FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

G ängige Börsenbarometer taugen längst nicht immer als guter Gradmesser für die Entwicklung eines Aktienmarktes – oder gar als Basis für ein Investment. Auf- grund ihrer Ausrichtung anhand der Markt- kapitalisierung erhalten große Konzerne mit hoher Bewertung ein Übergewicht. Kleinere Titel mit geringeremWert sind dagegen unter- repräsentiert. Diese Ungleichgewichte sind mittlerweile weithin bekannt. Dem Wachstum börsengehandelter Index- fonds (ETFs) tut dies keinen Abbruch. Das Volumen steigt, der Marktanteil wächst (siehe Grafiken). Doch neben diesen Gewichtsproble- men leiden viele Messlatten noch un- ter weiteren Konstruktionsfehlern, die weniger publik sind. So führt der Auf- bau nach Marktkapitalisierung etwa beim S&P 500 dazu, dass der US- Leitindex zeitweilig nur von IT-Aktien wie Apple, Amazon, Netflix oder Cis- co bestimmt wurde – nach oben wie nach unten. Wenn die Entwicklung von einer Branche diktiert wird, taugt der Index schwerlich als Abbild des Gesamtmarktes. Auch ein gut diversifiziertes Investment gewährleistet er nicht. Die Tech-Werte sorgen auch dafür, dass ein Engagement in einen S&P-500-ETF eine wei- tere Unwucht mit sich bringt: Denn die der- zeitigen Kurstreiber sind allesamt Wachstums- aktien. Aufgrund des Hypes sind sie höher bewertet und nehmen daher ein größeres Gewicht ein als Substanzwerte. „Das verleiht dem Investment einen Style-Bias“, erläutert Klaus Kumper, Portfoliomanager der Wiener Privatbank Gutmann. Growth-Titel überwie- gen gegenüber Value-Papieren – was nicht immer zum Vorteil gereicht. „Außerdem er- hält das Portfolio eine verstärkte Ausrichtung auf Momentum-Aktien“, meint Kumper. Wenn der Kurs einer Aktie überproportional steige, nehme auch deren Gewichtung im Index zu, so der Experte des Wiener Instituts. „Es wird wohl nicht die Ambition aller ETF- Käufer sein, in eine Momentum-Strategie zu investieren“, konstatiert Kumper. Übersee statt USA Ein weiterer Nebeneffekt verwässert zudem die Idee eines Indexinvestments: die Globali- sierung. Der S&P 500 gilt zwar als eines der Leitbarometer für die US-Wirtschaft, doch die darin vertretenen Unternehmen erwirtschaften längst nicht mehr den Großteil ihrer Umsätze im Binnenmarkt. Tatsächlich stammen 38 Prozent der Erlöse von außerhalb des Hei- matlandes. 14 Prozent entfallen auf Europa und fast acht Prozent auf die Volksrepublik China, zeigt eine Auswertung der Rating- gesellschaft Morningstar. Im deutschen Leitbarometer ist das Verhält- nis noch eklatanter: Gut drei Viertel ihrer Um- sätze erwirtschaften die 30 Dax-Konzerne au- ßerhalb Deutschlands, zeigt eine Analyse der Unternehmensberatung EY. Bei Linde, Hei- delberger Cement, Adidas und FMC sind es sogar über 90 Prozent. Aus der Sicht der Risikostreuung mag die globale Ausrichtung der Dax-Mitglieder will- kommen sein. Doch wer in Reinform an der deutschen Volkswirtschaft par- tizipieren will, muss sich einen anderen Weg suchen. Am Markt gibt es bereits andere Entwürfe – mit langer Tradition. So ist der Ur-Vater aller Indizes, der Dow Jones Industrial Average, ein preisge- wichtetes Barometer. „Die Berech- nung des Dow Jones erfolgt anhand der Aufsummierung der einzelnen Aktienkurse und der anschließenden Division durch die Anzahl der Aktien, in diesem Fall 30“, erläutert Akhil Börsenbarometer sind bekanntlich mit Strukturfehlern behaftet. Einige Unwuchten werden aber kaum beachtet – obwohl auch sie Portfolios in Schieflage bringen. Indizes mit Schlagseite Gekentertes Segelboot: Viele der klassischen Marktindizes weisen Ungleichgewichte auf. Manche lauern im Verborgenen – und können einem Portfolio eine ungewollte Schlagseite verpassen. Passiver Vorreiter Anteil passiver und aktiver Strategien am Fondsvermögen Im amerikanischen Markt entfällt bereits mehr als ein Drittel des Fondsvolu- mens auf passive Ansätze. Quelle: Lyxor/Morningstar-Daten per Ende 2017 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Europa 8,4 Bio. USD Weltweit 32,8 Bio. USD USA 18,1 Bio. USD 37 % passiv 27 % passiv 16 % 63 % aktiv 73 % aktiv 84 % aktiv Foto: © Daniela Knipper | stock.adobe.com, Samantha Sanchez, Franklin Templeton, Pertramer 104 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 markt & strategie I börsenindizes

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