FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

klärt FMA-Vorstand Kumpfmüller: „Eine In- formation des Haftungsdachs ist nicht zwin- gend erforderlich, da gemäß § 90 Abs. 3 WAG 2018 die Befugnisse der FMA unmit- telbar auch gegenüber VGV/WPV ausgeübt werden dürfen.“ Im Klartext liegt es also im Ermessen der Behörde, ob das Haftungsdach informiert wird oder nicht. Auch wenn dies nicht passiert, bleibt in der Regel noch genü- gend Zeit, um das Haftungsdach über den an- gekündigten „Besuch“ zu unterrichten. Laut FMA-Vorstand werden VGVs grundsätzlich zwei Wochen vor einer Prüfung verständigt. Die Prüfungsfälle, die Necas als Revisor oder Wirtschaftsprüfer von Wertpapierfirmen be- kannt sind, liefen übrigens sehr professionel ab. „Es ist natürlich ratsam, kooperativ zu sein, die Prüfer zu unterstützen und die Fragen ordentlich zu beantworten. Wenn ich als Re- visor oder Wirtschaftsprüfer das Gefühl habe, die Geprüften nehmen die Vor-Ort-Prüfung nicht ernst oder sind unkooperativ, dann wird die Revision zwangsläufig umfangreicher. So sollte man auch die Vor-Ort-Prüfungsteams der FMA entsprechend unterstützen“, betont Necas. Und Maximilian Habsburg-Lothrin- gen, Geschäftsführer bei NWT Consulting & Compliance, ergänzt: „Da viele VGVs ihren Gewerbestandort zu Hause haben, findet die Prüfung naturgemäß auch dort statt, darauf sollten sich die Berater einstellen. Grundsätz- lich stellt das allerdings kein Problem dar. In der Regel ist die Prüfung innerhalb von we- nigen Stunden vor Ort erledigt. Und die VGVs sollten es ja bereits gewohnt sein, dass die interne Revision oder die Compliance des Haftungsdachs vorbeischaut und prüft.“ Auf die leichte Schulter sollte man die FMA-Prü- fung allerdings nicht nehmen – gemessen an den bisherigen Erfahrungswerten ist die Prü- fung sehr genau. Etliche Punkte werden dabei sehr akribisch kontrolliert (siehe Kasten). So wird im Detail überprüft, ob die Unterlagen zum Beratungsprozess Mifid-II-konform sind. Auch die Internetseiten der Berater werden im Zuge der Prüfung aufs Korn genommen. Fehlt der Verweis auf den Rechtsträger oder bezeichnet sich ein Berater fälschlicherweise als unabhängig, wird dies bemerkt und auch beanstandet. „Nur Kleinigkeiten beanstandet“ Trotzdem wurden bei den bisherigen Prü- fungen laut Necas erfreulicherweise nur Klei- nigkeiten beanstandet. „Etwa dass der Ge- werbestandort geändert wurde und dies der Behörde beziehungsweise dem Haftungsdach nicht mitgeteilt wurde. Oder auch dass die Passwörter bei der IT nicht regelmäßig geän- dert wurden. Dies zeigt auch, dass offenbar bei den bisher Geprüften die Haftungsdächer und deren Revisoren gute Arbeit geleistet ha- ben und die Organisation, Compliance und Revision auch bei den Erfüllungsgehilfen funktioniert.“ Necas rät den VGVs jedenfalls dazu, das Haftungsdach umgehend darüber zu informieren, wenn die FMA eine Vor-Ort-Prü- fung ankündigt. „Es ist zwar nicht Pflicht, dass jemand vom Haftungsdach dabei ist, ich würde allerdings empfehlen, dass zumindest der Compliance-Verantwortliche des Unter- nehmens vor Ort ist – einfach um zu sehen, welche Anmerkungen die Behörde hat und ob es Verbesserungsbedarf gibt. Schließlich gilt es ja auch das Risiko zu reduzieren und die Qualität der Beratung und Betreuung der Kunden sicherzustellen“ Sinnvoll ist die Teil- nahme eines Haftungsdachvertreters bei einer Vor-Ort-Prüfung auf jeden Fall. Nach den Er- fahrungen des NWT-Experten werden die da- bei eingeholten Informationen bei einem Be- such des Rechtsträgers nochmals gegenge- checkt. Über diese weitere Prüfung werden die betroffenen Haftungsdächer im Vorfeld in- formiert – Behördenchef Kumpfmüller erklärt dazu: „Sollte ein Haftungsdach im Zusam- menhang mit einem VGV/WPV vorher oder nachher geprüft werden, gelten die gleichen Prüfvoraussetzungen wie beim VGV/WPV.“ In der Praxis sieht sich die Behörde dann in einem vertretbaren Zeitrahmen nach der Prü- fung quasi spiegelbildlich beim Haftungsdach an, wie das Vertragsverhältnis mit dem VGV dort abgebildet ist. Dabei werden laut Necas beispielsweise folgende Punkte abgearbeitet: „Überprüft werden etwa die Ausbildungs- nachweise des VGV, welche Dokumentatio- nen es hinsichtlich des Vertrags mit dem VGV gibt, wie oft und regelmäßig der Gewerbe- schein überprüft wird. Aber etwa auch ob es einen Strafregisterauszug zum persönlichen Leumund des VGV gibt. Und schließlich wird auch die Frage gestellt, ob beim Haftungsdach Beschwerden von Kunden des VGV auflie- gen.“ GEORG PANKL | FP Mag. Cornelius Necas, NWT: „Ich würde empfehlen, dass jemand vom Haftungsdach bei der Prüfung dabei ist.“ Mag. Klaus Kumpfmüller, FMA: „In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden sechs Prüfungen durchgeführt.“ Punkte, die von der FMA geprüft werden Folgende wesentlichen Punkte werden von der Finanz- marktaufsicht im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung geprüft: • Stimmen die Stammdaten des angebundenen Beraters (VGV, WPV (wo noch), vormals selbst konzessioniert, aktuelle Gewerbescheine, Sitz/Geschäftsanschrift etc.) • Wie sieht die Organisation des Beraters aus? Hat er Mitarbeiter (Backoffice, gibt es interne Leitlinien etc.)? • Wie gestaltet er den Außenauftritt (Vollmachtausweise, Website, Türschilder, eigene Unterlagen und Geschäfts- papiere)? • Wie läuft die Kommunikation mit Klienten (E-Mail, Telefon, Aufzeichnungen, Archivierung)? • Wie erfolgt die Kundengewinnung (Umfeld, Werbung, Tippgeber)? • Wie organisiert er seine Aus- und Weiterbildung (Nachweise, Dokumentation)? • Wie sieht die EDV aus (Sicherung von Unterlagen, Zugriffsrechte)? • Wie sieht sein Geschäftsmodell aus (Versicherung, Finanzierungen, Beteiligungen)? • Wie steht es um Kunden und Vermittlungen (Beschwer- den, Klagen, Lieblingsprodukte und Produktauswahl, Risikostreuung, Eigengeschäfte)? Quelle: NWT Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH 225 www.fondsprofessionell.at | 2/2018

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