FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018
sive Produkte an. Das ist vor allem wegen Mifid II sinnvoll. Heute muss man für jeden einzelnen Fonds-Provider eine laufende Due Diligence machen. Für mich ist das beste Bei- spiel ein großer ungarischer Kunde, der sagt: „Ich hab meine Inhouse-Fonds und als einzi- gen externen Partner Fidelity. Ich brauche nur drei passive Fonds und möchte nicht wegen eines neuen Providers die ganze Due Dili- gence noch einmal machen.“ Genau dieses Bedürfnis kann ich nun befriedigen. Derzeit haben wir sechs Indexfonds, bei Bedarf kann ich das auch erweitern. Wir planen aber nicht, Blackrock zu werden. Das passive Geschäft ist in weiten Bereichen ein reines Volumen- geschäft. Wir wollen hier keinen Marktan- teilskampf mit den großen Passivanbietern anzetteln, die ganz andere Kostenrechnungen haben. In der Branche geht es in letzter Zeit mehr denn je um Größe. Verfolgen Sie mit der ETF- oder Passivschiene nicht doch Marktanteilsziele? Ja, absolut. Wegen Mifid II schaffen es An- bieter mit wenigen Fonds oft nicht mehr auf die Listen der Vermittler, weil es zu teuer ist, für jeden eine Due Diligence zu machen. Ers- tens wollen wir Marktanteile behalten bezie- hungsweise gewinnen gegenüber kleineren Anbietern, die aus den Listen rausfliegen. Auch dafür bieten wir ETFs und Passives. Und zum Zweiten: Viele Kunden haben ein ungutes Gefühl, wenn sie einen großen Pas- sivanteil haben und nur einen Provider. Das Gute ist: Wir sind privat, denken langfristig und sind groß genug, um das machen zu kön- nen, wenn die Kunden es brauchen. Dabei müssen wir nicht sofort auf den Break Even zusteuern. Wir haben früher gedacht, die Kun- den brauchen das nicht, aber sie brauchen es. Worin sehen Sie nach der Gebühren- frage und der Aktiv-Passiv-Diskussion die nächste große Herausforderung in der Fondsbranche? Es wird sehr viel von Robo Advice gespro- chen, und Fidelity ist in den USA ja schon lange mit einem Robo Advisor tätig. Hier in Österreich bekommen wir sehr viel davon mit, weil wir die Fondsbank FFB haben. Robo Advisors haben meist eine coole Web- site und ein Allocation-Modell, aber dahinter brauchen sie jemanden, der die mühsame und teure Fondsabwicklung und Kundenkon- tenführung macht. Und viele dieser Robo Advisors kommen damit zur FFB. Wir sehen aber Robo Advisors nicht als Revolution. Das sind teils einfach nur sehr effiziente Vertriebe für Kunden, die schon wertpapieraffin sind. Die Fondsbranche kann ja mehr Vertriebe brauchen. Wie sieht Ihr Marktausblick für den weiteren Jahresverlauf aus? Wir sind ,End of Cycle‘, niemand weiß, wie lang das dauert – 18 Monate oder zwei Jahre? Was wir sehen, ist eine erhöhte Volatilität, und in vielen Bereichen ist der Markt – gemessen an historischen Kriterien – nicht mehr billig. Aber auch in diesem Jahr wird mit Aktien mehr zu verdienen sein als mit Renten und sicher auch mehr als mit Cash. Wir sind weiter Risk on, sagen aber allen Vertrieben: Ihr müsst sicherstellen, dass eure Kunden die Volatilität durchhalten. Wir erklären jetzt sehr häufig, wie der ,End of Cycle‘ aussieht und was Volatilität bedeutet, denn das kennt heute keiner mehr. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es fast zehn Jahre lang linear nach oben ging – mit ganz kurzen Zacken. Welche Produkte eignen sich für eine solche Phase? Wir setzen sehr auf unsere Income-Schiene, also Produkte, die regelmäßige Einkünfte anstreben. Wenn ein Investor regelmäßige Ein- künfte sieht, toleriert er die Volatilität viel eher – das ist ein klassisches Behavioral-Finance- Phänomen. Diese Produkte waren bereits im Vorjahr sehr erfolgreich. Income verhindert das katastrophale Verhaltensmuster, dass oben ge- kauft und unten verkauft wird. Ich sitze häufig in Gesprächen mit Private-Banking-Kunden – so ab zwei Millionen Euro Volumen – und das ist genau das, was diese Kunden wollen. Und das funktioniert auch für kleinere Retailkunden. Mit Income kann ich dem Risiko entgegen- wirken, dass ich zwar als Berater alles richtig gemacht habe, der Kunde dann aber doch die Nerven wegschmeißt, weil er die Volatilität nicht aushält. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Dr. Adam Lessing ist weiter Risk on. Aber: „Wir erklären jetzt sehr häufig, wie schaut der End of Cycle aus, was heißt Volatilität? Das kennt keiner mehr.“ Lessing setzt in dieser Situation sehr auf die Income-Schiene. Foto: © Marlene Fröhlich für LuxundLumen Dr. Adam Lessing Adam Lessing ist seit 2010 Head of Central and Eastern Europe bei Fidelity International. Er hat breite internatio- nale Erfahrung in der Finanzbranche gesammelt. Der gebürtige Österreicher war für Aviva Investors und AXA Investment Managers genau so leitend tätig wie für Gold- man Sachs Asset Management. Der promovierte Jurist sitzt auch im Vorstand der Vereinigung ausländischer Investmentgesellschaften in Österreich (VAIÖ). » Wir sagen allen Vertrieben: Ihr müsst sicherstellen, dass eure Kunden die Volatilität durchhalten. « Dr. Adam Lessing, Fidelity vertrieb & praxis I adam lessing | fidelity 188 www.fondsprofessionell.at | 2/2018
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