FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

Kunden als zusätzliche Dienstleistung dabei hel- fen kann, eine Handysignatur einzurichten. Veyder-Malberg: Mit dieser kann der Kunde gemeinsam mit dem Berater dann auch seinen Pensionskontoauszug im Internet einsehen. Der Berater kann dem Kunden damit seine Pensions- lücke berechnen, was für die Beratung natürlich von Vorteil ist. Es gibt ja auch schon Vertriebe, die überlegen, ihre Vertriebspartner schulen zu lassen, damit diese die Lizenz haben, um eine qualifizierte Unterschrift freizugeben. Dann müsste man nicht mehr den Umweg über ein Callcenter gehen, das mittels Videoidentifizie- rung prüft. Damit hätte der Berater dem Kunden einen weiteren Mehrwert zu bieten. Die Vertrie- be müssen sich dabei jedoch die Frage stellen, ob sich das kostenmäßig rechnet. Pankl: Besteht durch die zunehmende Digi- talisierung nicht auch die Gefahr, dass die Berater langfristig ersetzbar werden? Zumin- dest hört man bei Beratern immer wieder von dieser Angst. Veyder-Malberg: Es wird ja auch immer von Fintechs beziehungsweise der Gefahr von Robo- Advisors gesprochen – und dass der Berater in Zukunft bald nicht mehr gebraucht wird. Der Prozess wird auch bei beiden derselbe sein, gewisse Fragen müssen ja gestellt werden. Auf- grund der extremen Komplexität braucht es meiner Meinung nach aber auch in Zukunft einen Berater, dem der Kunde vertraut. Robo- Advisors werden sich daher nicht so schnell durchsetzen, wie manche das glauben, auch wenn der Kunde für den Prozess an sich den Berater nicht braucht. Pohl: Ich denke, in zehn Jahren wird der Kunde Teilaspekte schon selbst durchführen können. Pankl: Im Execution-only-Bereich passiert das ja bereits … Veyder-Malberg: Ja, nur welche Kunden sind mit Execution only in der Vergangenheit gut gefahren, da gibt es genügend Untersuchungen (lacht). Ich denke, es könnte sein, dass der Kun- de im Hinblick auf die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz eines Tages einem künstlichen Berater gegenübersitzt, dem man alle Fragen stellen kann und der auch die richtigen Antworten gibt. Den physischen Bera- ter wird es mit seiner Erfahrung und Kompetenz allerdings trotzdem brauchen. Ich glaube, dass die Kombination aus einem Prozess mit ganz klaren Vorgaben, der die Einhaltung aller Regeln ermöglicht und die Effizienz deutlich steigert, und einem Gespräch mit dem Berater auch in Zukunft nicht ersetzbar sein wird. Die Kunst des Beraters muss es dann sein, das Thema nicht nur aufs Tablet zu bringen und den Kunden starr durch den Prozess zu führen, dann ist er nämlich wirklich ersetzbar. Er muss den Kunden elegant durch das Gespräch führen, sodass dieser gar nicht spürt, dass er gerade durch einen total engen Prozess geschleust wird. Das wird die Herausforderung für den Berater sein. Pankl: Herr Varga, wie gehen denn die Bera- ter in der Praxis nun mit der neuen digitali- sierten Beratungsdokumentation um? Ist das für viele der älteren Hasen nicht eine große Umstellung? Varga: Die an uns angeschlossenen Berater haben in den vergangenen Monaten bereits meh- rere hundert elektronische Anlage- und Ge- sprächsprotokolle abgeschlossen. Am Anfang muss man sich bei jedem neuen Tool erst einmal einarbeiten, dementsprechend ist es natürlich für einige eine Umstellung. Im Schnitt ist das Feed- back allerdings sehr positiv. Gegenüber dem Kunden wirkt der Berater nun moderner, und der Umstand, dass es nun weniger Reklamationen von Seiten des Haftungsdachs gibt, wurde sehr gut aufgenommen. Ich hätte eigentlich mit mehr Widerstand gerechnet. Veyder-Malberg: Ich glaube, dass Mifid II ein- fach viel Angst und Schrecken verbreitet hat. Die Berater wussten am Ende nicht mehr, was sie tun dürfen und was nicht. Durch den struk- turierten und juristisch abgesicherten Prozess, aus dem der Berater nicht rauskann, bekommt dieser auch eine enorme Sicherheit, das Richtige getan zu haben. Das ist schon ein Riesenvorteil. Pohl: Im Prinzip stellt der Berater im digitalen Prozess auch nicht mehr Fragen als im bisheri- gen Prozess. Wesentlich ist allerdings, dass er Christian Pohl, Pohl & Partner: „Mifid I hat der IT-Branche im Finanzdienstleistungsbereich ja bereits einen unglaublichen Schub gegeben, mit Mifid II ist es jetzt nicht anders.“ 170 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 roundtable I digitalisierung Fotos: © Günter Menzl » Als wir vor zehn Jahren versucht haben, einen digitalen Prozess zu implementieren, hat sich niemand dafür interessiert. Es zeigt sich also, dass es leider immer wieder eine gesetzliche Regulierung braucht, damit sich etwas verändert. « Christian Pohl, Pohl & Partner

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