FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018
Die Versicherungswirtschaft steht vor einer neuen großen Herausforderung: Der Bilanzierungsstandard IFRS 17 schreibt eine komplett neue Methode vor, um eine Polizze zu bilanzieren (siehe Kasten). Sie sehen das äußerst kritisch. Was passiert aus ihrer Sicht? Das Problem ist, dass das Prinzip des vorsich- tigen Kaufmanns „In guten Zeiten auf die Sei- te legen, damit man in schlechten Zeiten hat“ vollkommen aufgehoben wird. IFRS1 7 ist extrem stark annahmegetrieben. Sie rechnen heute das gesamte Ergebnis eines Lebensver- sicherungsvertrags hoch auf die Laufzeit und treffen zum Beispiel bezüglich der Kosten Annahmen: Sie können reinschreiben, dass die Verwaltungskosten über die Laufzeit gleich bleiben, oder Sie sagen, in zehn Jahren kommt es zu einer Kostendegression. Oder Sie gehen davon aus, dass die Steuer die nächsten 40 Jahre gleich ist. Das kann richtig oder falsch sein. Aber am Ende des Vertrags kommt ganz was anderes raus. Wir reden ja in der Versicherungswirtschaft von sehr lang- fristigen Verträgen. Die werden aber vom Ergebnis her heute bilanziert. Weil alles stark annahmegetrieben ist, können Sie umfang- reich eingreifen in die Gestaltung der GuV (Gewinn-und-Verlust-Rechnung, Anm.). Wäre nicht die FMA verantwortlich für eine Absegnung? Die Wirtschaftsprüfer und die FMA schauen drüber. Aber auch die können nicht wissen, wie die Situation in 20 Jahren sein wird. Im Prinzip folgt IFRS 17 ja dem Trend wie bei der Berechnung der Solvabilitäts- quote, wo jeder sein Modell vorlegt … … genau. Aber ob ich wie bei Solvency eine Quote von 240 oder 260 Prozent habe, das ist kein massiver Unterschied. In der GuV geht es um das Ergebnis des Jahres, das ist der fun- damentale Unterschied. Relevant wird das alles für die börsen- notierten Unternehmen, also auch für die VIG. Wie verhält man sich da? Ja. Es gibt die UGB-Bilanz weiterhin (natio- nale Bilanzierungsvorschriften des Unterneh- mensgesetzbuches, Anm.). Aber für die VIG ist IFRS 17 relevant. Wir werden weiter kon- servativ bilanzieren. Aber wir werden inter- nationale Konzerne sehen, die exorbitante Ergebnisse vorstellen, einfach weil sie die Ge- staltungsmöglichkeit haben. Und das Nächste ist: Ich bin schon gespannt auf die erste Bi- lanzpressekonferenz. Es gibt im IFRS 17 kei- ne Prämien mehr in der Leben, die normalen Kennzahlen fallen alle weg. Da werden dann nur noch Margins berichtet. Ich bin gespannt, wer das noch versteht. Transparent ist das nicht. Selbst wenn man die Technik dahinter versteht, kann man nicht wissen, wie das Er- gebnis zustande gekommen ist. Ein paar Ak- tuare wissen, mit welchen Grundlagen sie ge- rechnet haben. Und die haben auch nicht den Gesamtüberblick. Ich halte das für kritisch. Sie waren relativ kurz Generaldirektor der Donau, nun werden Sie Vorstand in der VIG. Günter Geyer, VIG-Aufsichts- ratspräsident und Generaldirektor im Wiener Städtische Versicherungsverein, war auch mal Generaldirektor der Do- nau. Haben Sie Lust, ihm in der einen oder anderen Funktion nachzufolgen? Überhaupt nicht. Ich freue mich, jetzt in den VIG-Vorstand zu kommen und Frau Professor Stadler als Generaldirektorin unterstützen zu können. Ich war sogar überrascht, dass ich mit 61 noch für fünf Jahre einen Vertrag in der VIG bekomme. Sie werden also mit 66 definitiv in Pen- sion gehen. Gibt es keine Ambitionen für politische Ämter? Mit 66 ist Schluss. Ich bin ein reiner Ver- sicherungsspezialist und habe keine weiter reichende Ambition. Haben Sie schon Pläne, was Sie in der Pension machen wollen? Das kann ich Ihnen sagen. Ich wollte das eigentlich schon mit 60 machen, aber das musste ich verschieben. Ich möchte in die in- ternationale Tennis-Seniorenliga einsteigen. Ich bin ein relativ guter Tennisspieler. Aller- dings fehlt mir momentan die Zeit. Da muss man sich ganz anders vorbereiten. Hoffentlich bin ich dann körperlich fit genug. Natürlich will ich Zeit für die Familie haben. Aber es ist mein Ziel, durch die Welt zu fahren und Tennisseniorenturniere zu spielen. Spielen Sie derzeit in einer Liga? Ja, Bundesliga. Aber das ist etwas einge- schränkt, weil ich keine Zeit habe zum Trai- nieren. Die Gegner sind ja alle in Pension und bereiten sich vor wie die Profis. Das geht bei mir schlecht. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP » Mit 66 ist beruflich Schluss. Dann möchte ich in die internatio- nale Tennisseniorenliga einsteigen. Ich bin ein relativ guter Spieler. Nur fehlt mir momentan die Zeit. « Peter Thirring, Donau Versicherung Foto: © Günter Menzl Peter Thirring: „IFRS 17 ist stark annahmegetrieben. Sie rechnen heute das gesamte Ergebnis eines Lebensversiche- rungsvertrags hoch auf die Laufzeit.“ Das gebe Konzernen den Spielraum, „exorbitante Ergebnisse“ vorzustellen. fonds & versicherung I peter thirring | donau versicherung 150 www.fondsprofessionell.at | 2/2018
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