FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018
Die Bereinigung des „ewigen Rücktritts- rechts“ in der Lebensversicherung ist heuer zum zweiten Mal gescheitert. Denken Sie, dass das Thema diesmal im Sinne der Versicherungen gelöst wird? Ich hoffe sehr. Ich bin selbst Jurist. Hätte ich während meines Studiums bei einer Prüfung gesagt, ich kann von einem Vertrag zurück- treten, den beide Seiten erfüllt haben und der schon lang ausbezahlt ist, dann wäre ich durchgefallen. Das ist für einen Juristen eine völlig absurde Situation. Hier wird ein EuGH- Urteil, das auf diese Weise gar nicht auf die österreichische Situation umlegbar ist, aus- genützt für Geschäftemacherei durch Prozess- finanzierer und Rechtsanwälte. Das gehört abgestellt. Diese Kunden hatten ja nie die Ab- sicht zurückzutreten, sondern sie sind incen- tiviert von Prozessfinanzierern. Und sie treten zurück auf Kosten des Versicherungskollek- tivs. Das zahlt ja nicht die Versicherungswirt- schaft, sondern alle anderen Versicherungs- nehmer. Das ist eine indiskutable Situation. Die Prozessfinanzierer sagen, dass die Versicherer nach dem VKI-Vergleich 2017 heuer wieder bereit sind, hohe Ver- gleichsbeträge zu zahlen. Stimmt das? Für die Donau kommt das jedenfalls nicht in Frage. Wir fechten jeden Fall durch und ge- winnen auch Prozesse. Es gibt keine einheit- liche Rechtsprechung, wie oft behauptet wird. Die Urteile gehen in alle Richtungen. Und selbst wenn das Rücktrittsrecht weiter so aner- kannt würde, sind die Konsequenzen nicht einheitlich. Es gibt Richter, die dann entschei- den, dass man die Zinsen nur noch für die letzten drei Jahre bekommt, da gibt es eine Regelung nach demABGB. Dann kommt das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierer zum Erliegen, weil sich der Rücktritt nicht mehr rechnet. Man muss sagen, die Kommunikation der Versicherungswirtschaft bei dem Thema war unglücklich. Der Konsumen- tenschutz hat den Markt mit Informa- tionen versorgt. Anders die Versiche- rungsseite: Die Unternehmen selbst woll- ten nicht in den Medien genannt werden. Und es war sehr mühsam, aus dem Ver- band tiefergehende Auskunft zu erhal- ten. Hätte man bei so einer komplexen Thematik nicht mehr aufklären müssen? Die Kommunikation der Versicherungswirt- schaft und des Versicherungsverbandes ist aus meiner Sicht zu passiv gewesen. Da gebe ich ne völlig absurde Situation“ » Hätte ich während meines Studiums bei einer Prüfung gesagt, ich kann von einem Vertrag zurück- treten, den beide Seiten erfüllt haben, dann wäre ich durchgefallen. Das ist eine völlig absurde Situation. « Peter Thirring, Donau Versicherung 147 www.fondsprofessionell.at | 2/2018
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=