FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018
247 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 keit haben, zwischen Produkten wie Invest- mentfonds, Direktveranlagungen und Versi- cherungen völlig frei zu wählen (anders als bei der jetzigen prämienbegünstigten Zukunfts- vorsorge). Ein Kapitalgarantieversprechen soll es ebenso wenig geben wie eine staatliche Prä- mie. Dafür locken dank mehr Flexibilität auch höhere Veranlagungsgewinne. Dass in diesem Bereich grundsätzlich Re- formbedarf besteht, dürfte auch für kapital- marktkritische Beobachter offensichtlich sein. Die derzeitige prämienbegünstigte Zukunfts- vorsorge (PZV), die 2003 groß als „dritte Säu- le“ eingeführt wurde, ist mittlerweile zum Ladenhüter verkommen. Anleger, die hier in- vestiert haben, flüchten nach der Mindesthal- tedauer von zehn Jahren aus den Verträgen, weil in den letzten Jahren kaum Renditen er- wirtschaftet werden konnten. Es sind gar nicht die Aktienquoten, die bremsen, sondern die benötigten Kapitalgarantien: Seit 2013 darf die Aktienquote für unter 50-Jähri- ge 15 bis 60 Prozent betragen, für ältere Personen fünf bis 50 Prozent (vor 2013 gab es andere Staffelungen). Theore- tisch wären diese Quoten ausreichend, weil Verluste jedoch unter allen Um- ständen ausgeschlossen werden müssen, kön- nen sie kaum realisiert werden. Fest steht, dass das Reglement an die Rea- lität angepasst werden muss, und dass die Re- gierung sich damit beschäftigt, ist ermutigend. Im Raum steht allerdings die Frage, wie man die schwächelnde PZV attraktiver gestalten könnte. Das naheliegendste Instrument wäre eine Anhebung des staatlichen Zuschusses; dazu äußert sich das Finanzministerium je- doch derzeit nicht direkt. Finanzstaatssekretär Fuchs hatte sich aber in einer FONDS profes- sionell Wahlumfrage im Herbst für eine Er- höhung von derzeit 4,25 auf zehn Prozent pro Jahr ausgesprochen. Die „KESt-Frage“ Die Branche darf derzeit jedenfalls optimis- tisch sein, denn die private Zukunftsvorsorge sei „ein zentraler Bestandteil der Kapital- marktinitiative im Regierungsprogramm“, versichert das Ministerium auf Nachfrage. Rückenwind darf sich die private Altersvor- sorge unter Umständen auch von steuerlicher Seite erhoffen. Im Rahmen der Steuerstruk- turreform 2020 sollen nämlich die Steuer- regeln für die Altersvorsorge vereinfacht wer- den. Die derzeit vorhandenen Vorgaben seien teils intransparent, ineffektiv und komplex, heißt es. Ob damit auch die derzeit unglücklichen Regelungen bei der Kapitalertragsteuer (KESt) gemeint sind, bleibt vorläufig unklar. Zu hof- fen wäre es, denn es löst bei Experten Unver- ständnis aus, dass die KESt generell 27,5 Pro- zent ausmacht, während sich der Finanzminis- ter von den Sparbuchzinsen lediglich 25 Pro- zent abzieht. Dass eine solche Ungleichbe- handlung kaum dazu beitragen wird, den Ver- mögensaufbau über Aktienkäufe zu fördern, liegt auf der Hand. Börse, Industriellenverei- nigung, Unternehmen etc. kritisieren diesen Punkt seit Jahren bei jeder Gelegenheit. Kapitalmarktbeauftragte/r Es ist in jedem Fall sehr wahrscheinlich, dass sich der nächste Kapitalmarktbeauftragte umgehend mit der KESt-Frage beschäftigen wird. Und die Bestellung einer neuen Person für diese – seit Jahren vakante – Funktion ist momentan einer der meistbeachteten Neben- schauplätze in der Regierungsarbeit. Wie das Finanzministerium erklärt, soll das Amt noch in den kommenden drei Monaten besetzt werden. „Das BMF wird einen zentralen An- sprechpartner für den Kapitalmarkt im ersten Halbjahr 2018 einrichten“, hieß es Mitte März. Zur Erinnerung: 2014 hatte der dama- lige Finanzminister Michael Spindelegger die Position gestrichen, bis dahin hatte sie der frü- here Ministerialbeamte Wolfgang Nolz inne- gehabt. Diese ehrenamtliche Funktion ohne Weisungsbefugnisse hatte bisher zu keinem Zeitpunkt hohes politisches Gewicht, sie aber ganz zu streichen zeigt, wie wichtig einer Regierung das Thema Kapitalmarkt ist. Wird die Funktion nun neu besetzt, stellt sich auch die Frage, mit welchen Befugnissen sie aus- gestattet wird. Theoretisch wäre die Bandbrei- te durchaus umfangreich: Sie reicht vom Be- raterstatus für Regierung oder Finanzminister über die Rolle eines Vertreters aller Kapital- marktteilnehmer bis hin zum „Frühstücks- direktor“ – aus dem Ministerium hört man bislang nur, dass es sich um einen „zentralen Ansprechpartner“ handeln wird. Börse im Fokus Was die Börse betrifft, verspricht die Re- gierung in ihrem Arbeitsprogramm übrigens die Öffnung des „Dritten Marktes“ für kleinere und mittelgroße Unternehmen (KMU). Das Ziel besteht hier darin, für diese Unternehmen einen Kapitalmarkt- zugang zu schaffen, der mit geringeren Berichtspflichten verbunden ist. Sieht man sich die Entwicklung am deut- schen Aktienmarkt an, wo Marktsegmente wie SDAX und MDAX geringer kapitalisier- ten Unternehmen einen Marktzugang ver- schaffen, wird erkennbar, wie sinnvoll ein sol- cher Schritt wäre. Hierzulande funktioniert das Segment aber nur bei Anleihen gut, öster- reichischen KMU ist die Ausgabe von Aktien über dieses Handelssystem seit 2011 versagt. Hintergrund sei eine Übererfüllung von Anti- Geldwäsche-Vorgaben, kritisieren Experten. Deutschland habe hier zum Beispiel gute Lö- sungen gefunden, wie der Wiener Börsenchef Christoph Boschan wiederholt betonte. Jeden- falls dürfen KMU bereits im ersten Halbjahr 2018 erste konkrete Schritte zur Erleichterung im Prospektrecht erwarten, verlautbart das Ministerium. „Die große Novelle im Rahmen der Umsetzung der EU-Prospektverordnung folgt dann bis Mitte 2019“, heißt es. Grund zur Hoffnung gibt es auch im Be- reich Geldwäsche-Richtlinie. Hier wird an der im Regierungsprogramm versprochenen Rücknahme von Überregulierungen bereits gearbeitet. Das Ministerium dazu: „Derzeit läuft eine interne Überprüfung hinsichtlich möglichen Goldplatings, wobei insbesondere die Geldwäsche-Richtlinie und die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) Berücksichtigung finden werden.“ EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Finanzminister Hartwig Löger bringt mit seinen Plänen Bewegung in lang geforderte Themen. » Die private Zukunftsvorsorge ist ein zentraler Bestandteil der Kapitalmarktinitiative im Regierungsprogramm. « Finanzministerium
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